16% der LGBTIQ-Sportler erleben Beleidigung und Mobbing
16% der aktiven Sportler*innen haben persönliche negative Erfahrungen im Sport aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gemacht
RB-Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann hat sich für ein Coming-out schwuler Fussballer stark gemacht. Doch das ist leichter gesagt als getan: Denn LGBTIQ-Sportler*innen erleben verschiedene Formen von Diskriminierung, wie eine europäische Umfrage zeigt.
Der Trainer des RB Leipzig, Julian Nagelsmann, hat sich für ein Coming-out schwuler Fussballer stark gemacht: «Wenn mir ein homosexueller Spieler sagen würde: ‚Ich bin nicht frei und kann mich in meiner Leistung nicht entwickeln‘ – dann würde ich ihm sagen: ‚Oute dich, steh dazu!‘ Ich habe damit gar kein Problem», so der Trainer laut Bild bei der Weihnachtsfeier des queeren Fanclubs «Rainbow Bulls». Sein Verein hat in diesem Sommer die Berliner Erklärung der Initiative Fussball für Vielfalt unterzeichnet (MANNSCHAFT berichtete).
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«Ich glaube, dass man, wenn man seine Sexualität nicht outen darf, auch nicht frei leben kann. Es gibt dann zu viele Ängste. Wenn du dich immer verstecken musst in deiner Liebe, ist das ein grosses Problem», so Nagelsmann. Er gab aber auch zu bedenken: «Wir müssen uns nichts vormachen: Die Fussballwelt ist eine Männerdomäne, in der nicht jeder offen für gleichgeschlechtliche Liebe ist.» Kürzlich berichtete der offen schwule Schiedsrichter Ryan Atkin, der wisse von LGBTIQ-Kickern, die sich nicht zu outen wagen (MANNSCHAFT berichtete).
LGBTIQ-Sportler befragt Dass Sport in seinen vielen Facetten kein diskriminierungsfreier Raum ist, zeigt das EU-Projekt OUTSPORT, das kürzlich die Ergebnisse der Gesamtstudie mit mehr als 5.500 Befragten sowie die Handlungsempfehlungen für den organisierten Sport präsentiert hat. In einem Sportsystem, das geprägt sei von einer binären Geschlechterordnung und Geschlechterstereotypen, fühlten sich LGBTIQ-Personen verunsichert und teilweise diskriminiert, sodass sie an der aktiven Teilnahme am Sport oftmals gehindert würden, hiess es in einer Erklärung der Deutschen Sporthochschule Köln. Daneben waren beteiligt: die Italian Association for Culture and Sport (AICS), LEAP Sports Scotland, das Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) und FRIGO Hungary.
Bei der ersten europäischen LGBTIQ-Sportumfrage zeigte sich: 16% der aktiven Sportler*innen haben in den letzten 12 Monaten persönliche negative Erfahrungen im Sport aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gemacht. Die homo- bzw. transphoben Vorfälle treten in unterschiedlichen Formen und Häufigkeiten auf. In den meisten Fällen handelt es sich um verbale Anfeindungen und strukturelle Diskriminierung, aber auch verbale Bedrohungen, digitales Mobbing sowie körperliche Übergriffe finden statt. Transpersonen (40%) sind insgesamt häufiger betroffen als Cisgender (9%).
Übergeordnetes Ziel des europaweiten Verbundprojekts war es, Strategien und weiterbildende Massnahmen zu entwickeln, um Diskriminierung und Gewalt im Sport aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität entgegenzuwirken. Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und Intersexuellen soll die Teilnahme am Sport auf allen Ebenen erleichtert werden. Dazu wurden in der ersten Studie mittels Online-Befragung mehr als 5.500 LGBTI* aus allen 28 EU-Staaten zu ihren Erfahrungen im Sport befragt. In der zweiten Studie wurden Vertreter*innen von 15 Sportverbänden, Sportbünden und Dachorganisationen aus den fünf Projektländern zu ihren Strategien zur Bekämpfung von homo-/transphober Diskriminierung im Sport interviewt.
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Die überwiegende Mehrheit der Befragten empfindet Homo- und Transphobie als Problem im Sport; insbesondere in den Mannschaftssportarten ist ein homo- und transphober Sprachgebrauch weit verbreitet. Als Konsequenz daraus versteckt ein Drittel der sportlich Aktiven ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität im Rahmen ihrer Sportaktivitäten. Anlaufstellen, die man bei Problemen und negativen Erfahrungen kontaktieren könnte, kennen mehr als ein Drittel der Befragten nicht.
«Die Diskriminierung von LGBTIQ ist ein gesamtgesellschaftliches Problem», so die Studienleiterin an der Deutschen Sporthochschule, Professorin Ilse Hartmann-Tews. «Daher sollte sich jede Person für die Etablierung einer wertschätzenden Kultur mitverantwortlich fühlen.» Für den organisierten Sport empfiehlt die Studie eine offene und proaktive Haltung der Akteur*innen in Verbänden und Sportbünden zu Fragen sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
Am 31. Dezember endet das Verbundprojekt von fünf europäischen Projektpartnern nach dreijähriger Laufzeit. Ergebnisse werden nun auf unterschiedlichen Ebenen präsentiert und diskutiert, so u.a. bei der Abschlusskonferenz von OUTSPORT in Budapest, einer internationalen Tagung zur Situation von LGBTI* im Sport in Barcelona, dem Sportausschuss des NRW Landtags in Düsseldorf sowie der Bundesnetzwerktagung queerer Sportvereine (BuNT) in Hamburg.
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