Zugang zur Fortpflanzungsmedizin: So halfen die LGBTIQ-Organisationen
Die Schweizer LGBTIQ-Organisationen gaben im Vorfeld der Sitzung der Rechtskommission ein Rechtsgutachten in Auftrag
Homosexuelle Paare sind in der Schweiz explizit von der Fortpflanzungsmedizin ausgeschlossen. Dieses Verbot lässt sich gemäss einem Rechtsgutachten ohne Verfassungsänderung aufheben.
Der gestrige Valentinstag war ein grosser Erfolg für Schweizer LGBTIQ-Organisationen. Die Rechtskommission des Nationalrats verabschiedete mit überwiegender Mehrheit eine Vorlage zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Eine ergänzende Variante soll zusätzlich den Zugang zur Samenspende für miteinander verheiratete Frauen regeln, der ursprünglich erst für eine spätere Revision geplant war.
Rechtskommission macht Weg frei für Ehe für alle
Gegenwärtig haben gleichgeschlechtliche Paare in der Schweiz keinen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin.
Anstoss für die ergänzende Variante war ein Rechtgutsachten, den die Schweizer LGBTIQ-Organisationen im Vorfeld der Sitzung der Rechtskommission in Auftrag gegeben hatten. Darin kommt Professor Andreas Ziegler von der Universität Lausanne zum Schluss, dass für den Zugang zur künstlichen Befruchtung keine Verfassungsänderung notwendig ist. Eine Gesetzesänderung würde es auch miteinander verheirateten Frauenpaaren ermöglichen, mit Hilfe einer Samenspende ein gemeinsames Kind zu bekommen und sie somit heterosexuellen Ehepaaren gleichzustellen.
«Das Gutachten überzeugte viele Parlamentarier*innen, welche sich dafür aussprachen, diesen Teil ebenfalls in die Kernvorlage aufzunehmen», schreibt Roman Heggli, Pink-Cross-Geschäftsleiter, in einem Newsletter. Dieser Punkt sei ein grosses Anliegen aller LGBTIQ-Organisationen, die solidarisch für eine konsequente Ehe für alle einstehen.
Zurzeit nicht zur Diskussion stehen die Legalisierung der Leihmutterschaft und der Eizellenspende. Diese Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin sind auch für heterosexuelle Ehepaare in der Schweiz verboten.
Heterosexuelle Ehepaare geniessen heute einen sicheren Zugang zur künstlichen Befruchtung. Im Falle von Unfruchtbarkeit haben sie die Möglichkeit, im geregelten Rahmen auf Samenspenden zurückzugreifen. «Dass die Variante der Ehe für alle mit dem Zugang zu künstlicher Befruchtung nun diskutiert wird, freut vor allem Frauenpaare», so Anna Rosenwasser, Geschäftsführerin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), gemäss einer gemeinsamen Mitteilung aller Schweizer LGBTIQ-Organisationen.
Die beiden Varianten gehen nun in die öffentliche Vernehmlassung und können von Kantonen, Parteien und Organisationen beurteilt werden.
Rosen und Regenbogen für die Ehe für alle
«Wir haben in den letzten Wochen von einer überwältigenden Zahl von Politiker*innen, Verbänden, Organisationen und Fachstellen das klare Feedback erhalten, dass lesbische Paare mit der Eheöffnung selbstverständlich genau die gleichen Rechte erhalten sollen wie heterosexuelle Paare», sagt Maria von Känel, Geschäftsführerin des Dachverbands Regenbogenfamilien. «Selbst wenn wir das Resultat der Vernehmlassung nicht vorwegnehmen können, wären wir mehr als erstaunt, wenn mit der ‹Ehe für alle› auch bezüglich Zugang zur künstlichen Befruchtung nicht ebenfalls gleiche Rechte für alle geschaffen würden», so von Känel.
Die LGBTIQ-Organisationen fordern alle gesellschaftsliberalen Kräfte auf, an der Vernehmlassung teilzunehmen und klar Stellung zu beziehen für eine tatsächliche Gleichstellung und eine konsequente Ehe für alle.
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