Serie «Luden» – Sexuelle Revolution auf der Hamburger Reeperbahn
U.a. mit einer trans Figur, die es als Kind eines amerikanischen GIs schwer hat
Sexuelle Revolution, Drogen und Disco-Welle: Anfang der 1980er Jahre wird die Hamburger Reeperbahn zur Partymeile. Auch die Jungs von der Nutella-Bande träumen von schnellen Autos, viel Geld und Ruhm.
Von: Carola Grosse-Wilde, dpa
So eine Hochzeit dürfte es selten geben: In den Kirchenbänken sitzen Zuhälter mit Schnäuzern, langen Haaren und getönten Sonnenbrillen neben ihren Mädchen in grell-bunter Aufmachung und knappen Outfits. Der Bräutigam trägt blonde Dauerwelle, Koteletten und einen weissen Anzug. Als er den Schleier seiner Braut lüftet, greift diese ihm beherzt in den Schritt und sie küssen sich leidenschaftlich: Willkommen auf der Luden-Hochzeit vom schönen Klaus und seiner Heike auf Hamburg-St. Pauli der 1980er Jahre.
Mit der sechsteiligen Serie «Luden – Könige der Reeperbahn» erweckt Amazon Prime Video die Hamburger Reeperbahn der 1980er Jahre zu neuem Leben. Glaubwürdig und mit einer grossen Sympathie für die einzelnen Figuren erzählt die spannende Serie, die auf wahren Begebenheiten beruht, vom Leben «auf der geilen Meile» und vom rasanten Aufstieg und Fall der Nutella-Bande rund um den schönen Klaus und seine Freunde. Dabei wird das Leben im Rotlicht-Milieu nicht verklärt, sondern auch die gnadenlose Härte wiedergegeben.
Klaus Barkowsky (Aaron Hilmer), genannt der schöne Klaus, an dessen Lebensgeschichte sich die Serie anlehnt, ist ein junger Typ, der bei den Frauen gut ankommt. Noch wohnt er auf dem Klo einer heruntergekommenen Kneipe auf St. Pauli, träumt jedoch davon, einmal gross rauszukommen.
Als er die erfahrene Prostituierte Jutta (Jeanette Hain) kennenlernt, steht für ihn fest: «Ich muss Lude werden!» Zusammen mit seinen Freunden Bernd (Noah Tinwa) und Andi (Henning Flüsloh) gründet er die Nutella-Bande, mischt den Kiez gehörig auf («Scheiss‘ auf die Regeln») und schreckt auch nicht davor zurück, sich mit den konkurrierenden Luden der GMBH anzulegen.
Der Hamburger Schauspieler Aaron Hilmer, der mit dem Antikriegsfilm «Im Westen nichts Neues» gleich für mehrere Oscars nominiert ist, beschreibt Klaus als «wahnsinnig komplexe Figur». «Es gibt Menschen, die glauben ihren eigenen Lügen», sagte Hilmer der Deutschen Presse-Agentur. So ein Mensch sei auch die Figur Klaus. «Er ist wahnsinnig berechnend, gleichzeitig aber auch ein Sunnyboy, der es immer hinbekommt, die Probleme beiseite zu schieben und trotzdem zuversichtlich weiterzumachen», sagte der 23-Jährige. Zur Vorbereitung habe er ein paar Fotos von Klaus Barkowsky benutzt, die sehr ausdrucksstark sind. «Das hat mir schon gereicht.»
Schauspielerin Jeanette Hain verleiht der Prostituierten Jutta, aus deren Blickwinkel die Geschichte erzählt wird, zahlreiche Facetten: mal stolz und unabhängig, dann wieder zart und zerbrechlich, gibt sie ihrer Figur eine wahnsinnige Tiefe. Aber auch die anderen Darsteller überzeugen: Henning Flüsloh als Andi, der davon träumt, einmal Boxer zu werden, und von Hanne Kleine (Tim Wilde) in der Kneipe «Zur Ritze» trainiert wird und Noah Tinwa als Bernd, der es als Sohn einer Deutschen und eines amerikanischen GIs doppelt schwer hat, zu seiner Transsexualität zu stehen.
Keiner will eine Hure in der Familie haben, also wird das Milieu deine Familie
Auch Manu (Lena Urzendowsky) und Heike (Lara Feith) sind auf der Suche nach Liebe und hoffen, auf dem Kiez so etwas wie Halt zu finden (Jutta: «Keiner will eine Hure in der Familie haben, also wird das Milieu deine Familie»). Mit schnellen, harten Bildern und Schnitten, ungeschönten Filtern und dem perfekten 80er-Jahre-Setting hat man als Zuschauer das Gefühl, hautnah dabei zu sein. Dadurch, dass die Geschichte aus der Sicht von Jutta erzählt wird, hat sie auch nichts Übergriffiges oder Voyeuristisches. Wie sehr nicht nur die Frauen in dieser Welt des schönen Scheins leiden, wird auch so deutlich.
In «Tár» bekommt Cate Blanchett die Möglichkeit, all ihr Können zu zeigen. Das psychologische Drama verhandelt das aktuell so gegenwärtige Thema des Machtmissbrauchs in der Kulturwelt, aber im Fokus bleibt immer die Hauptfigur (MANNSCHAFT berichtete).
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