Vorwurf an Sydneys Zoo: Pinguinpaar gezielt «schwul gemacht»
Konservative behaupten, Sphen und Magic seien «manipuliert» worden für Propagandazwecke
Der australische Politiker Lyle Shelton, Vorsitzender der Family-First-Partei, unterstellt dem Sea-Life-Aquarium, die Pinguinmännchen Sphen und Magic bewusst «manipuliert» zu haben, um sie «schwul» zu machen. Dadurch, dass jetzt Kinder im Zoo dieses gleichgeschlechtliche Paar bestaunen, würden diese indoktriniert.
Es geht um eines der bekanntesten Paare der Tierwelt: Sphen und Magic, liebevoll auch «Sphengic» genannt. Die beiden Pinguine leben im Aquarium von Sydney, das zum lokalen Zoo gehört. Sie locken seit Jahren Besucher*innen an. Denn: Die beiden haben sich als Partner zusammengetan. Gemeinsam haben Sphen und Magic bereits zwei Küken aufgezogen, was weltweit Schlagzeilen machte (MANNSCHAFT berichtete).
Aufgrund ihrer Bekanntheit hat der australische Bundesstaat New South Wales – in einer Kooperation des Aquariums und der NSW Teachers Federation, also der Vereinigung von Lehrer*innen im Teilstaat – die beiden Pinguine in den Schullehrplan aufgenommen als Beispiel für gleichgeschlechtliche Beziehungen in der Tierwelt, die demnach nicht so widernatürlich sind, wie fundamental-christliche Gruppen oft behaupten.
Die NSW Teachers Federation betonte in einer Social-Media-Aktion vor einer Woche, dass Liebe eben «in allen Formen und Formaten» vorkomme. Diese Botschaft wird an Kindergartenkinder und Schulkinder bis zur zweiten Klasse vermittelt, mit Aquariumsbesuchen, aber auch mit Videos und weiterem Anschauungsmaterial, das auf Youtube und Facebook, Instagram usw. geteilt wird. Worauf sich unmittelbar Protest in sozialen und anderen Medien regte.
«Kühn und bedingungslos» Lyle Shelton war lange Zeit Direktor der Australian Christian Lobby (ACL), die sich u.a. gegen die gleichgeschlechtliche Ehe starkmacht (sie engagiert sich auch gegen Spielautomaten und dergleichen mehr). 2022 wurde Shelton Anführer der Family First Party, die erst ein Jahr zuvor neu gegründet worden war und sich «kühn und bedingungslos» für den Erhalt von traditionellen Familienmodellen einsetzt.
Shelton wirft dem Zoo in Sydney nun vor, das Zusammenleben des Pinguinpaars sei die Folge von «Schäden», die entstanden seien, als sich Menschen in die Verhältnisse der Tierwelt «eingemischt» hätten. Das Resultat würde jetzt «unseren jüngsten und am stärksten zu beeindruckenden Kindern» im Rahmen von Bildungmassnahmen vorgeführt, mit einem Lehrplan, der darauf abziele, gleichgeschlechtliche Beziehungen und Regenbogenfamilien («diverse parenting arrangements») zu propagieren.
Konkret nimmt Shelton Anstoss daran, dass man den beiden Pinguinen ein Ei zum Ausbrüten gegeben hat. «Dadurch sind sie animiert worden zusammenzubleiben, auch für zukünftige Brutzyklen», so der 53-jährige Politiker. Denn in 90 Prozent der Fälle blieben Eselspinguinen (auch Rotschnabelpinguine genannt) mit ihren Brutpartner*innen zusammen, betont Shelton. «Das hat unmittelbar zur Folge, dass Sphen und Magic aufgehört haben, eine weibliche Partnerin zu suchen.»
«Wahrer Horror» «Family First steht allen Formen von Propaganda entgegen, die in Schulen unterrichtet wird, ganz besonders, wenn es um Diskussionen rund um Sexualität und von der Heteronorm abweichende Beziehungen geht», so Shelton in einem Statement auf der Webseite seiner Partei.
Der «wahrer Horror» für die beiden Pinguine sei jedoch, dass ihre fabrizierte Liebesgeschichte nun benutzt werde, um gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu bewerben.
«Als Erwachender ist es einfach, solch eine Geschichte einfach zur Kenntnis zu nehmen, den Kopf zu schütteln und sie dann als absoluten Müll wieder zu vergessen», schreibt Shelton. «Aber welche Wahl haben Kinder, wenn ihnen so etwas im Kindergarten und in der Grundschule als Teil des Lehrplans beigebracht wird?»
Empfehlung an Eltern: «achtsam» sein! Für die Family First Party sei es daher fortan eine Priorität, entsprechende Elemente aus dem Lehrplan zu entfernen, betont Shelton. Bis das geschehe, sollten Eltern in New South Wales «achtsam» sein, warnt Shelton: «Der nächste Schulausflug zum Sea-Life-Aquarium in Sydney ist definitiv einer, an dem Ihre Kinder nicht teilnehmen sollten.»
Unerwähnt bleibt dabei, dass Forscher*innen bereits 1911 bei einer Expedition in die Antarktis mann-männliche Pinguinpärchen entdeckt hatten. Entsprechend gibt es nicht nur im Aquarium bzw. Zoo von Sydney «schwule» Pinguinpärchen, sondern auch in den USA, in Dänemark und in Japan. Ein Pärchen lebt in Deutschland im Zoo von Bremerhaven. Dort haben die beiden Männchen 2009 ein Küken adoptiert und grossgezogen. Ein weiteres Männerpaar findet sich im Zoo von Frankfurt (MANNSCHAFT berichtete).
Eine homosexuelle Dreierbeziehung aus San Diego bekam zwei Kinder, in deren Geburtsurkunden die Namen von drei Vätern eingetragen sind (MANNSCHAFT berichtete).
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