Gesellschaftliches Klima in Ungarn ist «auf Jahre vergiftet»
Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) war als OSZE-Wahlbeobachterin eingesetzt
Ewa Ernst-Dziedzic beklagt den Missbrauch staatlicher Ressourcen für den Wahlkampf und das massgeschneiderte Wahlgesetz. Dies habe am Sonntag zu Orbáns Sieg geführt.
«Faire Wahlen sehen anders aus. Der geballte Einsatz einer grossteils hörigen Medienlandschaft, der massive Missbrauch administrativer und staatlicher Ressourcen für den Fidesz-Wahlkampf, ein für Orban massgeschneidertes Wahlgesetz und ein schwacher Wahlkampf der Opposition haben dem seit 2010 regierenden Amtsinhaber den Sieg gebracht», resümiert am Montag die Sprecherin der Grünen für Aussenpolitik und Menschenrechte, Ewa Ernst-Dziedzic, den Ausgang der Parlamentswahl in Ungarn, bei der die homophobe Fidesz-Partei klar gewonnen hat (MANNSCHAFT berichtete).
Die Abgeordnete war bei dem Urnengang als OSZE-Wahlbeobachterin eingesetzt. Letztes Jahr hatte sie eine LGBTIQ-Mahnwache an Österreichs Grenze zu Ungarn initiiert (MANNSCHAFT berichtete).
Auch der Krieg in der Ukraine habe dem Ministerpräsidenten in die Hände gespielt. Orbán habe bewusst das Sicherheitsbedürfnis der Ungar*innen zum Thema gemacht und dabei der Opposition unterstellt, das Land in den Krieg hineinziehen zu wollen.
«Die demokratiepolitische Lehre aus Ungarn ist, dass man sich gegen den Autoritarismus wehren muss, bevor dieser es schafft, sich Medien, Justiz und Wirtschaft umfassend dienstbar zu machen», so Ernst-Dziedzic. Sie schlägt als wirksames Mittel gegen den Orbánismus, der nach ganz Europa ausstrahlt, eine Europäische Presseförderung vor.
«Europa darf nicht tatenlos zusehen, wie ein Land ins Autoritäre abdriftet. Mit einer Europäischen Presseförderung könnten wir verhindern, dass die Orbans der EU die freien Medien ihrer Länder gänzlich zu Propagandainstrumenten umgestalten.»
Diese Wahl war auch eine Schicksalswahl für LGBTIQ in Ungarn.
Für die Menschenrechte erwartet Ernst-Dziedzic trübe Aussichten: «Diese Wahl war auch eine Schicksalswahl für LGBTIQ in Ungarn. Orbans massiver Abbau von demokratischen sowie LGBTIQ-Rechten könnte in vier Jahren nicht mehr umzukehren sein, dass gesellschaftliche Klima ist auf Jahre vergiftet», befürchtet die Menschenrechtssprecherin. Umso wichtiger sei es, die Zivilgesellschaft – und im Speziellen die LGBTIQ Community – in Ungarn nach Kräften zu unterstützen.
Immerhin: Das parallel zu den Wahlen abgehaltene LGBTIQ-feindliche Referendum fiel durch (MANNSCHAFT berichtete). Dazu Ernst-Dziedzic: «Es freut mich, dass Viktor Orbán mit seinem Anliegen, per Referendum Politik auf dem Rücken der ungarischen LGBTIQ-Community zu machen, gescheitert ist.»
Die FPÖ rechtspopulistische gratulierte Ministerpräsident Viktor Orbán und Fidesz «herzlich zu ihrem grossartigen Erfolg». Der klare Sieg sei auch ein deutliches Zeichen weit über die Grenzen Ungarns hinaus, erklärte FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl. Orbán und Fidesz seien ein «wichtiger Partner für die Bewahrung der christlichen Identität».
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