Homosexuelle Paare segnen? Das sagen die Schweizer Bistümer

Es entspreche dem Wunsch der Bischöfe, unterschiedliche Beziehungssituationen zu achten

Foto: Henning Kaiser/dpa
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Papst Franziskus hat den Weg für die Segnung homosexueller Paare geebnet. Unsere Umfrage unter den Deutschschweizer Bistümern zeigt: Die Erklärung aus Rom erfreut sich einer breiten Unterstützung.

Mit einem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Schreiben machte Papst Franziskus den Weg frei für die Segnung homosexueller Paare in der katholischen Kirche unter bestimmten Bedingungen. Es ist darin von der «Möglichkeit der Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren» die Rede (MANNSCHAFT berichtete).

Die Erklärung «Fiducia supplicans» wurde vom vatikanischen Dikasterium für die Glaubenslehre veröffentlicht und zuvor von Papst Franziskus gebilligt. MANNSCHAFT wollte von den Deutschschweizer Bistümern und der Gebietsabtei Einsiedeln wissen, wie sie zu dieser Erklärung stehen.

«Sehen unsere Arbeit bestätigt» Besonders erfreut über den Entscheid zeigt sich das Bistum Basel, das grösste der Schweiz, zu dem rund eine Million Katholik*innen und über 500 Pfarreien gehören. Mit dem Arbeitskreis Regenbogenpastoral arbeite man dort nämlich seit einigen Jahren schon auf diese Entwicklung hin. «Und wir sehen diese Arbeit nun bestätigt», sagt Kommunikationsverantwortliche Barbara Melzl. «Insbesondere freuen wir uns mit betroffenen Paaren, dass nun Zugänge geöffnet wurden, einem häufig geäusserten spirituellen Bedürfnis entsprechen zu können.»

Der Bischof von Basel, Felix Gmür, kritisierte das Segnungsverbot bereits 2021 und twitterte, dass es zwar der traditionellen Lehre entspräche, aber die Kirche sich auch weiterentwickeln müsse (MANNSCHAFT berichtete). Der Bischof von St. Gallen, Markus Büchel, sagte damals ebenfalls: «Die Kirche darf niemanden vom Segen ausschliessen.» 2015 forderte er zudem in einem offenen Brief, dass die katholische Kirche für die Homosexualität in ihren Lehren einen Platz finden müsse (MANNSCHAFT berichtete).

Entsprechend würden nun er und die ganze Bistumsleitung in St. Gallen diesen Entscheid von Papst Franziskus begrüssen. «Sexualität qualifiziert keine Person. Wichtig sind die Werte, die die Menschen leben, zum Beispiel Treue. Das soll man segnen dürfen», sagt Isabella Awad von der Kommunikationsstelle des Bistums gegenüber MANNSCHAFT.

Kritik nicht nachvollziehbar Aus der Gebietsabtei Einsiedeln schreibt der Informationsbeauftragte P. Lorenz Moser Folgendes: «Das Statement der Schweizer Bischofskonferenz vom 19. Dezember 2023 ist auch im Namen von Abt Urban Federer veröffentlicht worden. Darin wird festgehalten, dass die Entscheidung des Papstes dem Wunsch der Schweizer Bischöfe entspricht, Menschen in unterschiedlichen Beziehungssituationen ernst zu nehmen, zu achten und zu begleiten. Dazu gehört auch der Segen. Er ist ein Geschenk Gottes, das allen Menschen zusteht, die darum bitten.»

Auch das Bistum Chur nimmt im Rahmen unserer Anfrage Bezug auf die Bischofskonferenz: Die Erklärung des Dikasteriums für die Glaubenslehre «Fiducia supplicans» stehe im Einklang mit der pastoralen Einstellung von Papst Franziskus und zeuge von der entsprechenden Sensibilität, so Nicole Büchel, Kommunikationsverantwortliche Bistum Chur.

Bischof Joseph Maria begrüsse und unterstütze die darin formulierte Handlungsweise voll und ganz, wie es bereits die Schweizer Bischofskonferenz getan habe. Er könne die von verschiedenen Seiten angebrachte Kritik daran nicht nachvollziehen. Der Bischof geht deswegen davon aus, dass die Seelsorgenden im Bistum Chur – gemäss «Fiducia supplicans» – allen, die es wünschen, den Segen erteilen werden.

Papst Franziskus hatte in der Tat teils harsche Kritik aus dem konservativen Lager erhalten. Das vatikanische Amt für die Glaubenslehre veröffentlichte daher eine weitere Erklärung. Darin wird nochmals betont, dass solche Segnungen keinesfalls mit einem kirchlichen Segen bei einer Hochzeit zwischen Frau und Mann gleichzustellen seien (MANNSCHAFT berichtete).

«Keine rituelle Segnung» Das Bistum Sitten werde «dem Entscheid des Heiligen Vaters ebenfalls selbstverständlich Folge leisten» und den Geistlichen bei der Segnung von homosexuellen Menschen im Rahmen des in beiden Schreiben der Glaubenskongregation vorgegebenen Richtlinien keine weiteren Vorschriften machen. Das schreibt Paul Martone, Medienverantwortlicher des Bistums Sitten, auf Anfrage.

Auch er betont, dass es ja «keine formelle oder rituelle Segnung» geben soll, sondern einen einfachen pastoralen Segen, der jedem Einzelnen gespendet werde, ohne Rituale wie einem Ringaustausch, Hochzeitskleid oder im Rahmen einer standesamtlichen Trauung. Das Bistum Sitten plane auch nicht, dafür eine Handreichung herauszugeben, denn diese könnte «als formelle Ritualisierung des Segens missgedeutet» werden.

«Darüber zu entscheiden, wie die Segnung denn nun durchgeführt wird, liegt in der Kompetenz des jeweiligen Priesters. Eine Hilfestellung dazu wird das Bistum Sitten nicht zur Verfügung stellen. Priester brauchen diese nicht, sie sind kompetent genug und kennen die Lehre der katholischen Kirche. Im Übrigen ist es wohl grundsätzlich nicht sinnvoll, wenn jedes Bistum eine eigene Hilfestellung herausgeben würde. Das wäre dann, falls überhaupt, die Aufgabe der Bischofskonferenz.»

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