Vielfalt in Serien: Wenn Drehbücher das Coming-out erleichtern
Hier ein paar gute Beispiele
Einer neuen Studie zufolge ist das deutsche Fernsehen nicht besonders divers. Streaminganbieter sind da schon weiter. Zum bevorstehenden Coming-out-Day stellt dpa Serien vor, in denen nicht-heterosexuelle Figuren im Mittelpunkt stehen. Von Thomas Bremser, dpa
Schwul, lesbisch, bi, trans: Die Darstellung sexueller Vielfalt im deutschen Fernsehen lässt einer neuen Studie der Universität Rostock zufolge noch immer zu wünschen übrig (MANNSCHAFT berichtete). Dabei ist die Sichtbarkeit nicht-heteronormativer Sexualität Expert*innen zufolge gerade für Jugendliche wichtig. Da Rollenvorbilder im eigenen Umfeld meist fehlen, orientieren sie sich oft an fiktiven Figuren.
Werden diese positiv und ohne Stereotypen dargestellt, kann das auch ein Coming-out erleichtern, schrieb der Kunstpädagoge Sheng Kuan Chung 2007. «Es ist nicht überraschend, dass viele lesbische und schwule Jugendliche sich nicht outen. Das liegt zum Teil daran, dass sie sich nicht mit den stereotypischen Merkmalen, mit denen Schwule und Lesben in den Medien dargestellt werden, identifizieren können.»
Ausserdem zeigt eine US-Studie aus dem Jahr 2007, dass die Akzeptanz in der Gesellschaft steigt, wenn homosexuelle Rollen im Fernsehen eher positiv dargestellt werden. Zum «World Coming Out Day» am Montag, an dem die Sichtbarkeit der LGBTIQ-Gemeinde gestärkt werden soll, stellt die Deutsche Presse-Agentur einige Serien zum Thema vor.
Das britische Drama «Sex Education» mit Gillian Anderson («Akte X») gilt als Vorreiter bei der Darstellung sexueller Vielfalt. In der pubertierenden Schulclique um Hobby-Sextherapeut Otis verlieben sich Männer und Frauen ineinander. Die asexuelle Florence erklärt, warum sie keine sexuelle Anziehungskraft empfindet. In den drei Staffeln der Netflix-Serie schämen sich die Charaktere nicht für ihre sexuelle Identität, sondern leben sie (meist) wie selbstverständlich aus. Eine vierte Staffel wurde schon beauftragt (MANNSCHAFT berichtete).
In der Highschool-Serie «Everything sucks» von 2018, die auf Netflix läuft und in den 1990er Jahren spielt, merkt die Tochter des Schulleiters, dass sie auf Mitschülerinnen steht. «Es gibt kaum eine Sichtbarkeit für Highschool-Mädchen, die sich lieben», sagte Peyton Kennedy, die Kate spielt, dem Onlineportal Buzzfeed. «Die Teenager, die die Serie sehen und sich mit diesen Charakteren identifizieren, werden am Ende der Show hoffentlich Trost und Akzeptanz spüren.»
Diese Erfahrungen macht auch US-Schauspieler Michael Cimino (21), der in der Disney+-Serie «Love, Victor» einen Jugendlichen spielt, der sich zum ersten Mal in einen Jungen verliebt und sich bei Freunden und Familie outet. Die sympathische Hauptfigur stösst auf Verständnis und Liebe, aber auch homophobe Basketball-Mitspieler und eine streng gläubige Mutter. «Mir schreiben Menschen aus der ganzen Welt, dass sie genau das durchgemacht haben», berichtete Cimino. «Je mehr wir darüber reden, desto eher werden diese Probleme gelöst.»
Eine romantische Liebesgeschichte ohne Stereotypen bietet die schwedische Netflix-Produktion «Young Royals», die 2022 in eine zweite Staffel geht. Die zärtlichen Annäherungen zwischen Kronprinz Wilhelm (Edvin Ryding) und Mitschüler Simon (Omar Rudberg) werden zurückhaltend in Szene gesetzt und bestärken offenbar auch im echten Leben Jugendliche, zu ihren Gefühlen zu stehen.
Ihr habt mich ermutigt, mich bei meiner Familie zu outen.
«Wir waren mit unserer Regisseurin Kaffee trinken, als ein Mädchen auf uns zukam, weinte und sagte: ‚Ihr habt mich ermutigt, mich bei meiner Familie zu outen’», sagte Ryding der dpa. «Wir haben sie umarmt und ihr gesagt, dass sie stark sei. Das hat mich tief bewegt.»
Die trans Gemeinde erfreut sich seit drei Staffeln an der preisgekrönten Dramaserie «Pose» von Ryan Murphy, die in Deutschland bei Netflix zu sehen ist. Sie beschreibt die New Yorker Ballroom-Szene Ende der 80er Jahre. Die Figuren um die schwarze Transfrau Blanca (MJ Rodriguez), die von ihren Familien verstossen werden und auf Selbstfindungssuche sind, sprühen vor Lebensfreude und sind äusserst warmherzig und mehrdimensional gezeichnet. Die meisten Charaktere werden von trans Schauspieler*innen gespielt, was viel zur Identifikation beitragen dürfte. Aber auch Stars wie Madonna und Patti LuPone bietet die Serie auf (MANNSCHAFT berichtete).
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