«Kann nicht sein, dass trans Menschen Rausschmiss aus Umkleiden droht!»
Am neuen Selbstbestimmungsgesetz gibt es breite Kritik
Die Bundesregierung hat am Mittwoch das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen (MANNSCHAFT berichtete). Kritik kommt von vielen Seiten.
Kritik kommt u.a. vom Bundesverband Trans*: «Wir stellen mit grossem Bedauern fest, dass der überwiegende Teil der Kritikpunkte, die wir und weitere Fachverbände im Mai eingebracht haben, nicht im Kabinettsentwurf berücksichtigt wurden. Dies muss sich dringend im parlamentarischen Verfahren ändern. Die geäusserten Bedenken zum damaligen Entwurf und neue Anmerkungen zur aktuellen Fassung müssen aufgegriffen werden. Es gibt ein breites gesellschaftliches Bündnis von Verbänden aus dem sozialen, kirchlichen, menschen- und frauenrechtlichen Bereich, die sich für ein progressives Selbstbestimmungsgesetz einsetzen», so Kalle Hümpfner vom Bundesverband.
Bundeskabinett hat Narrative einer lauten, transfeindlichen Minderheit im Gesetz aufgenommen.
«Das Selbstbestimmungsgesetz ist historisch, aber es besteht noch deutlich Luft nach oben. Die im Gesetzesentwurf enthaltenen Regelungen, die trans Personen unter einen Generalverdacht stellen und das Diskriminierungsrisiko erhöhen, müssen ersatzlos gestrichen werden.»
Das fordern auch über 300 Frauenhäuser, Verbände und namhafte Feminist*innen in ihrer Eil-Petition für eine Streichung der sogenannten «Misstrauensparagrafen» im Selbstbestimmungsgesetz. Sie kritisieren, dass das Bundeskabinett die Forderungen der Expert*innen und Fachverbände ignoriert und stattdessen Narrative einer «lauten, transfeindlichen Minderheit» im Gesetz aufgenommen habe.
Zu den Erstunterzeichner*innen gehören u.a. Beate von Miquel, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Anna Katharina Mangold, Professorin für Verfassungsrecht, und Vertreter*innen von Frauenhäusern in Hamburg, Köln, Neumünster, Oldenburg, Hannover, Itzehoe, Schleswig-Holstein. Als Einzelpersonen haben u.a. Sookee, Gianni Jovanovic, und Tarik Tesfu unterzeichnet.
Petitionsinitiatorin Anne Wizorek: «Es kann nicht sein, dass trans, inter und nicht-binären Menschen unnötige Wartezeiten zugemutet werden, ihnen der Rausschmiss aus Umkleiden oder Sauna droht oder sie nicht mal mehr in ihrem Wunschverein Sport machen können!»
Kritik ganz anderer Art an dem Gesetz komm von der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges. Sie fürchtet, dass das Gesetz missbraucht werden könnte. «Für die Änderung des eigenen Geschlechtseintrags soll zukünftig eine Erklärung ausreichen, ob man sich als Mann oder Frau fühle und nach einem Jahr Sperrfrist soll erneut das Geschlecht geändert werden können», sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Stuttgart.
Es öffnet dem Missbrauch Tür und Tor
Das Gesetz «öffnet dem Missbrauch Tür und Tor» ist die Ministerin überzeugt. Jeder Missbrauchsfall schade den Betroffenen mehr als ihnen das Gesetz nütze. Zudem kritisiert Gentges aus ihrer Sicht fehlende Schutzmechanismen für kleine Kinder. «Das Gesetz lässt Eltern ohne qualifizierte Beratung oder gerichtliche Prüfung alleine entscheiden», sagte die Ministerin.
Ähnlich äusserte sich Christoph Ploß, der bis April Vorsitzender der CDU Hamburg war.
Künftig soll jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das Gesetz richtet sich laut Familien- und Justizministerium an trans, inter und nicht-binäre Menschen.
Für die Änderung gibt es kein Mindestalter. Bis 14 Jahre müssen die Sorgeberechtigten die Erklärung gegenüber dem Standesamt abgeben, danach müssen die Sorgeberechtigten nur noch zustimmen.
Bislang galt das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG). Viele trans Menschen empfinden dieses als demütigend. Das Gesetz sieht vor, dass Betroffene Vornamen und Geschlecht erst nach einem psychologischen Gutachten und einer gerichtlichen Entscheidung offiziell ändern dürfen.
Das Verfahren ist langwierig und teuer. Das Bundesverfassungsgericht hatte mehrfach wesentliche Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt. Das neue Gesetz muss der Bundestag noch verabschieden. (mit dpa)
In der ZDF-Mediathek findet sich die neue 6-teilige Serie «Ready.Daddy.Go!» über einen schwulen Mann mit Kinderwunsch – gespielt von Fridolin Sandmeyer. Die Serie wird auf ZDFneo ausgestrahlt (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Queerfeindlichkeit
Homophobe Äusserungen: Ralf Schumacher ist «nicht böse»
Der Vater von Formel-1-Pilot Sergio Pérez hat die Kritik an seinem Sohn satt. Er leistet sich dabei eine Entgleisung. Ralf Schumacher bringt sogar Verständnis auf.
Von Newsdesk/©DPA
News
Sport
Pakistan
Pakistan: Verstärkte Internetzensur könnte LGBTIQ-Community isolieren
Im südasiatischen Land ist der Zugang zu der Online-Plattform X bereits gesperrt. Nun kündigen Behörden weitere Beschränkungen an.
Von Newsdesk/©DPA
News
International
Furry Fandom
Unterwegs in Ulm: Als Furry durch die Nacht
Jayden und Patrik sind Furries. In ihrer Freizeit schlüpfen sie in Tierkostüme und verhalten sich entsprechend ihrer Furry-Charaktere. Einblicke in eine Szene, die noch relativ unbekannt ist.
Von Newsdesk/©DPA
Queer
Deutschland
TIN
Elternschaft
Neues Gesetz: Italien verbietet Auslands-Leihmutterschaften
In Italien kann jetzt auch bestraft werden, wer ein Kind von einer Frau anderswo auf der Welt austragen lässt. Mehr als 50 Paare wollen sich das nicht gefallen lassen.
Von Newsdesk/©DPA
News
Regenbogenfamilie
International