«Wir sind aus Fleisch und Blut» – Erste St.Gallen Pride bekennt Farbe
Alle sollen die gleichen Rechte und Chancen haben, so die Forderung.
«Zeit, Farbe zu bekennen» hiess das Motto der ersten Pride in St.Gallen. Offiziellen Schätzungen zufolge zogen am Samstag 2500 Menschen durch die Altstadt.
Start der St.Gallen Pride war der Kornhausplatz beim Hauptbahnhof. Gegen 13:30 Uhr zog die bunte Demonstration Richtung Innenstadt. «So vielfältig ist die Ostschweiz», freute sich eine Teilnehmerin während des Umzugs. Tatsächlich war die queere Community in all ihren Ausprägungen vertreten – von jung bis junggeblieben, von laut bis leise, von Puppys bis Feen.
Was die queere Community auch freute, waren zahlreiche Verbündete, die mitprotestierten – für mehr Gleichstellung und Akzeptanz, unabhängig von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung. Gegen 15 Uhr traf der Demonstrationsumzug im St. Leonhardpark ein, wo ein Bühnenprogramm mit Reden und Musik stattfand. Während des Umzugs sei es gemäss Stadtpolizei zu keinen Zwischenfällen gekommen.
Die Realität ist nicht einfach nur schwarz und weiss
In ihrer Rede betonte Stadtpräsidentin und SP-Politikerin Maria Pappa, wie wichtig es sei, das Schubladendenken tagtäglich zu überwinden: «Wie? Mit Selbstreflexion, Empathie, persönlichen Begegnungen und konstruktivem Dialog.» Denn die Realität sei nicht einfach nur schwarz und weiss. «Die Wirklichkeit ist vielfältiger und komplexer, als wir sie uns mit unseren Vorstellungen und Schubladen zurechtlegen.» Vorurteile überwinden, Diskriminierung bekämpfen, für Gleichberechtigung eintreten – nach dieser Maxime schloss Maria Pappa ihre Rede mit den Worten: «Geben wir aufeinander acht!»
Kein «Märli»
Wenn Sylvie Keller, Co-Präsidentin des queeren Vereins otherside, homofeindlichen Personen zuhöre, fühle es sich manchmal an, als würden sie über «ein Ding» sprechen. «Diese Queers – als wäre es seine Sache …» Aber genau «diese Queers» könnten laut Sylvie Keller das ungeoutete Kind dieser homofeindlichen Person sein oder der Postbote, der jeden Tag die Post vorbeibringt. «Wir sind hier, wir sind kein ‹Märli›. Wir sind aus Fleisch und Blut.» Sie wünsche sich durch die Sichtbarkeit an der St.Gallen Pride, dass man auch den Postboten oder das ungeoutete Kind in Zukunft anerkenne.
Queerfeminismus zentral im Kampf gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung
Kween G – oder kurz G – hat als non-binärer, trans Mensch mit einer Behinderung viel Gewalt und Diskriminierung erlebt: «Ich bin in einer patriarchalen Rape Culture ohne Respekt oder Anerkennung für die Erfahrungen von Überlebenden aufgewachsen.»
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Es brauche den Queerfeminismus, weil queere Menschen grundsätzlich immer auch Sexismus ausgesetzt sind: «Allein schon, weil beispielsweise die Homofeindlichkeit als Misogynie gegen schwule Männer verstanden werden kann. Selbst Transphobie und Biphobie haben ihren Ursprung in der Misogynie.»
Oft konzentriere sich der Kampf entweder auf Sexismus oder auf Queerfeindlichkeit: «Aber sehr selten auf Personen, die von beidem betroffen sind.» Dies könne jedoch eine verstärkende Wechselwirkung haben, weil die Diskriminierung intersektional erfolge – also sich über mehrere Merkmale einer Person überlappe. Neben Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung zählen dazu auch die Hautfarbe, die Zugehörigkeit einer ethnischen Minderheit oder zu einer Gruppe mit einer Beeinträchtigung.
Nach dem Bühnenprogramm ging es weiter zur Afterparty ins Flon, wo DJ Stella Sanchez, DJ Yung Porno Büsi und DJ Fluidlake auflegten.
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