Standing Ovations! Brendan Fraser bekommt Oscar für «The Whale»
Besonders laut wurde letzte Nacht in Malaysia gejubelt
Am Abend wurden in Hollywood die Oscars verliehen. Die 95. Gala wurde von Jimmy Kimmel moderiert.
Der Schauspieler Brendan Fraser hat den Oscar als bester Hauptdarsteller gewonnen. In «The Whale» von Darren Aronofsky spielt der 54-Jährige den schwulen, stark übergewichtigen Dozenten Charlie, der sich seiner Teenager-Tochter wieder annähern will. Doch die mag dem Vater nicht verzeihen, dass er die Familie für einen Mann verlassen hat.
Bei den Golden Globes war Fraser ebenfalls nominiert gewesen, ging aber leer aus (MANNSCHAFT berichtete). Fraser zeigte sich in seiner Dankesrede am Abend sichtlich gerührt.
In der Deutschschweiz läuft «The Whale» ab 16. März, in Deutschland und Österreich erst Ende April.
Bei der weiblichen Hauptrolle unterlag Cate Blanchett als lesbische Star-Dirigentin in «Tár» ihrer Kollegin Michelle Yeoh, die ihr Heimatland Malaysia feierte. Die 60-Jährige sei nicht nur die erste Malaysierin, sondern die erste Asiatin überhaupt, die in der wichtigen Kategorie geehrt worden sei, jubelte die Zeitung Malay Mail am Montag wenige Minuten nach der Preisvergabe. Yeoh spielt in «Everything Everywhere All at Once» eine Waschsalon-Besitzerin, die sich durch mehrere Paralleluniversen kämpft.
In Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur hatten mehr als 100 Gäste in einem Kino die Preisverleihung am Montagmorgen (Ortszeit) live verfolgt. Dabei waren auch Michelle Yeohs Mutter Datin Janet Yeoh sowie die malaysische Frauenministerin Nancy Shukri. Als Jessica Chastain in Los Angeles den Namen Michelle Yeohs als Siegerin vorgelesen habe, sei in dem Kino riesiger Jubel ausgebrochen, hiess es.
Und meine Damen, lassen Sie sich von niemandem sagen, dass Sie Ihre Blütezeit überschritten haben!
Yeoh hatte sich in ihrer Dankesrede direkt an Mädchen und Jungen in Asien gewandt und betont, ihr Oscar-Gewinn sei «ein Leuchtfeuer der Hoffnung und Möglichkeiten» für sie. «Das ist der Beweis, dass Träume wahr werden. Und meine Damen, lassen Sie sich von niemandem sagen, dass Sie Ihre Blütezeit überschritten haben», betonte der Filmstar.
Mit insgesamt sieben Preisen ist die Actionkomödie «Everything Everywhere All at Once» der grosse Sieger. Menschen, die sie gesehen haben, wissen: Es ist schwer zu erklären, worum es in diesem Werk geht, das bei den Oscars als bester Film ausgezeichnet wurde. Der Grund: Der Film bombardiert seine Zuschauer*innen mit unzähligen Plot Twists, Einfällen und visuellen Referenzen. Alleine ein Genre zu definieren, in das «Everything Everywhere All at Once» passt, ist fast unmöglich – denn der Film kombiniert in einem anarchischen Mix Elemente aus Science-Fiction, Fantasy, Martial Arts, Slapstick-Komödie und Familien-Drama.
«Everything Everywhere All at Once» erzählt von der chinesischen Immigrantin Evelyn (gespielt von Michelle Yeoh, einer malaysischen Schauspielerin chinesischer Abstammung), die in den USA einen Waschsalon betreibt und von ihrem Alltag gestresst ist. Nach einem Fehler in ihrer Steuererklärung wird ihr Waschsalon von der Steuerbehörde geprüft. Dazu kommen familiäre Probleme: Ihr Mann Waymond (Ke Huy Quan) konfrontiert sie mit Scheidungspapieren, ihre Tochter Joy (Stephanie Hsu) ist mit einer Frau zusammen, was Evelyn vor ihrem vermeintlich strengen Vater verbergen will, der gerade aus China angereist ist.
