Viele LGBTIQ beim Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet
Unter anderem wurden «Tagesthemen»-Chef Helge Fuhst und Dragqueen Olivia Jones geehrt
Bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises zeichnet sich ein Trend ab, der öffentlich-rechtliche und private TV-Sender beunruhigen könnte: In bedeutenden Sparten gehen die Preise an Streamingdienste.
Streamingdienste haben dieses Jahr beim Deutschen Fernsehpreis in wichtigen Kategorien gewonnen. So holte sich die Netflix-Serie «Kleo» über eine DDR-Auftragskillerin gleich zwei Auszeichnungen, einmal als «beste Drama-Serie» und mit Hauptdarstellerin Jella Haase auch den Preis für die «beste Schauspielerin».
«Bester Schauspieler» wurde Philip Froissant, der in der Netflix-Serie «Die Kaiserin» über Elisabeth von Österreich den Kaiser verkörpert, also Sisis Mann (MANNSCHAFT berichtete). «King of Stonks», ebenfalls Netflix, überzeugte die Jury in der Kategorie «Beste Comedy-Serie». «Beste Doku-Serie» wurde Joko Winterscheidts «The World’s Most Dangerous Show» (Amazon Prime Video).
Der Deutsche Fernsehpreis wurde am Donnerstagabend in Köln verliehen. Zur Statistik hiess es von den Verleiher*innen: «sieben Auszeichnungen an das ZDF, sechs an Netflix, fünf an RTL Deutschland und jeweils vier an die ARD sowie an ProSiebenSat.1». Zwei Preise entfielen zudem auf Prime-Video-Produktionen und jeweils einer auf Sky und auf Joyn.
«Weltoffene» Nachrichtenprogramme Dafür dominieren die klassischen Fernsehsender im Informationsbereich: Eine gewichtige Trophäe ging an die ARD und die «Tagesthemen»-Ausgabe aus Kiew sechs Monate nach Kriegsbeginn (Beste Information). Die Idee zu dieser Ausgabe hatte «Tagesschau/Tagesthemen»-Chef Helge Fuhst, der den Preis zusammen mit Caren Miosga in Köln entgegen nahm. Fuhst hatte erst kürzlich in der Talksendung «Salon Schinkelplatz» über die Bedeutung von LGBTIQ-Sichtbarkeit in den Medien gesprochen und dabei gesagt, dass er sich früher immer wieder gefragt habe, wo es denn Vorbilder an nicht-heterosexuellen Personen in den Medien gebe.
Gerade in Medien wie «Tagesschau» und «Tagesthemen», die für sich reklamierten, «weltoffen» zu sein. Fuhst hätte sich als schwuler Jugendlicher jemanden in den Nachrichten gewünscht, über den nicht nur getuschelt wird, sondern jemanden, der einfach sagt: «Ja, so ist es» (MANNSCHAFT berichtete). An diese Maxime hält er sich seither selbst.
Auch der Journalist Arndt Ginzel wurde für seine Berichterstattung zum Ukraine-Krieg im ZDF geehrt (Beste Einzelleistung Information). Als «bestes Infotainment-Format» wurde «Sterben für Anfänger» von RTL prämiert: In der Doku-Reihe beschäftigten sich Steffen Hallaschka und Dragqueen Olivia Jones mit dem Tod (MANNSCHAFT berichtete).
«Beste Sportsendung» wurde die WM-Berichterstattung des ZDF, weil diese auch politische Aspekte des Turniers in Katar nicht ausgespart habe. «Beste Dokumentation/Reportage» war für die Jury die Pro-Sieben-Produktion «Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban» von Thilo Mischke.
Bill und Tom Kaulitz gewinnen mit «bester Unterhaltungsshow» «Bester Fernsehfilm» wurde «Die Bürgermeisterin» (ZDF) mit Anna Schudt als ehrenamtlicher Lokalpolitikerin, die sich für Flüchtlinge engagiert. Die Musiker und Moderatoren Bill und Tom Kaulitz gewannen in der Kategorie «beste Unterhaltungsshow». Die Mitglieder der Band Tokio Hotel setzten sich mit ihrer Sendung «That’s my Jam mit Bill und Tom Kaulitz» (RTL+) gegen «Wer stiehlt mir die Show?» (ProSieben) und «Die Giovanni Zarella Show» (ZDF) durch.
Die Gala fand im Stadtteil Ossendorf statt, der vor allem für eine Abfallverwertungsanlage, ein Möbelhaus und ein Hochsicherheitsgefängnis bekannt ist. Komiker Luke Mockridge nutzte die Gelegenheit für ein Comeback in der Medienöffentlichkeit: «Es ist immer schön, die Branche zu sehen und nach zwei Jahren Pause in die Arme dieser sehr nächstenliebenden Medienblase zurückzukommen.» Der 34-Jährige kam an der Seite seines Kollegen Oliver Pocher (45), der nach der Trennung von seiner Frau Amira erstmals wieder als Single zu einer Preisgala erschien.
Der Fernsehpreis wurde vor 25 Jahren erfunden und dann 1999 erstmals verliehen. Der bekannteste Moment war wohl 2008, als der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) die ihm zugedachte Trophäe mit den Worten ablehnte: «Ich nehme diesen Preis nicht an! Ich habe nicht gewusst, was hier auf mich wartet.»
