Wirbel um Vatikan-Einmischung bei Gesetz gegen Homophobie
Der US-Jesuitenpater James Martin veröffentlichte jetzt einen Brief, der ein wohlwollendes Licht auf Papst Franziskus wirft
Der Vatikan hat nach eigenen Angaben nicht beabsichtigt, den Entwurf eines italienischen Anti-Homophobie-Gesetzes zu blockieren. Das erklärte Kardinalstaatssekretär Parolin in einem Interview des Medienportals Vatican News.
Pietro Parolin gilt informell als die Nummer Zwei in dem katholischen Kirchenstaat. «Wir sind gegen jede Haltung oder Geste der Intoleranz oder des Hasses gegenüber Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung», sagte der 66 Jahre alte Italiener zum Thema Homophobie.
Der Vatikan hatte am 17. Juni eine Verbalnote an die italienische Botschaft am Heiligen Stuhl übermittelt und darin um Änderungen an dem Gesetzestext gebeten. Parolin erklärte, dass dies eigentlich nicht hätte publik werden sollen. Die Zeitung Corriere della Sera berichtete vergangenen Dienstag darüber und sprach darin von einer beispiellosen Handlung. Der Artikel sorgte für Empörung.
Am Sonntag veröffentlichte der LGBTIQ-freundliche US-Jesuitenpater James Martin auf Twitter einen Brief von Papst Franziskus vom 21. Juni. In dem handgeschriebenen Brief ermutigt der Papst den Priester in spanischer Sprache, seinen Weg fortzusetzen. Martin ist in den USA für sein soziales Engagement und seine offene Haltung gegenüber der queeren Community bekannt und beliebt. Vor zwei Jahren hatte ihn der Papst Franziskus zu einer Privataudienz empfangen.
In dem Brief schrieb nun der Heilige Vater: «Gott nähert sich jedem seiner Kinder mit Liebe, allen und jedem einzelnen. Sein Herz steht allen offen.»
Anlass zu dem Schreiben war das von Priester Martin organisierte Webinar «Outreach 2021: LGBTQ Catholic Ministry» am vergangenen Samstag. Franziskus erklärt in dem Brief, Gottes Stil beruhe auf drei Merkmalen: Nähe, Barmherzigkeit und Zärtlichkeit. «Und wenn ich an deine pastorale Arbeit denke, dann sehe ich, dass du immerfort bemüht bist, diesen Stil Gottes nachzuahmen», so der Papst an Martin.
Italiens Regierungschef Mario Draghi hatte am Mittwoch auf das umstrittene Schreiben reagiert und betont, Italien sei ein säkularer Staat und das Parlament deshalb frei in seiner Diskussion. Dem stimmte Parolin zu und erklärte, dass sich der Vatikan nicht einmischen wollte. Die Kirchenmänner sorgten sich um vage Formulierungen in dem Gesetzestext, durch die bestimmtes Verhalten strafbar werden könnte, weil man es als diskriminierend auslegen könnte.
Als Beispiel nannten italienische Medien, dass durch das Gesetz alle Privatschulen, also auch die katholischen, nicht davon befreit wären, den nationalen Tag gegen Homo- und Transphobie zu begehen. «Es geht dem Heiligen Stuhl um den Schutz der Grundrechte der Katholiken und der katholischen Einrichtungen in Italien», erklärte der Kirchenrechtler Pater Ulrich Rhode der Deutschen Presse-Agentur. Das Gesetz hat erst eine der beiden Parlamentskammern passiert. Seit Monaten streiten Politiker*innen und Aktivist*innen darüber. (mit dpa)
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