Britisches Erfolgsmusical «Six» feiert Frauen und Vielfalt
Zu sehen in Berlin, in München und in Zürich
Was wäre, wenn die sechs Ex-Frauen des englischen Königs Heinrich VIII. eine Girlgroup bilden und ein Popkonzert geben würden? Das zeigt das Musical «Six», das nun erstmals nach Deutschland kommt.
Von Philip Dethlefs, dpa
Geschieden, geköpft, gestorben, geschieden, geköpft, überlebt. So lautet die Kurzfassung des Schicksals von Katharina von Aragon, Anne Boleyn, Jane Seymour, Anna von Kleve, Catherine Howard und Catherine Parr, der sechs Ehefrauen von Heinrich VIII. Ihre Geschichte wurde bisher nur über den berüchtigten englischen Tudor-Königs erzählt. Das Musical «Six» kehrt das Narrativ um und rückt das Sextett auf unterhaltsame Weise ins Rampenlicht. Jetzt kommt die britische Produktion erstmals nach Deutschland.
«Beheaded, divorced, died, beheaded, divorced, survived», singen die Frauen im Eröffnungssong. «Welome to the show, to the historemix!» Es ist ein Wortspiel aus «History» (Geschichte) und «Remix» (Neuabmischung), denn hier wird die Geschichte anders erzählt. In «Six» sind die Ex-Frauen eine Girlgroup – moderne Popstars im Stil von Beyoncé, Adele, Ariana Grande und Lady Gaga. Sie liefern sich im Konzert einen musikalischen Schlagabtausch. Um die Frage zu klären, wer am meisten unter Heinrich zu leiden hatte, singt jede von ihnen einen Song.
Ausgedacht haben sich das Musical die Studienfreunde Toby Marlow (29) und Lucy Moss (30), die zu diesem Zeitpunkt erst Anfang 20 waren und an Amateur-Produktionen mitwirkten. «Wir haben immer gesagt, wir sollten irgendwann ein Musical zusammen schreiben. Das würde doch Spass machen», erzählt Marlow im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Die Gelegenheit kam früher als erwartet, als ihre Universität beschloss, am Edinburgh Fringe Festival mit einer eigenen Musical-Produktion teilzunehmen. «Normalerweise führen die immer ein Musical auf, das es schon gibt, aber diesmal haben sie gesagt: ‹Lasst uns ein eigenes schreiben.›»
Das Edinburgh Fringe gilt mit mehreren Tausend Shows pro Jahr als das weltweit grösste Festival für Darstellende Künste. «Und ich dachte, damit wir wenigstens ein Ticket verkaufen, sollten wir uns ein bekanntes Thema aussuchen, damit die Leute denken: ‹Oh, von diesen Charakteren habe ich schon gehört, ich schau‘ mir mal an, wie sie das als Musical umgesetzt haben.›» So fiel die Wahl auf die sechs Ex-Frauen von Heinrich VIII.
Es gab aber noch einen anderen Gedanken. «Lucy und viele unserer Freunde an der Uni haben zu der Zeit darüber diskutiert, dass es bei Frauenrollen in Musicals nicht genug Vielfalt gibt – und besonders für nicht binäre Personen, für die es praktisch gar keine gibt», sagt Marlow. «Ich dachte, es wäre cool, wenn ein Musical ausschliesslich von weiblichen und nicht binären Darsteller*innen besetzt wäre, damit die Leute, die wir an der Uni kannten, ihr Talent präsentieren können.» Bei «Six» sind alle Rollen und die Band entsprechend besetzt. Baylie Carson, selber nicht-binär, spielte im Londoner West End Anne Boleyn und erklärte gegenüber Pink News: «Wenn Anne Boleyn heute leben würde, wäre sie Teil der queeren Community. Sie ist Anarchie.»
Die Songs reichen von Pop über Balladen bis hin zu deutschem Techno – dieser wird in «Haus Of Holbein» mit Volksmusik kombiniert. Das Lied ist eine satirische Abrechnung mit weiblichen Schönheitsstandards und spielt auf Hans Holbeins Porträt von Anna von Kleve an. Im Song ist von Selfies und Profilfotos die Rede. «Six» verbindet geschichtliche Fakten mit modernem Humor und schwungvoller Musik. Mit einer Laufzeit von knapp 80 Minuten ist die Show rasant und kurzweilig.
Ich dachte: Mein Gott, das ist doch verrückt!
In Edinburgh war das Musical 2017 ein riesiger Erfolg. Und nur wenige Monate später bekamen Marlow und Moss die Anfrage, «Six» ans Londoner West End zu bringen. «Ich dachte: Mein Gott, das ist doch verrückt!», sagt Marlow und lacht. Das war aber nur der Anfang. Seit 2020 läuft das Musical am New Yorker Broadway, es wurde in Kanada, Australien und Südkorea aufgeführt und tourte durch die USA. 2022 wurde «Six» für acht Tony Awards nominiert und gewann zwei für Musik und Kostüme.
In Berlin geht es los Jetzt kommt das Musical erstmals nach Deutschland. Vom 12. bis 24. März wird es in Berlin im Admiralspalast aufgeführt, vom 26. März bis 7. April ist es in München am Deutschen Theater zu sehen. Danach wird es vom 9. bis 21. April in Zürich gezeigt. Übersetzt wird «Six» dafür nicht, aber es wird Untertitel geben. «Im Theater bekommt man auch Infos, damit man alles Wichtige versteht», versichert Lucy Moss. Das habe in Südkorea gut funktioniert. «Die Leute reagieren auf die Story und das, was passiert. Wenn man mal eine Anspielung oder einen Witz nicht mitbekommt, ist das überhaupt nicht wild.»
Das Liechtensteiner Parlament berät kommende Woche die Vorlage zur Eheöffnung. Homo- und heterosexuelle Paare sind bereits im Adoptionsrecht gleichgestellt (MANNSCHAFT berichtete).
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