Ambulante Pflege für LGBTIQ – Auszeichnung für Pflegedienst
CuraDomo aus Berlin bemüht sich nachweislich, die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ihrer Klient*innen und Mitarbeitenden als wesentlichen Aspekt ihrer Persönlichkeit zu berücksichtigen
Nach erfolgreicher Prüfung hat die Schwulenberatung Berlin das Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt® an den CuraDomo Pflegedienst aus Berlin vergeben. Damit erhält erstmals ein ambulanter Pflegedienst das Siegel.
«Unsere Gesellschaft ist vielfältig – in jedem Lebensalter. Viele ältere Schwule und Lesben haben im Laufe ihres Lebens Diskriminierung erfahren», erklärte Juliane Seifert, Staatssekretärin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), zur Verleihung des Gütesiegels am Dienstag. «Damit sie bei einer Pflegebedürftigkeit gut versorgt werden können, ist es erforderlich, dass sich Alten- und Pflegeeinrichtungen öffnen und weiterentwickeln. Mit dem Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt fördert das BMFSFJ eine entsprechende Sensibilisierung in Pflegeeinrichtungen. Ich freue mich sehr, dass dieses Qualitätssiegel erweitert wurde und nun erstmalig einem ambulanten Dienst verliehen wird.»
Mit MANNSCHAFT wird der Dezember festlich
Nach den Zertifizierungen der ersten stationären Einrichtungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen (MANNSCHAFT berichtete) erhielt der CuraDomo Pflegedienst am 10.12.2019 als erste ambulante Einrichtung das Qualitätssiegel für die Implementierung einer LGBTIQ kultursensiblen Pflege. Ambulante Dienste erhalten die Auszeichnung, wenn sie sich nachweislich bemühen, die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ihrer Klient*innen und Mitarbeitenden als wesentlichen Aspekt ihrer Persönlichkeit zu berücksichtigen – in der Pflege wie im alltäglichen Leben.
CuraDomo wurde 2007 von zwei examinierten Krankenpflegerinnen gegründet. Beide verfügen durch ihre vorherige langjährige Tätigkeit über sehr viel Erfahrung in der Organisation der ambulanten Pflege und im Umgang mit Menschen mit Demenz.
Laut Schätzungen werden bundesweit 40.000 LGBTIQ ambulant gepflegt. Wissen über deren Lebensgeschichten und die sich daraus ergebenden Bedarfe können die meisten ambulanten Pflegeeinrichtungen aber nicht aufweisen. Im Herbst kündigte der AWO Bundesverband an, seine Einrichtungen für Altenpflege LGBTIQ zu öffnen (MANNSCHAFT berichtete).
Die Biografien von (älteren) LGBTIQ sind geprägt von Erfahrungen der Abwertung, Diskriminierung und Repression. Homosexualität wurde erst 1993 aus dem Katalog der Krankheiten der WHO gestrichen, der §175 des deutschen Strafgesetzbuches, Grundlage für über 50 000 Verurteilungen, wurde erst 1994 abgeschafft. Trans und inter Personen beklagen auch heute noch Barrieren bzw. eine menschenrechtsverletzende Praxis in der Gesundheitsversorgung.
Starbesetzung in neuem Film übers schwule Altern
Auf Grund ihrer hohen Vulnerablität ist die Furcht bei LGBTIQ vor einem Autonomieverlust bei eintretender Pflegebedürftigkeit enorm gross. Entsprechend ist der Wunsch nach dem Verbleib in der eigenen Häuslichkeit bei LGBTIQ noch stärker ausgeprägt.
Mit dem Diversity Checkambulant besteht nun auch für ambulante Pflegediensten die Möglichkeit den Status Quo in Bezug auf die Offenheit für LGBTIQ zu analysieren. Gleichzeitig bietet der Diversity Check aber auch praktische Anregungen, wie die Öffnung für LGBTIQ in der Pflege ausgestaltet werden kann. Dabei unterstützt das Berater*innenteam der Schwulenberatung Berlin Einrichtungen, die das Qualitätssiegel erwerben möchten.
Bereits mehrere ambulante Dienste haben sich für das Modellprojekt entschieden. In dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekt sind noch Plätze frei. Im Rahmen der Förderphase des Qualitätssiegels bis 2020 stehen Pflegeeinrichtungen, die das Siegel erwerben möchten, ein Beratungsangebot zur Verfügung. Es ist – ebenso wie die Zertifizierung – kostenlos.
Das könnte dich auch interessieren
USA
Kämpferin für queere Gleichberechtigung: 80 Jahre Marsha P. Johnson
Sie war eine der ersten trans Aktivistinnen: Die Stonewall-Pionierin Marsha P. Johnson wäre jetzt 80 Jahre alt geworden.
Von Newsdesk Staff
News
Aktivismus
Geschichte
International
Pride
USA
Florida übermalt Gedenk-Zebrastreifen für «Pulse»-Opfer
2016 tötete ein Angreifer in einem queeren Nachtclub in Orlando 49 Menschen. Ein bunter Zebrastreifen erinnerte bis diese Woche an die Opfer. Jetzt ist er weg.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
News
International
Arbeitswelt
Sexwork in Berlin: «Lieber weniger verdienen als Kunden verlieren»
Rund 1950 Sexarbeiter*innen sind laut Sozialverwaltung in Berlin gemeldet – deutlich mehr als im vergangenen Jahr: Etwa ein Jahr zuvor waren es noch rund 1270. Wir haben mit dem trans Sexarbeiter Caspar gesprochen – über Gewalt, das Prostituiertenschutzgesetz und dessen Wirksamkeit.
Von Kriss Rudolph
HIV, Aids & STI
Lust
Deutschland
TIN
Hessen
Mehr queerfeindliche Straftaten: «Extrem Rechte mitverantwortlich»
LGBTIQ sind zunehmend von Hasskriminalität betroffen. Im Vorjahr registrierte die Polizei einen Anstieg der Fälle von knapp 63 Prozent.
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
Queerfeindlichkeit
News