Kein Zombie-Plakat in Genf! SBB bittet um Austausch des Plakats

Das neue Sujet der Gegner*innen sorgt für rote Köpfe

Das Plakat am Zürcher Hauptbahnhof. (Foto: Mike Hitz)
Das Plakat am Zürcher Hauptbahnhof. (Foto: Mike Hitz)

Wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt ein übleres Plakat daher. Die Gegner*innen der Ehe für alle greifen immer tiefer in die Trickkiste der Emotionen und Falschdarstellungen.

«Kinder mit einem Toten – Ehe für alle Nein» steht auf dem neuesten Plakat des Westschweizer Nein-Komitees «Das Kind ist keine Ware». Daneben das Bild einer Zombie-ähnlichen Figur, die vorbeigehende Personen direkt anblickt. Das Ziel ist klar, auch wenn die meisten Passant*innen wissen, dass es schlicht falsch ist, bleibt die Verbindung Ehe für alle und tote Spender im Hinterkopf hängen.

Schon eine Woche zuvor sorgte dasselbe Komitee mit dem «Sklavinnen»-Plakat für heftige Reaktionen in den sozialen Medien (MANNSCHAFT berichtete). Auch Plakate mit den weinenden Kindern nutzen die Gegner*innen für ihre emotionalisierende Kampagne (MANNSCHAFT berichtete). Gegenüber 20 Minuten nennt Politik- und Kommunikationswissenschaftler Marko Ković diese Sujets «ganz üble politische Propaganda».

Das Plakatsujet ist auch beim Aussenwerbeunternehmen APG negativ aufgefallen. «Die APG ist keine Zensurstelle, sondern respektiert die Meinungsfreiheit, sofern diese unserer Gesetzgebung entspricht», sagt CEO Markus Ehrle gegenüber persönlich.ch. Sie hätten abklären lassen, ob das Motiv gesetzlich erlaubt ist und es Konzessionspartner*innen vorgelegt. Die Stadt Genf hat die Plakate darauf abgelehnt, sie mussten mit anderen Sujets überklebt werden.

Anders die Stadt Zürich, dort hängt es prominent zwischen den Gleisen am Hauptbahnhof. Das sorgte in den sozialen Medien für Wirbel. Vereinzelt hätten sich Personen bei der SBB beschwert, bestätigt Mediensprecher Reto Schärli. «Das Plakat kann erschrecken, deshalb hat die SBB die Auftraggeber*innen im Vorfeld mündlich und schriftlich kontaktiert und sie gebeten, das Sujet auszutauschen.» Das Bundesgericht entschied 2012, dass es sich bei Bahnhöfen um öffentliche Orte handelt und das Bahnunternehmen deshalb politische Werbung grundsätzlich zulassen muss, ausser es handelt sich beispielsweise um rassistische Äusserungen.

Tote Samenspender, Leihmütter-Sklavinnen und weinende Kinder – es ist Zeit für Fakten:

Können Tote Samenspender sein? Nein. Sobald eine Person verstirbt, dürfen die Samen oder Eizellen nicht mehr verwendet werden, erklärt Peter Fehr, Facharzt für Gynäkologie, gegenüber 20 Minuten. «Ich bin sehr erschrocken, als ich das Bild gesehen habe. Dass erfahrene Leute in solche Register greifen müssen, finde ich schon bedenklich. Ein Zusammenhang mit der Ehe für alle ist nicht zu erkennen, es ist ein reiner Verzweiflungsakt», führt Fehr weiter aus.

Leihmütter-Sklavinnen für schwule Väter? In der Schweiz ist die Leihmutterschaft gesetzlich verboten. Somit können auch nach der Änderung des Zivilgesetzes zur Ehe keine Schweizerinnen Leihmütter werden. Es wird aber erlaubt sein, Kinder aus Staaten zu adoptieren, die Leihmutterschaft erlauben. Das gilt allerdings auch für heterosexuelle Ehepaare. Schlussendlich muss jedes Paar für sich entscheiden, was sie für ethisch und moralisch vertretbar halten.

Die Plakate suggerieren, dass dies gegengeschlechtliche Paare können, homosexuelle Paare hingegen nicht. Somit bedienen die Gegner*innen eher ihre Vorurteile und die Emotionen der Passant*innen, als die Realität. Das es auch anders geht, zeigen Papa und Papi aus Bayern. Sie haben sich für ein Pflegekind entschieden (MANNSCHAFT+ berichtete).

Fehlt Regenbogenkindern das gegengeschlechtliche Elternteil? Nein. Unzählige Medien haben inzwischen mit Kindern von gleichgeschlechtlichen Eltern Interviews geführt und Regenbogenfamilien dokumentiert. Die Kinder sind sich grösstenteils einig: Ihnen fehlt es an nichts. Das erzählt auch der Musiker und Autor David Friedli, der mit zwei Müttern aufgewachsen ist: «Ich war immer wahnsinnig glücklich, dass ich zwei Elternteile habe». Dabei räumt er auch gleich mit dem Argument des Mobbings auf (MANNSCHAFT+).

Immer mehr bekannte LGBTIQ zeigen sich mit ihren Regenbogenfamilien öffentlich. «How I Met Your Mother»-Star Neil Patrick Harris, sein Ehemann und ihre Kinder verkleiden sich jedes Jahr zu Halloween und Turmspringer Tom Daley strickt und häkelt für sich, seine Söhne und den Ehemann.

Diese positiven Anekdoten werden von der Wissenschaft gestützt. Kindern fehlt nichts, im Gegenteil, die Studien attestieren ihnen sogar bessere Voraussetzungen für ihr Leben, sie hätten meist eine bessere Ausbildung als durchschnittliche Kinder in den USA. Sie sind Traumkinder und die Eltern nehmen sich viel Zeit zur Vorbereitung, auch wegen Adoptions-, Pflegekind- oder Samenspendeprozessen und den Anforderungen, die sich dadurch stellen. Der Schweizer Verein für Regenbogenfamilien hat diese Fakten zusammengetragen.

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