Candy Licious: FPÖ von sachlichen Diskussionen überfordert
Wiens Parteichef Nepp erneuert Forderung nach Verbot
Den schweren Anschuldigungen seitens der FPÖ zum Trotz hat Dragqueen und Queero 2022 Candy Licious die Partei zur nächsten Lesung eingeladen. Doch die Rechtspopulisten wollen offenbar nicht.
Normalerweise reagiert Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp schnell. Doch bislang hat er zum Angebot von Candy Licious geschwiegen. Die Dragqueen hatte der FPÖ, Nepp sowie den Kindern von Politiker*innen in der Vorwoche das Angebot gemacht, zu ihrer nächsten Lesung zu kommen.
«Dort dürfen Sie mir Fragen stellen, mit mir in den Dialog kommen und zusehen bzw. zuhören, dass ich nichts Böses vorhabe und aus Büchern lesen werde, die ihren Kindern gefallen werden», erklärte Candy Licious bei Instagram. Die Dragqueen reagierte mit dem Gesprächsangebot auf die Ankündigung der FPÖ, eine Sondersitzung des Wiener Landtages einzuberufen. Dort möchte die rechtsgerichtete Partei erreichen, dass in Wien ein Verbot von Dragqueen-Lesungen für Kinder beschlossen wird. «Einige US-Bundesstaaten wie Tennessee haben diese Kinderschutzmassnahme bereits umgesetzt. Auch in Wien muss zum Schutz der Kinder rasch gehandelt werden», so Nepp. Er behauptete, Kinder würden durch diese «Sexualisierungspropaganda» zu einer bestimmten sexuellen Orientierung hin gedrängt und dadurch geschädigt (MANNSCHAFT berichtete).
Ich würde die Diskussion beziehungsweise die Einladung jederzeit wieder anbieten.
Im Gespräch mit MANNSCHAFT sagte die Dragqueen, dass sich bisher niemand von der FPÖ auf ihr Gesprächsangebot gemeldet habe. Candy Licious glaubt, dass die FPÖ-Politiker*innen überfordert seien, «wenn man sie mit Diskussionen konfrontiert». In der eigenen Runde beziehungsweisee online können viele stark sein und austeilen, «aber die Menschen haben zum Teil verlernt, sachliche Diskussionen zu suchen – und wenn man es ihnen anbietet, schweigen sie». Sie, so Candy Licious, habe bislang nur positive Reaktionen auf ihr Angebot, mit der FPÖ ins Gespräch zu kommen, erhalten. «Ich würde die Diskussion beziehungsweise die Einladung jederzeit wieder anbieten», so die Dragqueen.
Tatsächlich hat sich Nepp an diesem Dienstag erneut medial zum Thema geäussert, anlässlich der Lesung von Candy Licious für Kinder am 20. März. FPÖ-Chef Nepp fordert in einer Pressemitteilung die umgehende Absage der Veranstaltung. «Es ist unfassbar, dass hier eine derartige Sexualisierungspropaganda für Kinder vom SPÖ-Bezirksvorsteher nicht nur genehmigt, sondern auch noch aktiv beworben wird. Viele Eltern sind zu Recht empört. Diese Indoktrinierung von Kindern muss sofort gestoppt werden.»
Nepp verweist darauf, dass selbst prominente Drag-Queens solche Veranstaltungen für Kinder ablehnten. Namen nennt er jedoch nicht.
Candy Licious bemüht sich weiter um eine Versachlichung der Diskussion. Ihre Mission sei es, «das Leben zu zelebrieren mit der bunten Kunst von Drag und den Kindern Selbstliebe, Diversität und Akzeptanz zu vermitteln. Gut verpackt in Geschichten, die genau diese Botschaften beinhalten.» Auch Erwachsene dürfen ihr zuhören. «Manchmal gefällt es ihnen sogar besser, weil man leider den Erwachsenen nie mehr aus Kinderbüchern vorliest.» Ihr als heranwachsende queere Person, so Candy Licious, hätte es «viel psychische Schmerzen erspart, wenn mir als Kind ein weltoffenes Bild gezeigt worden wäre – ob von einer Dragqueen oder von einer anderen queeren Person».
Während die FPÖ bisher schwieg, haben sich Politiker*innen von anderen Parteien und queere Vereine mit Candy Licious und allen Dragqueens solidarisiert. So lädt der Verein «Queer Dance im Gemeindebau» am 18. März in Wien-Simmering zu einem Tanzevent ein. Highlight des Abends wird eine Lesung mit Candy Licious sein. Die SPÖ-Politiker*innen Rudi Kaske (Wiener Gemeinderat), Nationalrat Harald Troch und die Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Ramona Miletic haben ihr Kommen zugesagt. Sie wollen für ein gemeinsames Foto der Solidarität posieren. Eingeladen zu dieser Veranstaltung seien alle Personen, «die für ein weltoffenes und barrierefreies Miteinander eintreten», so der Verein «Queer Dance im Gemeindebau“. Unter dem Dach von «Queer Moments» haben bereits viele queere Events in Wien-Simmering stattgefunden. Organisiert wird die Eventreihe von den bekannten LGBTIQ*-Aktivistinnen Ortrun Gauper und Karin Erhart, Obfrau des Vereins Queer Dance im Gemeindebau.
Candy Licious engagiert sich als Aktivist*in in vielen Vereinen und Organisationen für die queere Community. Dazu gehören beispielsweise die HOSI Wien und die Aids Hilfe Wien. Candy Licious wurde von den MANNSCHAFT-Leser*innen 2022 zum Queero gewählt.
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