Grosse Mehrheit bei Referendum: Kuba öffnet die Ehe für alle
67% der Menschen stimmten dafür
Die Regierung des sozialistischen Einparteienstaats hatte vor dem Referendum das Motto «Deine Stimme zählt» ausgegeben. Mit grosser Mehrheit hat ihr zufolge die Bevölkerung der Ehe für alle zugestimmt – als Teil eines äusserst progressiven neuen Familiengesetzes.
Nach einem Referendum über ein neues Familiengesetz wird in Kuba die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Mit etwa zwei Dritteln der gültigen Stimmen hätten die Kubaner*innen bei der Abstimmung am Sonntag nach vorläufigen Zahlen ein neues Familiengesetz abgesegnet, verkündete die Wahlbehörde des sozialistischen Karibikstaates am Montag. Das Gesetzespaket führt unter anderem die Ehe und Adoption für homosexuelle Paare sowie die Leihmutterschaft und Erziehungsberechtigung für nicht-biologische Eltern und auch Massnahmen zum Schutz der Rechte von Kindern und Senior*innen ein.
«#DieLiebeIstJetztGesetz», twitterte Kubas Präsidialamt. Die Regierung hatte in den Staatsmedien, mit Kundgebungen und auf Plakaten dafür geworben, für die Änderungen am Familiengesetz von 1975 zu stimmen, die nach Volksbefragungen im Juli vom Parlament verabschiedet worden waren. Im Fernsehen war zuletzt in einer Ecke dauerhaft der Spruch «#DeineStimmeZählt» eingeblendet gewesen. Die Moderator*innen betonten immer wieder, das Referendum sei historisch.
In Kuba haben die Bürger*innen nur selten eine solche Gelegenheit zur Mitbestimmung. Das Parlament wird zwar gewählt, zugelassen ist aber nur die Kommunistische Partei. Zuletzt war allerdings auch über die aktuelle Verfassung, die 2019 in Kraft trat, per Referendum entschieden worden.
Kubas katholische Kirche hatte sich gegen die neuen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen. In Kuba sind konservative Vorstellungen der Geschlechterrollen stark vertreten. In den 1960er Jahren wurden Schwule in Kuba zur «Umerziehung» in Straflager gesteckt. Die heutige Regierung vertritt jedoch – besonders in Person von Mariela Castro, der Tochter des Ex-Präsidenten Raúl Castro und Chefin des Zentrums für sexuelle Erziehung – in Fragen der Rechte von LGBTIQ-Menschen eine fortschrittliche Haltung.
Manche Dissidenten hatten in sozialen Medien angekündigt, sich unabhängig von ihrer Meinung zum Gesetz zu enthalten oder mit Nein zu stimmen, um der Regierung keinen Erfolg zu ermöglichen. Einige hatten gemutmasst, das Ergebnis stehe schon vor der Auszählung fest. Auf Twitter wurde die Kennung «#InEinerDiktaturWirdNichtGewählt» verbreitet.
Unter anderem wegen des Einbruchs des Tourismus seit Beginn der Corona-Pandemie und wegen Sanktionen der USA leidet Kuba unter schweren wirtschaftlichen Problemen. Es herrscht Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten, gibt viele Stromausfälle. Am 11. Juli 2021 kam es in vielen Städten zu den möglicherweise grössten Protesten gegen die Regierung seit der Revolution von 1959. Hunderte Teilnehmer*innen wurden zu teils langen Haftstrafen verurteilt. Der Inselstaat erlebt seit vergangenem Jahr eine große Auswanderungswelle.
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