«Wir sind immer darauf bedacht, der Community etwas zurückzugeben»
Am Wochenende findet mit der Zurich Pride die grösste LGBTIQ-Veranstaltung der Schweiz statt
Zentraler gehts nicht: Im Jubiläumsjahr schlägt das Zurich Pride Festival auf dem Bürkli- und Sechseläutenplatz seine Zelte auf. Für Vereinspräsidentin Lea Herzig verspricht die Lage eine erhöhte Sichtbarkeit der Community.
2019 ist ein bedeutendes Jahr für die Schweizer LGBTIQ-Community. Nebst 50 Jahren Stonewall steht auch das 25-jährige Jubiläum der Zurich Pride – vormals CSD Zürich – an.
Während mehrerer Jahre war das Festival auf dem Turbinenplatz und dem Kasernenareal im westlichen Teil der Stadt zuhause, für das Jubiläumsjahr konnte das Organisationskomitee sowohl die Stadthausanlage auf dem Bürkliplatz als auch den Sechseläutenplatz im Kreis 1 gewinnen.
Die Location dürfte ein vorläufig einmaliges Gastspiel werden. «Unser Jubiläum ist der einzige Grund, weshalb wir die beiden Plätze bekommen haben», sagt Lea Herzig, Präsidentin des Vereins Zurich Pride Festivals, gegenüber der Mannschaft. Man habe den Standort bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt beantragt, gerade weil die Auflagen und entsprechenden Gebühren im Kreis 1 im Gegensatz zu den bisherigen Örtlichkeiten bedeutend höher ausfallen würden.
«Hinter den Konzepten steckt sehr viel Arbeit – eine gigantische Aufgabe für ein ehrenamtlich tätiges Team.» Schlussendlich habe sich die Zürcher Stadtregierung höchstpersönlich im Sinne der Zurich Pride entschieden.
Zwei Plätze für unterschiedliche Bedürfnisse Mit dem Bürkli- und dem Sechseläutenplatz habe man einer der «schönsten Flecken der Stadt» ergattern können. «Die Pride mit der Quaibrücke, dem Opernhaus, dem See und dem Fluss als Kulisse zu feiern – bei schönem Wetter sogar mit Bergpanorama – ist nicht selbstverständlich», sagt Herzig.
Für die Stadthausanlage auf dem Bürkliplatz sind die Infostände der LGBTIQ-Organisationen und die Politikbühne vorgesehen, auf dem Sechseläutenplatz sollen die Festivalbühne und die Mehrheit der Barbetriebe stehen. Zwischen den beiden Plätzen liegen die Quaibrücke und ein rund 600 Meter langer Fussweg.
UMFRAGE: Bist du ein Pride-Tourist?
Ob die räumliche Trennung des Festivals eine Spaltung der Besucher*innen in zwei Lager zur Folge hat? «Nein. Es ist wichtig und richtig, dass wir mehr als nur einen Platz haben», sagt Herzig. «Während die einen eher Lust auf Party haben, besteht bei den anderen ein Bedürfnis nach Politik und Austausch. Das war schon immer ein Wunsch der Community. Mit dieser Lösung wird man beiden Anliegen gerecht.»
Der grösste Vorteil der beiden Plätze sei jedoch die zentrale Lage, so Herzig. «Der Standort ermöglicht nicht nur eine gute Erreichbarkeit für alle Besucher*innen, sondern garantiert der Community und ihren Anliegen auch die bestmögliche Sichtbarkeit innerhalb der Stadt Zürich.»
Gute Lage und farbige Signalisationen Für erhöhte Sichtbarkeit sollen auch die Bestrebungen der Stadt sorgen, die mit regenbogenfarbenen Signalisationen und Markierungen auf die Pridewoche hinweisen wird. Die Stadt damit beauftragt hatte ein Postulat der Politiker*innen Alan David Sangines und Simone Brander, das im März vom Gemeinderat überwiesen wurde.
Letzten Freitag war es dann soweit. Über Nacht hatte die Stadt den Bürkli- und Sechseläutenplatz im Geiste der Pride verwandelt. Zahlreiche Piktogramme, Schilder sowie Bemalungen in den Farben der Regenbogen- und der Transfahne warten nun darauf, von Fussgänger*innen entdeckt zu werden.
«Die Stadt zeigt grosses kreatives Engagement und hat an verschiedenen Ideen gearbeitet. Alan und ich sind mega happy», sagt Herzig.
Mehr Freiwillige Gegenüber dem Vorjahr konnte der Verein Zurich Pride Festival mehr Freiwillige gewinnen. «Wir haben Personen bei uns, die sich als nicht-binär oder trans identifizieren, und das neue History Zelt aufbauen», sagt Herzig. Anhand eines Zeitstrahls sollen historische Ereignisse zusammengefasst werden, die für die LGBTIQ-Community von zentraler Bedeutung sind. «Im Team sind auch ganz junge Nasen dabei, die Geschichte studieren. Gemeinsam mit Hans-Peter Waltisberg, der viel Erfahrung aus der Szene mitbringt, gewinnen wir viel Know-how.»
Die Pride-Ausgabe der MANNSCHAFT ist da!
In den letzten Jahren konnte der Verein einen Gewinn im fünfstelligen Bereich verzeichnen. Ein Teil wird nun im Rahmen des Jubiläumsjahres der Zurich Pride und der Stonewall-Aufstände eingesetzt, unter anderem um für die höheren Gebühren und Aufwände im Kreis 1 aufzukommen.
Lea Herzig betont, dass auch die Community von der finanziell guten Lage der Zurich Pride profitieren werde. Zuerst wolle man auf ein erfolgreiches Festival mit gutem Wetter und ohne Zwischenfälle hoffen. «Im Vergleich zu früheren Jahren haben wir jetzt viel mehr Risikoposten. Klopfen wir also auf Holz!», sagt sie. «Ich will noch nicht vorgreifen, wie viel Geld am Ende übrig bleiben wird. Aber wir sind immer darauf bedacht, der Community etwas zurückzugeben und LGBTIQ-Projekte zu unterstützen.»
Die Präsidentin weist darauf hin, dass man auch dieses Jahr den «Pro Refugee»-Bereich weiterführe, indem man Geflüchteten eine Teilnahme an der Pride inklusive sprachlicher Unterstützung ermögliche. Zudem habe man einen Solidaritätsfonds gegründet, um für Menschen mit beschränkten finanziellen Mitteln die Reisekosten an die Pride zu übernehmen. «Ich kann dieses Angebot nicht oft genug erwähnen», sagt sie. «Wer sich Sorgen über die Kosten der Anreise macht, soll sich bitte unter [email protected] melden. Die Pride ist ein Anlass, der für alle da ist.»
Dieser Artikel in der Juni-Ausgabe der MANNSCHAFT erschienen. Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz.
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