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Studie zeigt: Jede*r dritte Homosexuelle im Job diskriminiert

Bei trans Menschen sind es sogar über 40%

Diversity
Symbolbild: AdobeStock

Einer Studie zufolge erleben 30% der homo- und bisexuellen Menschen am Arbeitsplatz Diskriminierung. Bei trans Menschen sogar mehr als 40 Prozent. Viele sind deshalb gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten ungeoutet.

Auch wenn in den letzten 20 Jahren viel erreicht wurde: Noch immer werden LGBTIQ am Arbeitsplatz benachteiligt und gemobbt. Laut einer gemeinsamen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bielefeld sind deshalb fast ein Drittel der LGBTIQ bei der Arbeit nicht geoutet.

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LGBTIQ sind zudem meist höher qualifiziert und in anderen Branchen tätig als die cis-heterosexuelle Bevölkerung. Der Anteil an Fach- oder Hochschulabsolvent*Innen liegt bei 60 Prozent gegenüber 42 Prozent bei der restlichen Bevölkerung gleichen Alters.

Zudem sind LGBTIQ seltener im produzierenden Gewerbe oder in der Landwirtschaft tätig, dafür überdurchschnittlich oft im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der Kunst und Unterhaltung. Auffällig ist, dass im erstgenannten Bereich nur 57 Prozent der LGBTIQ gegenüber Kolleg*innen offen mit ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität umgehen, während dies im Gesundheits- und Sozialwesen knapp drei Viertel der Befragten tun.


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Für die Autor*innen der Studie bedeutet das, dass LGBTIQ bestimmte Branchen meiden, weil sie dort mehr Diskriminierung befürchten. Insgesamt sind 69 Prozent der Befragten vor Kolleg*innen, aber nur 60 Prozent vor Vorgesetzten geoutet.

Fast 30% der Befragten LGBTIQ berichten von Diskriminierung im Arbeitsumfeld in den letzten zwei Jahren. Damit gehört das Arbeitsleben zu den Bereichen, in denen sie vergleichsweise häufig Diskriminierung erfahren. Öfter wurden nur Diskriminierung in der Öffentlichkeit und Freizeit (knapp 40%) sowie im privaten Umfeld (30%) angegeben.

Mobbing und sexuelle Belästigung
«Die Zahlen decken sich mit dem, was wir aus eigenen Erhebungen und auch aus unserer Beratungspraxis wissen», sagte Bernhard Franke, der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, gegenüber den Funke-Zeitungen. Im Arbeitsleben müssten homo- und bisexuelle Menschen häufig neben Mobbing auch sexuelle Belästigung erfahren und hielten deshalb geschlechtliche Identität geheim. «Niemand darf in Deutschland wegen seiner sexuellen oder seiner Geschlechtsidentität benachteiligt werden», forderte Franke.


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Jens Brandenburg, Sprecher für LSBTI in der FDP-Bundestagsfraktion, fordert mehr Aktion von Unternehmen. «Noch immer erleben viele queere Menschen Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Politik und Wirtschaft dürfen nicht länger die Augen davor verschliessen», schreibt er in einem Statement. Eine formale Diversity-Strategie sei kein Feigenblatt für tatsächliche Veränderungen in der Unternehmenskultur.

«Vor allem kleine Unternehmen brauchen mehr Unterstützung, um ein Bewusstsein für Diskriminierungsverfahren und einen offene Unternehmenskultur zu schaffen. Der Staat muss mit gutem Beispiel vorangehen», fordert Brandenburg. So soll die Bundeswehr eine dezentrale LGBTIQ-Ansprechperson benennen und die Schulbehörden queere Lehrkräfte zu einem selbstbewussten Umgang stärken.

Gerade in der Schule könne man Vorurteile frühzeitig abbauen. Brandenburg empfiehlt dafür einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie und mehr Aufklärung in der Schule. Denn: «Für seine sexuelle oder geschlechtliche Identität soll sich niemand verstecken müssen.»

Seelischer Stress macht krank!

Die Ergebnisse seien ein «Warnsignal», erklären Ulle Schauws und Sven Lehmann, die Grünen-Sprecher*innen für Queerpolitik. «Viele Betroffene halten aus Angst vor Ausgrenzung und Mobbing ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität geheim. Das führt zu grossem seelischen Stress, der krank macht. Unsere Gesellschaft ist erst dann wirklich offen, wenn alle Menschen verschieden sein können, aber gleich an Rechten, gleich an Würde und frei von Diskriminierung.»

Das Projekt des LSVD Sachsen «Queer am Arbeitsplatz» geht das Problem bereits praktisch an. Ziel ist es, Mitarbeitende, Unternehmen und Verbände stärken sowie Ressentiments am Arbeitsplatz entgegenwirken (MANNSCHAFT berichtete).


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