Die 30 Preise des Deutschen Fernsehpreises 2023 im Überblick – berücksichtigt wurden Formate, die zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 30. Juni 2023 veröffentlicht wurden:
Fiktion
– Bester Fernsehfilm: «Die Bürgermeisterin» (ZDF/Network Movie)
– Bester Mehrteiler: «Der Schwarm» (ZDF/Intaglio Films/ndF IP)
– Beste Drama-Serie: «Kleo» (Netflix/Zeitsprung Pictures)
– Beste Comedy-Serie: «King of Stonks» (Netflix/btf)
– Beste Schauspielerin Jella Haase für «Kleo» (Netflix)
– Bester Schauspieler: Philip Froissant für «Die Kaiserin» (Netflix/Sommerhaus Serien)
– Beste Regie Fiktion Nina Vukovic für «Der Schatten» (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction)
– Bestes Buch Fiktion: Natalie Scharf für «Gestern waren wir noch Kinder» (ZDF/Seven Dogs Filmproduktion)
– Beste Kamera Fiktion: Tim Kuhn für «Luden – Könige der Reeperbahn» (Prime Video/NEUESUPER)
– Bester Schnitt/Montage Fiktion: Rainer Nigrelli, Florian Böttger, Christoph Otto für «King of Stonks» (Netflix/btf)
– Beste Musik Fiktion: Christoph Schauer, Max Filges für «Höllgrund» (ARD/SWR/Studio Zentral)
– Beste Ausstattung Fiktion: Gabriela Reumer (Kostüm), Matthias Müsse (Szenenbild) für «Die Kaiserin» (Netflix)
Unterhaltung
– Beste Unterhaltung Show: «That’s my Jam mit Bill und Tom Kaulitz» (RTL+/SEO Entertainment)
– Beste Comedy/Late Night: «TV Total» (ProSieben/Raab TV/Brainpool)
– Bestes Factual Entertainment: «Zum Schwarzwälder Hirsch – eine aussergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer» (Vox/Vitamedia Film)
– Beste Unterhaltung Reality: «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» (RTL/ITV Studios Germany)
– Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung: Barbara Schöneberger für «Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool» (ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)
– Beste Regie Unterhaltung: Mark Achterberg für «Die Giovanni Zarrella Show» (ZDF/Bavaria Entertainment) und «Let’s Dance» (RTL/Seapoint/BBC Studios)
– Bestes Buch Unterhaltung: Jakob Lundt für «Wer stiehlt mir die Show?» (ProSieben/Florida Entertainment)
– Beste Ausstattung Unterhaltung: Angel Garcia (Kostüme Tänzer:innen) für «The Masked Singer» (ProSieben/Endemol Shine)
Information
– Beste Information «Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine – tagesthemen live aus Kiew» im August 2022 (ARD)
– Bestes Infotainment: «Sterben für Anfänger» (RTL+/I&U TV Produktion)
– Beste Dokumentation/Reportage: «Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban» (ProSieben/PQPP2)
– Beste Doku-Serie: «Joko Winterscheidt Presents: The World’s Most Dangerous Show» (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)
– Beste persönliche Leistung Information: Arndt Ginzel für die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ZDF)
– Beste Kamera Information/Dokumentation: Nicolai Mehring für «Erfundene Wahrheit – Die Relotius-Affäre» (Sky/Kinescope Film/Sky Studios)
– Bester Schnitt/Montage Information/Dokumentation: André Nier, Sarah-Christin Peter für «Reeperbahn Spezialeinheit FD65» (ARD/NDR/SWR/WDR/rbb/gebrueder beetz/OneGate Media)
Sport
– Beste Sportsendung: «Fifa Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022» (ZDF)
Förderpreis für Bruno Alexander, Emil Belton, Oskar Belton, Leonard Fuchs und Max Mattis für ihre Serie «Intimate.» (Joyn/Kleine Brüder/Pyjama Pictures)
Ehrenpreis der Stifter: Michael «Bully» Herbig
Verschiedene Golfstaaten haben Netflix zum «offiziellen Sponsor von Homosexualität» erklärt und kündigten offizielle Massnahmen gegen ein vermeintlich zu diverses Angebot an (MANNSCHAFT berichtete)
Das könnte dich auch interessieren
Referendum
Basel lässt sich den ESC nicht vermiesen
Der Contest wurde als «Propagandaplattform» für Queers geschmäht. 2025 kommt er in die Schweiz
Von Newsdesk/©DPA
Religion
Schweiz
Kultur
Eurovision Song Contest
Österreich
Nach Eurogames: Wien fördert auch 2025 verstärkt LGBTIQ-Projekte
Die Eurogames in Wien hatten eine internationale Ausstrahlung. Vizebürgermeister Wiederkehr will auch deshalb künftig LGBTIQ-Projekte weiter fördern.
Von Newsdesk Staff
Kultur
Ausstellung
Retrospektive Nan Goldin: Eine Pionierin der queeren Fotografie
Nan Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. Eine Berliner Ausstellung widmet ihr eine Retrospektive – mit intimen Einblicken in das Leben der US-Fotografin.
Von Newsdesk/©DPA
Kultur
Kunst
Fotografie
TV
Nach Trump-Wahl: Ellen DeGeneres und Portia de Rossi «hauen ab»
Ellen DeGeneres und ihre Ehefrau Portia de Rossi haben angeblich die USA verlassen und sollen nach England gezogen sein. Der Umzug erfolgte offenbar als Reaktion auf Donald Trumps Wahlsieg.
Von Newsdesk Staff
Lesbisch
Kultur