«Homoheilung» über Krankenkasse abgerechnet
Ein Psychiater «heilt» schwule Männer von ihrer sexuellen Orientierung – und rechnet die Kosten über die Krankenkasse ab
Der Psychiater Lukas Kiener in Küssnacht bietet sogenannte «Konversionstherapien» an und rechnet diese sogar mit der Krankenkasse ab.
Verdeckte Recherchen beim Gesundheitstipp: Das Magazin schickte einen jungen schwulen Mann als Testperson zum anerkannten Psychiater Lukas Kiener. Dieser bietet ihm nicht nur eine «Konversionstherapie» an – also eine «Heilung» der Homosexualität –, sondern rechnet seine Leistungen sogar über die Krankenkasse ab.
Gemäss der Journalistin Katharina Baumann soll Kiener in der ersten Sitzung zur Testperson gesagt haben: «Wir schauen zusammen an, was Ihnen an dem Mann gefällt. Denn das fehlt Ihnen selbst.» Die Methoden und Aussagen seien «schockierend», schreibt die Organisation Pink Cross in einer Medienmitteilung.
Erst vor zehn Tagen hatte die BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti gemeinsam mit SP-Nationalrat Angelo Barrile einen Vorstoss eingereicht, der vom Bundesrat ein Verbot von Therapien zur Veränderung der sexuellen Orientierung an Minderjährigen fordert. Dieser hatte sich im Rahmen eines Berichts selbst gegen solche «Therapien» ausgesprochen. Die Homosexualität sei eine sexuelle Orientierung und habe nichts mit einer Krankheit zu tun. Wer Homosexuelle mit einer Psychotherapie umpolen will, begehe «eine Verletzung der Berufspflichten». Wer solche Behandlung durchführt, kann die Berufsausübungsbewilligung verlieren.
Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, zeigt sich über die Recherchen des Gesundheitstipps entsetzt: «Wir alle zahlen mit unseren Krankenkassenprämien für ‹Behandlungen›, die nicht nur unnütz sind, sondern grossen Schaden bei den Betroffenen anrichten. Das kann doch nicht legal sein!»
Speziell bei jungen Personen seien diese Praktiken besonders gefährlich: «Sie werden häufig von ihrer Familie oder ihrem Umfeld zu solchen ‹Therapien› gezwungen, merken aber, dass sie sich trotz vieler Sitzungen noch immer zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen und meinen deshalb, sie würden ‹versagen›», so Heggli. Das richte psychische Schäden an und könne junge Menschen bis in den Suizid treiben.
Von der eingereichten Motion erhofft sich Heggli den «dringend notwendigen» Schutz vor «therapeutischen Massnahmen», die er als schädlich und willkürzlich bezeichnet. Darüber hinaus soll geprüft werden, wie Fachpersonen, die solche «Therapien» anwenden, von der Berufsausübung ausgeschlossen werden können. «Die Politik und die Ärztevereinigungen dürfen nicht weiterhin die Augen vor der Realität verschliessen», sagt er. «Der Bundesrat ist gefordert, diese schlimmen ‹Therapien› endlich zu stoppen und sicherzustellen, dass wir alle nicht noch dafür bezahlen!» Um der Forderung Ausdruck zu verleihen, hat Pink Cross eine Onlinepetition gestartet.
In Österreich verabschiedete die Abgeordnetenkammer gestern Dienstag einstimmig einen Entschliessungsantrag, in dem sich die Parlamentarier*innen für ein Verbot von Konversionstherapien an queeren Jugendlichen aussprechen.
Ein Verbot von Konversionstherapien ist auch in Deutschland geplant. Im April berief der offen schwule Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Mitglieder einer Fachkommission, die Vorschläge für ein wirksames Verbot erarbeiten sollen. Die Kommission wird fachlich von der Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld begleitet.
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