Italien rockt sich beim ESC in Rotterdam zum Sieg
Die Schweiz auf Platz 3, Deutschland mal wieder abgeschlagen
Italien siegt mit Glamrock von Måneskin, die Schweiz erreicht Platz 3. Wie schon vor zwei, vier, fünf und sechs Jahren landet der deutsche Beitrag weit hinten. Von Gregor Tholl, dpa
Gewonnen hat Italien mit dem rockigen Protestsong «Zitti e buoni» der Band Måneskin. Die Römer*innen lieben es, sich wild mit schrillen Outfits und halbnackt zu inszenieren. Auf Platz zwei kam Frankreich mit dem Chanson «Voilà» von Barbara Pravi, auf Rang drei die Schweiz mit der Ballade «Tout l’univers» des Sängers Gjon’s Tears.
Mit dem Anti-Hass-Lied «I don’t feel hate» ist Deutschland beim Eurovision Song Contest auf wenig Gegenliebe gestossen und mal wieder ganz weit hinten gelandet – wie schon vor zwei, vier, fünf und sechs Jahren. Der 26 Jahre alte Hamburger Sänger Jendrik erreichte nur Rang 25 und damit den vorletzten Platz beim 65. ESC in Rotterdam. Hinter Deutschland landete nur Grossbritannien.
Willst du Deutschland oben sehn, musst du die Tabelle drehn – der zuletzt im Fussball gängige Spruch galt erneut bei dem internationalen Musikwettbewerb. Die deutsche ESC-Pleiteserie in den vergangenen Jahren wurde nur 2018 kurz unterbrochen, als Michael Schulte überraschend auf den vierten Platz kam. Deutschland bekam diesmal null Punkte von den Zuschauern in 39 Ländern und nur drei Punkte von Jurys – 2 aus Österreich und einen aus Rumänien.
Island konnte sich derweil ein wenig wie der Sieger der Herzen fühlen. Die quirlige Band Dadi og Gagnamagnid kam mit «10 Years» auf Rang vier, obwohl sie wegen eines positiven Corona-Falls nicht live auftreten konnte. Die Gruppe mit den türkisen Pullovern und eigenwilligen Tanzschritten verfolgte das Finale deshalb aus der Quarantäne im Hotelzimmer. «Vierter Platz! Mag ich!», schrieb Frontmann Dadi Freyr noch in der Nacht zum Sonntag auf Twitter.
Nach der pandemiebedingten ESC-Absage 2020 sassen dieses Jahr nun immerhin rund 3500 negativ getestete Zuschauer*innen in der Ahoy-Arena in Rotterdam. Trotz dieses Schritts zurück in Richtung Normalität hat das Coronavirus den Wettbewerb nicht verschont.
Der ESC-Sieger von 2019, Duncan Laurence, der den Wettbewerb überhaupt erst in die Niederlande geholt hatte, wurde vergangene Woche positiv auf das Coronavirus getestet. Er konnte deshalb in der Finalshow nicht live auftreten.
Viele Länder schickten 2021 dieselben Interpret*innen, die für 2020 vorgesehen waren. In Deutschland liess der innerhalb der ARD zuständige NDR jedoch in einem mehrstufigen Auswahlverfahren zwei unabhängige Jurys einen neuen Teilnehmer suchen.
Im Siegerlied geht es darum, ausgeflippt und anders als die anderen zu sein.
Das Siegerlied 2021 ist ein energetischer Rockbeitrag. Übersetzt heisst der Songtitel «Still und brav». Im Text geht es darum, ausgeflippt und anders als die anderen zu sein. (Überhaupt: Der ESC 2021 war so queer wie nie, so der MANNSCHAFT-Kommentar von Samstag.) Da Bassistin Victoria aus Dänemark stammt, wählte die Gruppe als Band-Namen das dänische Wort für Mondschein: Måneskin. Die Band wurde 2016 von Schulfreunden gegründet. Bekannt wurde sie in ihrer Heimat mit der Castingshow «X-Factor». Im März 2021 gewann sie das traditionsreiche Festival di Sanremo und wurde damit von der RAI, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Italiens, als ESC-Teilnehmer automatisch gesetzt. Für Italien ist es der dritte Sieg – nach 1990 und 1964.
Bei Twitter diskutieren die User*innen seit vergangener Nacht über eine Szene aus dem Green Room: Hier sieht es so aus, als würde Sänger Damiano David Kokain konsumieren, als er sich über den kleinen Tisch vor sich beugt.
Die Zuschauer*innen konnten wie immer über den Sieger mit abstimmen, jedoch nicht für das eigene Land. Die Hälfte der Punkte kommt von nationalen Fachjurys. Die Jury-Punkte aus Deutschland gab zum sechsten Mal Barbara Schöneberger bekannt. Sie wurde live aus Hamburg zugeschaltet. Die Höchstpunktzahl ging dabei an Frankreich. Das deutsche TV-Publikum vergab seine Höchstpunktzahl (12 Punkte) an Litauen, die zweithöchste Punktzahl (10) an Frankreich.
In den vergangenen 30 Jahren schaffte es Deutschland fast immer nur dann in die Top 10 beim ESC, wenn der Entertainer Stefan Raab als Produzent, Komponist, Castingshowmacher oder gar Interpret beteiligt war. Man denke an Guildo Horn 1998, Max Mutzke 2004 oder Roman Lob 2012. Der grösste Triumph ereignete sich 2010, als Raab als Initiator, Produzent und Jurypräsident der Castingshow «Unser Star für Oslo» die junge Lena entdeckte und mit ihr den zweiten Sieg für Deutschland überhaupt holte – nach Nicole mit «Ein bisschen Frieden» 1982. Lena Meyer-Landrut feiert an diesem Sonntag übrigens ihren 30. Geburtstag.
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