Sprechchöre: «Höcke, Höcke» – AfD in Ostdeutschland stark wie nie
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) feiert grosse Wahlerfolge
Die AfD ist in Thüringen laut ersten Prognosen klar stärkste Partei. In Sachsen landet die queerfeindliche Partei, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, nur knapp hinter der CDU auf Platz 2.
Im Vorfeld der Wahlen in Sachen und Thüringen war die Sorge bei LGBTIQ gross. Einige Queers dort überlegten bereits, wegzuziehen oder gar Deutschland ganz zu verlassen (MANNSCHAFT+).
Dominik Hunger, nicht-binär, kandidierte für die Linke für Thüringen und erklärte nach Bekanntgabe der Hochrechungen: «Es ist erschreckend, dass die AfD trotz umfangreicher Aufklärung so viele Menschen überzeugen konnte. Jetzt müssen wir solidarisch an der Seite von queeren Menschen, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Migrationshintergrund stehen, denn sie werden die ersten sein, die die Auswirkungen spüren. Jetzt heisst es: nicht aufgeben und weiterhin für ein vielfältiges Thüringen kämpfen!»
Die Wähler*innen in Thüringen und Sachsen haben der Politik eine schwierige Aufgabe aufgetischt – vielleicht sogar ein nahezu unlösbares Puzzle. Erstmals ist die AfD nach einer Landtagswahl stärkste Kraft. In Thüringen schaffte die Rechtsaussenpartei das mit grossem Abstand vor der CDU. In Sachsen lieferte sie sich bis in den Wahlabend hinein ein Fotofinish mit der CDU. Doch wird die AfD wohl mangels Partnern nirgends regieren. Anders der Senkrechtstarter des Jahres: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte dank zweistelliger Ergebnisse in beiden Ländern mitmischen – vorausgesetzt, es finden sich völlig neue Konstellationen zusammen.
Die AfD, die nach Hochrechnungen in Thüringen 31,2 bis 33,1 Prozent der Stimmen erhielt und damit weit vor der CDU lag, liess die Öffentlichkeit an Jubelszenen nicht teilhaben – sie hatte kurzfristig alle Journalist*innen von der Wahlparty ausgeschlossen. Spitzenkandidat Björn Höcke sprach aber beim Verlassen der Party von einem «historischen Sieg», bevor er in den Landtag abfuhr. Aus dem für die Medien geschlossenen Partylokal drangen entfernt Applaus sowie Sprechchöre: «Höcke, Höcke» und «Jetzt geht’s los».
Bei der Landtagswahl in Sachsen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU und der AfD ab. Nach den 18-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF liegen beide Parteien etwa gleich auf, bei der ARD mit einem Vorsprung für die CDU. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) landet aus dem Stand heraus auf Platz drei, dahinter rangiert die SPD. Die Grünen müssen um den Wiedereinzug bangen. FDP und Linke kommen nicht in den Landtag.
Grünen-Co-Chef Omid Nouriour hat Regierungskoalition im Bund eine Mitverantwortung an den Wahlergebnissen der Ampel-Parteien in Sachsen und Thüringen gegeben. Man leiste gute Arbeit und zerrede das selbst durch überflüssigen Streit, sagte er im ZDF. «Wir müssen uns natürlich selbst an die eigene Nase fassen, wie wir das bisher so haben treiben lassen, dass es so aussieht, wie es aussieht.» Der Glaube, den Streit in der Ampel abgestellt zu bekommen, sei in den letzten Wochen eher nicht gewachsen.
Er sehe viele Leute, die nach dem Wahlausgang Angst hätten. Er nannte Leute aus der Kultur, Menschen mit Migrationshintergrund oder Leute, die auf Veranstaltungen wie den Christopher Street Day gehen. «Die haben Angst.» Es sei jetzt die Stunde, diesen Leuten beizustehen.
Den Prognosen zufolge erreicht die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer 31,5 bis 32 Prozent, die AfD kommt auf 30,0 bis 31,5 Prozent. Das BSW erzielt 11,5 bis 12,0 Prozent. Die SPD landet bei 7,5 bis 8,5 Prozent. Die Grünen stehen mit 5,0 bis 5,5 Prozent auf der Kippe. Die Linke kommt mit 4,0 bis 4,5 Prozent ebenso wenig in den Landtag wie die FDP, die laut ZDF-Prognose 1,0 Prozent schafft. In der ARD-Prognose wurde die FDP gar nicht mehr aufgezählt.
Bis zum frühen Nachmittag hatten in Sachsen 35,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie das Statistische Landesamt in Kamenz mitteilte. Bei der vorangegangenen Landtagswahl 2019 hatte der Wert zum gleichen Zeitpunkt bei 35,1 Prozent gelegen.
Bis zum Mittag wurden in Thüringen keine grösseren Störungen der Wahlen bekannt. In Gera kam zu einem Polizeieinsatz wegen einer Bedrohung in einem Wahllokal. Ein mit einem AfD-T-Shirt bekleideter Mann habe das Wahllokal zur Stimmabgabe am Vormittag betreten, sagte ein Polizeisprecher. Der Wahllokalleiter habe den Mann daraufhin aufgefordert, das Shirt abzulegen, da es im Wahllokal verbotene Parteien-Werbung sei.
Der Mann sei der Aufforderung zwar nachgekommen. Beim Verlassen des Wahllokalgeländes habe er allerdings gedroht, «wiederzukommen», da er mit dem Umgang mit ihm unzufrieden sei. Die Polizisten fertigten eine Anzeige und ermahnten den Mann. Zuvor berichteten andere Medien über den Vorfall.
Höcke ist ein Nazi.
Daneben ermittle die Polizei in Erfurt wegen einiger in der Nacht zu Sonntag angebrachter politischer Schmierereien («Höcke ist ein Nazi») in der Nähe von Wahllokalen wegen Sachbeschädigung, sagte der Polizeisprecher. (mit dpa)
Wie geht es Queers an den Schulen in Thüringen und Sachsen? MANNSCHAFT+ sprach mit zwei Vertrauenspersonen über ihren Alltag
Das könnte dich auch interessieren
Deutschland
++ Homophober Angriff in Augsburg ++ Mpox-Fälle in Berlin nehmen zu ++
Kurz, knapp, queer – die LGBTIQ-Kurznews aus Deutschland.
Von Newsdesk Staff
HIV, Aids & STI
Queerfeindlichkeit
Musik
News
Queerfeindlichkeit
Österreich bekommt nationalen Aktionsplan gegen Hate Crime
Nach den Polizeirazzien gegen ein rechtes schwulenfeindliches Hate-Crime-Netzwerk hat der Nationalrat in Wien einen bundesweiten Richtungswechsel im Kampf gegen Hass und Diskriminierung beschlossen.
Von Newsdesk Staff
News
Österreich
USA
Kampf gegen Diversity: Jetzt sind Unis und Medien dran
Seit Donald Trump wieder im Amt ist, richtet sich seine Politik gegen Minderheiten. Nicht nur gegen trans Personen u.a. im Militär. Auch Diversity in Unis und Medien will die Regierung nun den Garaus machen
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Queerfeindlichkeit
News
Basel
Wieder Run auf ESC-Tickets: Zweite Welle gelaufen
Für Fans, die auch in der zweiten Verkaufsrunde leer ausgegangen sind, gibt es dennoch eine Möglichkeit, an Tickets zu kommen
Von Newsdesk Staff
News
Schweiz
Eurovision Song Contest