Dragman: Zum Superheld werden, wenn man man selbst ist
Kein Cape, sondern Frauenkleider verleihen Dragman die Superkräfte
Wenn August Crimp Frauenkleider trägt, wird er zu Dragman und kann fliegen. Simone Veenstra hat die Graphic Novel für uns gelesen.
Text: Simone Veenstra
In welches Regal? Zu den abgeschlossenen Graphic Novels passt Dragman, bei Fantasy steht er ebenso gut wie bei Krimi oder auch Autofiktion, da Steven Appelby, inzwischen offen als trans Frau lebend auch reale Erlebnisse mit Erfundenem verwebt. Am besten aber passt Dragman neben die Superhelden – um dort für weitere Diversität zu sorgen.
Wie sieht es aus? Dragman ist ein Rundumpaket: Die Covergestaltung erinnert an ein Filmplakat (bin ich die einzige, die an King-Kong denken muss obwohl in der Geschichte kein Gorilla vorkommt?). Das Hardcover mit seinen 336 Seiten liegt perfekt in der Hand und ist mit einem farblich auf den Buchrücken abgestimmten Lesebändchen versehen. Die Zeichnungen wechseln zwischen Vollfarbe (im Jetzt) und Sonderfarbe (die Erinnerungen) und selbst das Vor- und Nachsatzpapier ist gestaltet. Zwar erscheint der cartoonige Zeichenstil – gerade für die Ernsthaftigkeit der Themen – zunächst gewöhnungsbedürftig, doch geht dies im Zusammenspiel perfekt Hand in Hand.
Um was geht es? In einem fantastischen London, in dem Superhelden ebenso normal wie korrumpiert sind (nur wer eine Superheldenversicherung hat, wird auch gerettet), geht ein Serienkiller um, der die Seelen von trans Personen raubt. Die Polizei ist ratlos und der einzige, der Licht ins Dunkle bringen kann, hat seine Superheldenidentität an den Nagel gehängt. Selbst August Crimps Ehefrau Mary weiss nicht, dass er – ehemals bekannt unter dem Namen Dragman – fliegen kann, wenn er Frauenkleider trägt. August verheimlichte ihr dies, da Marys Eltern in einem für sie traumatischen Superheldenunfall ums Leben kamen. Nach und nach allerdings holt August seine Vergangenheit ein. Mitsamt aller Rassismen innerhalb der Superhelden-Community und des toxischen Geltungsdrangs einiger aber auch mit lange vernachlässigten Freundschaften und einem nie verschwundenen Zugehörigkeitsgefühl. Und so muss August nicht nur erneut zu Dragman werden, um einen Mörder zu finden, sondern auch sein wahres Ich.
Wir finden Dragman ist Comic Noir, Superheldenstory und soziale Metapher. Dabei hält die Geschichte manchmal düster und hart, dann wieder luftig leicht einer Gesellschaft den Spiegel vor, die gerne auch mal vergisst, dass sie von den Unterschieden Einzelner ebenso lebt wie von gemeinsamen Verabredungen.
Besonderheit Zusätzlich zu der Comic-Storyline des Krimis mit Flashbacks in Augusts Vergangenheit sind immer wieder Prosaeinschübe aus dem Innenleben des Mörders zu finden. Leichtfüssig bewegt sich Dragman zwischen unterschiedlichen Stilen hin und her. Eine Kunst, die Steven Appelby bereits in den Cartoons mit Hintersinn für beispielsweise die F.A.Z oder Die Zeit bewiesen hat, hier aber das erste Mal in Langfassung.
Steven Appleby: «Dragman», deutsch von Ruth Keen, Schaltzeit Verlag, Hardcover, 336 Seiten
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