Während eines Besuchs in der Steuerbehörde, wo die garstige Steuerfahnderin Deirdre (Jamie Lee Curtis) ihre Unterlagen prüfen will, verwandelt sich ihr Ehemann plötzlich in eine alternative Version seiner selbst aus einem anderen Universum. «Alpha Waymond» erklärt Evelyn, dass mehrere parallele Universen mit unterschiedlichen Versionen ihrer selbst existieren. Die Gesamtheit aller Paralleluniversen – das sogenannte Multiversum – sei von einer bösen Macht bedroht und nur Evelyn könne diese aufhalten.
Die Finanzbehörde verwandelt sich nun in einen wilden Martial-Arts-Kampfplatz. Evelyn reist durch unterschiedliche Universen und versucht, auf die Fähigkeiten all der Versionen ihrer selbst zuzugreifen, um gegen das Böse zu kämpfen. Dabei merkt sie, dass ihre Alternativ-Versionen deutlich spannendere Leben führen als sie – und kommt ins Grübeln, ob sie in ihrem Leben wohl oft falsch abgebogen ist.
Die Zuschauer*innen finden sich in Welten wieder, in der Menschen Hotdogs als Finger haben oder keine Menschen mehr sind, sondern Steine. Zu solch absurden Gags kommt noch hinzu, dass die Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert Referenzen auf alle möglichen Filme der Vergangenheit einbauen. Man verliert schonmal den Faden in diesem Chaos. Sicher ist jedenfalls: So etwas hat man im Kino noch nie gesehen.
Es ist eine willkommene Abwechslung, dass die Idee der parallelen Universen einmal nicht in einem Marvel-Film zu sehen ist, sondern hier auf eine ganz andere, die migrantische Erfahrung übertragen wird. Was Evelyn und Waymond erlebt haben, war eine Welt mit wenigen Optionen – für ihr Kind gilt das nicht mehr.
Bei allen Schrulligkeiten hat der Film auch einen soziologischen und emotionalen Kern. Da ist zum einen eine anrührende Familiengeschichte. Und eine Idee, die auch viel über unsere Gegenwart erzählt. So leben wir in einer Welt, in der uns andere Möglichkeiten und Entscheidungen immer wieder vor Augen geführt werden. Wo wir uns ständig entscheiden müssen, was auch mal überfordernd sein kann. Die Frage, ob wir das für uns selbst beste Leben führen, wurde wohl selten witziger durchgespielt als in diesem Film.
> Unsere Umfrage der Woche: Beeinflussen die Oscars oder Golden Globes die Auswahl der Filme, die du im Kino oder beim Streamen auswählst?
Alle Kategorien und die Gewinner*innen
- Bester Film: «Everything Everywhere All at Once»
- Bester internationaler Film: «Im Westen nichts Neues» (Deutschland)
- Regie: Daniel Kwan und Daniel Scheinert («Everything Everywhere All at Once»)
- Hauptdarstellerin: Michelle Yeoh («Everything Everywhere All at Once»)
- Hauptdarsteller: Brendan Fraser («The Whale»)
- Nebendarstellerin: Jamie Lee Curtis («Everything Everywhere All at Once»)
- Nebendarsteller: Ke Huy Quan («Everything Everywhere All at Once»)
- Kamera: James Friend («Im Westens nichts Neues»)
- Original-Drehbuch: Daniel Kwan und Daniel Scheinert («Everything Everywhere All at Once»)
- Adaptiertes Drehbuch: Sarah Polley («Die Aussprache»)
- Schnitt: Paul Rogers («Everything Everywhere All at Once»)
- Filmmusik: Volker Bertelmann alias Hauschka («Im Westen nichts Neues»)
- Filmsong: «Naatu Naatu» («RRR»)
- Produktionsdesign: Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper («Im Westen nichts Neues»)
- Ton/Sound: Mark Weingarten, James H. Mather, Al Nelson, Chris Burdon und Mark Taylor («Top Gun: Maverick»)
- Visuelle Effekte: Joe Letteri, Richard Baneham, Eric Saindon und Daniel Barrett («Avatar: The Way of Water»)
- Animationsfilm: «Guillermo del Toro’s Pinocchio»
- Animations-Kurzfilm: «The Boy, The Mole, The Fox and the Horse»
- Dokumentarfilm: «Nawalny»
- Dokumentar-Kurzfilm: «Die Elefantenflüsterer» (The Elephant Whisperers)
- Make-up/Frisur: Adrien Morot, Judy Chin und Annemarie Bradley («The Whale»)
- Kostümdesign: Ruth Carter («Black Panther: Wakanda Forever»)
- Kurzfilm: «An Irish Goodbye»
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