«Queen of Drags hat das schwulste Set, das es jemals gab»
Am Montagabend lief in Berlin ein Screening der ersten Folge
Ab Donnerstag sucht die Jury um Heidi Klum, Bill Kaulitz und Conchita Wurst die «Queen of Drags». Jede Woche bekommen die Kandidaten neue Aufgaben. Wer sie vor Publikum am besten umsetzt, kommt weiter. Am Montagabend konnte man die erste Folge schon im Berliner Zoo-Palast sehen.
Christoph Körfer, der stellvertretende Senderchef von Pro Sieben nannte die neue Show «Queen of Drags», nachdem er auf die Bühne des Zoo-Palastes gestolpert war, eine «Herzensangelegenheit» und las eingangs einen Hasskommentar vor, der Pro Sieben am Nachmittag erreicht hatte. Davon gibt es etliche – man kann sie u. a. auf dem Facebook-Profil des Senders nachlesen: «und für sowas zahlen wir auch noch Geld», schreibt einer, der offenbar nicht verstanden hat, dass Pro Sieben keine Rundfunkgebühren erhält. «Dreck», meint der nächste – und ein anderer: «Oh Gott bitte nicht… was ist bloss aus der Gesellschaft geworden».
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Nun. «Es war das schwulste Set, das es jemals gab», schwärmt Bill Kaulitz. «Wir hatten uns alle lieb.» Er sucht gemeinsam mit Heidi Klum und Conchita Wurst ab Donnerstag die «Queen of Drags», Pro Sieben verspricht «grosse Persönlichkeiten» (darunter einige, die sich dafür halten), «glamouröse Kostüme, faszinierende Verwandlungen und spektakuläre Shows»: Acht Drag Queens aus Deutschland, ein Österreicher und ein Schweizer müssen sich auf der grossen Bühne in L.A. beweisen und Publikum sowie Jury von sich überzeugen.
Am Montagabend konnte man die erste Folge schonmal im Berliner Zoo-Palast sehen. Conchita Wurst erklärte: «Die Show soll allen Zuschauern und Zuschauerinnen zeigen, was möglich ist, wenn sie sich fragen: Könnte mein Leben noch ein bisschen geiler sein?»
Gewinner von «Queen of Drags» erhält 100.000 Euro Aus Sicht der zehn gut gelaunten und sehr ambitionierten Teilnehmer steht die Antwort sicher fest: Aktuell wohl nicht. Nicht zuletzt lockt der Queen, die am Ende gekürt wird, das Titelbild der deutschen Cosmopolitan, das Werbegesicht für eine Kampagne von Mac Cosmetics, eine Reise zur Gay Pride nach New York und: 100.000 Euro.
Auch ihr eigenes Leben könnte momentan wohl sub-geiler sein: «Ich hatte totalen Spass», erzählt Conchita im Kino-Palast. Anfragen für Drag-Contests im Fernsehen habe sie zuvor schon etliche bekommen, noch nie hätten die Vorzeichen gestimmt. Jetzt aber: Prime Time am Donnerstagabend, dazu die «wohl berühmteste deutschsprachige Frau auf dem Planeten». Gemeint war Heidi Klum, die Moderatorin der Show.
Offiziell ist sie das natürlich, doch neben Conchita und sogar Bill Kaulitz wirkt die Moderatorin Klum etwas blass und zurückhaltend, als würde sie hier ein TV-Praktikum absolvieren. Ob die Aufregung im Vorfeld sie beeindruckt hat? Die Berliner Ryan Stecken (DragKing und Aktivist) und Margot Schlönzke (Polit-Tunte) hatten die Petition «Kein Foto für Heidi» gestartet. Darin heisst es: «Wir sehen es als problematisch an, wenn mit Heidi Klum als Frontfigur und Vermarktungsgesicht der deutschen Ausgabe der Ausverkauf der Drag-Community an ein heteronormatives Publikum zu dessen blosser Belustigung auf Kosten der Teilnehmer*Innen und der gesamten Drag-Community vorprogrammiert ist.» Über 27.000 mal wurde sie schon unterzeichnet.
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Dass sich Frau Klum davon einschüchtern lässt – kaum vorstellbar. Übrigens kann (zumindest auf Basis der ersten Folge) keine Rede davon sein, dass es hier um Volksbelustigung auf Kosten der Drag Queens geht. Alle zehn Kandidaten strotzen nur so vor Selbstbewusstsein, dass man sicher sein kann: Sie würden sich zu wehren wissen.
Einen komischen Beigeschmack hat es trotzdem, dass in der Sendung die Vorwürfe gegen Heidi Klum thematisiert werden, und die Moderatorin/Jurorin auch darüber klagen darf, dass man ihr den Altersunterschied zum Gatten Tom Kaulitz vorwirft. Das weckt Erinnerungen an Margarete Schreinemakers, die sich 1996 in ihrer Live-Sendung bei Sat.1 zu dem Vorwurf der Steuerhinterziehung äusserte (und vom Sender abgeschaltet wurde, zu Recht).
Sowohl Bill Kaulitz wie Conchita Wurst (die im übrigens ausgesprochen bezaubernd auftritt und die Kandidaten mit dem grössten Fingerspitzengefühl beurteilt und bewertet) nehmen Klum gegen die Vorwürfe in Schutz; auch ein paar Teilnehmer erinnern daran, dass es der Community nicht gut zu Gesicht steht, eine heterosexuelle, weisse Frau zu dissen, wenn man doch selber Toleranz und Respekt einfordert. Bill Kaulitz hatte seine Schwägerin im Vorfeld als «unglaublich tolerante, offene Frau» bezeichnet.
Doch natürlich standen am Montagabend die Drag Queens im Vordergrund. Die erste Folge erntete beim Screening viele Lacher und eine Menge Beifall; immer wieder gab es Szenenapplaus, etwa wenn die Berliner Teilnehmerin Candy Crush zu Protokoll gibt, sie hasse es, sich zu limitieren, nur weil es anderen Menschen vielleicht nicht passe, was sie tut. Oder wenn die aus Brasilien stammende Catherrine Leclery «Respekt» einfordert.
Es wird bei Queen of Drags viel gebitcht
Mit dem Respekt untereinander ist es bisweilen nicht besonders weit her. Wer auf Zickenterror steht, kommt jedenfalls auf seine Kosten. Gleich in der ersten Folge wird gestritten (um zuviel Glitzer!). Es wird viel gebitcht, und auch mit Missgunst und Ageism sparen die Teilnehmer nicht.
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Und auch Gastjurorin OIivia Jones nimmt kein Blatt vor den Mund, etwa wenn sie die Berner Drag Queen Hayden Kryze beurteilen muss, die sich bei ihrem Auftritt einen Patzer in Sachen Lip Syncing leistet.
Insgesamt bietet «Queen of Drags» gute Unterhaltung (falls man Castingshows mag), wobei auch mal Tränen fliessen dürfen, die sich die Kamera natürlich nicht entgehen lässt. So weit, so erwartbar.
Man fragt sich nur, warum eine Sendung, deren Haupt-Zutat Glamour ist, den Juroren schwarze Din5-Klemmordner in die Hand gibt, in denen sie Infos zu den Teilnehmern nachlesen können. Ich habe den Verdacht: Der Ausstatter der Sendung war wohl keine Drag Queen.
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