Vor Fussballspiel: Muss Café Kairo die Pride-Fahne abnehmen?
In Bern werden gewaltbereite Fans erwartet
An diesem Dienstagabend treffen die Young Boys Bern auf Roter Stern Belgrad. Die serbischen Hooligans gelten als gewaltbereit und homophob. Muss das Café Kairo nun die Regenbogenfahne abnehmen?
Es war im August 2019: Der damalige Schweizer Fussballmeister Young Boys Bern, der sich immer wieder für Toleranz und Vielfalt einsetzt (MANNSCHAFT berichtete), und Roter Stern Belgrad trafen sich zum Playoff-Spiel der Champions League. Es gab Schlägereien mit Verletzten. Schon auf dem Weg Hunderter serbischer Fans zum Stadion wurden mehrere Personen tätlich angegriffen, die Kantonspolizei musste Warnschüsse abgeben (MANNSCHAFT berichtete).
Schon bei der Einreise der Fans aus Belgrad habe man damals laut Sportbuzzer Schlagstöcke, Vermummungsmaterial sowie gefälschte Eintrittstickets beschlagnahmt. Auf dem Rückweg bewarfen Fans dann das Café Kairo und seine Gäste mit vollen Bierdosen und Flaschen. Grund war offenbar eine Pride-Fahne an dem Haus.
Das könnte sich nun wiederholen: An diesem Dienstagabend treffen in der Gruppenphase der Champions League erneut die Young Boys Bern auf Roter Stern Belgrad. Weil die Fans nach wie vor als rechtsnationalistisch, homophob und gewaltbereit gelten, soll die Kantonspolizei Bern dem Café nahegelegt haben, seine Regenbogenfahne von der Fassade abzunehmen, berichtet Der Bund (bezahlpflichtiger Artikel). So sollen Ausschreitungen verhindert werden.
Der Artikel zitiert Trine Pauli vom Café Kairo, die den Ansatz der Sicherheitsdirektion falsch findet. Als sie von der Polizei über das bevorstehende Spiel informiert wurde, habe man wissen wollen, wie man deren Arbeit unterstützen könne. Die Polizei habe entgegnet, dass das Risiko für Ausschreitungen erhöht sei, wenn die Fahne hänge, wie man 2019 erlebt habe.
«Wir sollten nicht aus Angst Queerfahnen verstecken», findet Pauli. Ihre Nachbarin halte sogar ihre Kinder an, an diesem Tag sicherheitshalber früh zu Hause zu sein. Für Pauli wäre es besser, solche Spiele in künftig abzusagen oder zumindest den Besuch von Hooligans zu verbieten.
Es ist nur eine leichte oder gar keine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit, wenn man die Regenbogenfahne abhängt.
Für den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause stellt die Anwesenheit der Fans am Dienstag die höchste Gefahrenstufe dar. Die Polizei sei mit einem Grossaufgebot im Einsatz. 2000 Fans würden erwartet, doch nicht alle seien Hooligans. Zum Thema Pride-Fahne sagt Nause, man habe in keiner Art und Weise verlangt, die Fahne abzunehmen. Isabelle Wüthrich, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern, fügt hinzu: «Wenn die Situation es erfordert, schützen wir das Café Kairo.»
Die Demokratischen Juristen Bern (DJB) meinen dazu: «Weil es eine Empfehlung ist und das Café Kairo selbst entscheiden kann, ob sie dem Folge leistet, ist es nur eine leichte oder gar keine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit», so Selma Kuratle, die Geschäftsleiterin der DJB gegenüber Der Bund. Trotzdem sei es bedenklich, in einer demokratischen Gesellschaft eine Regenbogenfahne aus Sicherheitsgründen abzuhängen.
Norwegens Fussball-Verband hat erstmals eine Präsidentin, die offen lesbische Lise Klaveness (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Sport
Wegen Geschlechter-Tests: Turnier ohne Box-Olympiasiegerin Imane Khelif
Olympiasiegerin Imane Khelif startet nicht bei einem Box-Turnier in den Niederlanden. Die Organisator*innen bedauern dies und geben dem Weltverband die Schuld.
Von Newsdesk/©DPA
News
TIN
Berlin
Mobbingfall gegen schwulen Lehrer: Senatorin verteidigt sich
Ein schwuler Lehrer berichtet von Mobbing gegen ihn an seiner Schule. Die CDU-Bildungssenatorin weist Kritik im Umgang damit zurück und beklagt ein Dickicht an Zuständigkeiten.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Schwul
News
Buch
Nobelpreis und Polizeischutz – 150 Jahre Thomas Mann
In seiner Heimat machte er sich viele Feinde, und zu seinem Lebensende kehrte Thomas Mann Deutschland lieber den Rücken. Zum runden Geburtstag des schwulen Schriftstellers aber wird sein Kampf für die Demokratie gross gewürdigt.
Von Newsdesk/©DPA
Schweiz
Kultur
Deutschland
Schwul
Österreich
Was die Stadt Wien für Queers tun will
Die Stadt Wien sieht sich als queeres Gegenmodell zum weltweiten Backlash. Daher haben die Wiener SPÖ und die Neos im neuen Regierungsprogramm wichtige Massnahmen für LGBTIQ-Personen beschlossen.
Von Christian Höller
News
TIN