Leichte Zunahme von neuen HIV-Infektionen bei MSM in Deutschland

Vom 22. bis 26. Juli findet in München die Welt-Aids-Konferenz statt

Bild: Klaus Nielsen, Pexels
Bild: Klaus Nielsen, Pexels

2023 gab es bei Männern, die mit Männern Sex haben (MSM), einen leichten Anstieg bei neuen HIV-Infektionen. Der Trend sei trotzdem rückläufig, so das Robert-Koch-Institut (RKI).

Bei MSM lag 2023 die Anzahl von HIV-Neuinfektionen bei rund 1200, 2022 betrug sie etwa 1100. Die neuen Zahlen liegen jedoch immer noch tiefer als vor der Pandemie 2019 (1400). Dies geht aus dem Epidemiologischen Bulletin des RKI vor, das kurz vor der Welt-Aids-Konferenz AIDS2024 in München vom 22. bis 26. Juli erscheint. Berücksichtigt werden Neuinfektionen in Deutschland und von Menschen deutscher Herkunft, die sich im Ausland angesteckt haben.

Insgesamt meldet das RKI 2200 neue HIV-Infektionen für 2023. Im Vorjahr betrug die Zahl zirka 1900. Somit liege der Stand der HIV-Neuinfektionen in Deutschland 2023 wieder ungefähr auf dem Niveau wie vor der Covid-19-Pandemie, schreibt das RKI in einer Medienmitteilung. Die geschätzten Zahlen liegen bei allen Übertragungswegen wieder höher als während der Corona-Jahre, die von Kontaktbeschränkungen und ausgedünnten Testangeboten geprägt waren.

Obwohl die Zahl der Neuinfektionen bei MSM höher liegt als im Vorjahr, sei der Trend über einen grösseren Zeitraum betrachtet rückläufig. Die Zahl der HIV-Infektionen bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen hingegen steigt seit 2010 kontinuierlich an. Eine leichte Steigerung gab es auch bei heterosexuellen Übertragungen, wobei die Schätzzahl laut RKI mit methodischen Unsicherheiten behaftet ist; ob ein realer Anstieg dahinter stecke, müsse sich erst noch zeigen.

«Die neuen Zahlen verweisen deutlich auf Stärken und Schwächen der deutschen HIV-Prävention. Wirksame Methoden gilt es nun zu verstärken, Lücken dringend zu schliessen», sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH). «Die Erfolge bei schwulen Männern machen Mut, könnten aber noch grösser sein. Der Anstieg bei Drogen konsumierenden Menschen ist besorgniserregend und verlangt dringend nach Antworten in der Prävention.»

Laut RKI ist die medikamentöse HIV-Prophylaxe Prep erfolgreich, erreicht aber noch lange nicht alle Menschen, die sich damit vor HIV schützen könnten. Bisher wird die so genannte Prä-Expositionsprophylaxe vor allem von schwulen Männern genutzt. Aber auch andere Menschen könnten davon profitieren. So ergab kürzlich beispielsweise eine Studie der Deutschen Aidshilfe, dass viele Sexarbeiterinnen wenig über die Prep wissen, teilweise aber grosses Interesse daran haben, wenn sie davon hören.

«Bei der Prep müssen wir zweigleisig fahren: Zum einen gilt es, dass alle Menschen davon erfahren, für die Prep in Frage kommt. Zum anderen ist die Versorgungsstruktur noch nicht stark genug. Wir brauchen mehr Prep-verordnende Praxen, um lange Fahrwege und Wartezeiten zu vermeiden. Dafür müssen die Hürden für Ärzt*innen, die Prep als Kassenleistung verordnen wollen, weiter gesenkt werden», erklärt DAH-Vorstand Warminsky.

Testangebote ausbauen Die Zahl der HIV-Diagnosen, die erst nach schweren Immunerkrankungen gestellt werden, sei mit einem Drittel der HIV-Neudiagnosen weiterhin zu hoch, so die Medienmitteilung des RKI. Die Zahl der Menschen, die ohne ihr Wissen mit HIV leben, ist allerdings gesunken, sie liegt jetzt laut RKI bei etwa 8200. Rund 92 Prozent der HIV-Infektionen in Deutschland sind bereits diagnostiziert, von den Diagnostizierten sind 99 Prozent in Behandlung, bei 96 Prozent der Behandelten ist die Therapie erfolgreich, HIV ist dann auch nicht mehr übertragbar.

Insbesondere bei schwulen Männern haben spezifische Testangebote Erfolg gezeigt: HIV wird bei vielen früher diagnostiziert und behandelt. Dies schützt deren Gesundheit und verhindert weitere HIV-Übertragungen.

«Dieses Erfolgsmodell sollte noch stärker auf andere Gruppen übertragen werden: Passgenaue, vertrauenswürdige Testangebote für spezielle Communitys sind ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg», betont Sven Warminsky.

Bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen ist ein Ausbau dringend geboten: Dort steigt die Zahl der Spätdiagnosen. Die Studie zur sexuellen Gesundheit von Sexarbeiter*innen ergab, dass die Angebote des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für diese Gruppe eine wichtige Rolle spielen, aber noch besser auf deren Bedürfnisse ausgerichtet werden sollten.

Das Robert-Koch-Institut betont ausserdem, Einsende- und Selbsttestangebote sollten gestärkt werden. Die Deutsche Aidshilfe bietet seriöse Einsendetests unter dem Namen s.a.m health an. In den rund 70 Community-basierten Testeinrichtungen des Verbandes gehören sowohl klassische Tests auf HIV und Geschlechtskrankheiten als auch HIV-Selbsttests unter fachkundiger Anleitung zum Programm.

Mehr: Ob vor der Kamera, auf der Theaterbühne, als Kolumnist: Daniel Zillmann ist umtriebig, charmant und offen queer. Ende September moderiert er im Berliner Theater des Westens die First Steps Awards (MANNSCHAFT berichtete).

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