Das Referendum gegen die Ehe für alle kommt wohl zustande
Das Schweizer Stimmvolk wird bei der Eheöffnung das letzte Wort haben
Wenige Tage vor Ablauf der Referendumsfrist haben die Gegner*innen die erforderlichen Unterschriften zusammen: Die Ehe für alle kommt an die Urne, voraussichtlich im September oder November.
So wie es aussieht, wird das Schweizer Stimmvolk darüber befinden, ob gleichgeschlechtliche Paare heiraten und lesbische Paare den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin bekommen. Wie 24heures berichtet, haben die Gegner*innen mehr als 50’000 Unterschriften gesammelt, um gegen die Ehe für alle das Referendum zu ergreifen. Die Frist läuft noch bis Samstag, voraussichtlich am Montag sollen die Unterschriftenbögen der Bundeskanzlei überreicht werden, welche die Unterschriften anschliessend beglaubigt. Erst dann ist das Ergebnis offiziell.
«Es ist wichtig, dass das Volk die Möglichkeit hat, seine Meinung zu einer solchen gesellschaftlichen Entscheidung zu äussern», sagt der jurassische Nationalrat Jean-Paul Gschwind (Die Mitte, vormals CVP), der sich vehement gegen die Eheöffnung ausspricht.
Gleich drei Refrendumskomitees hatten sich um Unterschriften bemüht. Das grösste – angeführt von prominenten Köpfen der SVP und der Eidgenössischen Demokratischen Union – stört sich an der Öffnung der Ehe an sich und soll mehr als 50’000 Unterschriften gesammelt haben. Weitere rund 10’000 Stimmen werden von einem bürgerlichen Komitee beigesteuert, das gegen den Zugang zur Samenspende für lesbische Frauen ist. Rund 5000 Unterschriften kommen von der Fondation pour la Famille aus dem Wallis.
Muriel Waeger, Co-Geschäftsleitung der Lesbenorganisation LOS und Geschäftsleiterin Romandie bei Pink Cross, zeigt sich über das Zustandekommens des Referendums nicht überrascht. «Wir haben uns seit Monaten auf diese Kampagne vorbereitet», sagt sie. «Was wir hingegen befürchten, ist Gewalt – vor allem verbale. Wie wir bei der Debatte um die Ausweitung der Antirassismus-Strafnorm auf die sexuelle Orientierung gesehen haben, bieten diese Art von Kampagnen immer die Gelegenheit, die LGBTIQ-Community anzugreifen.»
Die verschiedenen LGBTIQ-Organisationen und -Vereine haben das Abstimmungskomitee «Ehe für alle» gegründet, um im Abstimmungskampf vereint aufzutreten. Im März 2021 übernahmen Maria von Känel und Daniel Stolz das Co-Präsidium (MANNSCHAFT berichtete).
Im Februar hatte sich das Referendumskomitee der EDU und der SVP über eine nur schleppend vorangehende Unterschriftensammlung und über «Schikanen und Sabotageakte» beklagt (MANNSCHAFT berichtete).
Obwohl die drei Referendumskomitees über unterschiedliche Beweggründe verfügen, müsse man sich zusammenschliessen, um die Abstimmung zu gewinnen, sagt der Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor (SVP) gegenüber 24heures. Das Argument, das die meisten Menschen überzeuge, sei die Wahrung der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau – eine Meinung, die Addor voll und ganz teile, zumal homosexuelle Paare bereits die Möglichkeit hätten, eine eingetragene Partnerschaft einzugehen.
Die Berner Nationalrätin Marianne Streiff (EVP) brachte verschiedene Mitte- und SVP-Poilitiker*innen aus einem anderen Grund zusammen: dem Zugang zur Samenspende. Diese ist heute nur für unfruchtbare heterosexuelle Paare möglich. Ein Zugang für lesbische Frauen führt diesem Referendumskomitee zufolge zu «Identitätsproblemen bei Kindern», da eine Öffnung die «rechtliche Abwesenheit eines Vaters» fördere.
National- und Ständerat hatten am 18. Dezember 2020 der Ehe für alle zugestimmt (MANNSCHAFT berichtete). Die kleine Kammer stimmte der Vorlage mit 24 zu 11 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu, die grosse mit 136 zu 48 Stimmen bei 9 Enthaltungen. Es war eine lange Geburt: Die GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (BE) hatte die parlamentarische Initiaitve vor über sieben Jahren eingereicht.
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