Schwule Väter fliehen mit beiden Söhnen aus Russland
Die Behörden wollten ihre Söhne in ein Rehabilitationszentrum stecken
Ein schwules Ehepaar aus Moskau floh mit seinen beiden Söhnen ins Ausland, nachdem ihnen die Behörden mit der Wegnahme ihrer beiden Söhne gedroht hatte.
Andrej Waganow und Jewgenij Jerofejew konnten mit ihrer Familie bis vor wenigen Wochen friedlich in Russland leben. Die beiden hatten in Dänemark geheiratet, nachdem Waganow den heute 14-jährigen Denis und den 12-jährigen Jurij als alleinstehender Mann adoptiert hatte. Eine Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare ist in Russland verboten.
Die Behörden wurden auf die Regenbogenfamilie aufmerksam, als Jurij wegen Verdacht auf eine Blinddarmentzündung ins Krankenhaus kam. «Er hat uns erzählt, der Arzt habe ihn gefragt, wann seine Mutter kommen würde, worauf Jurij ihm sagte, dass er zwei Väter habe», sagt Waganow in einem Interview mit DW.com.
Kurz darauf erhielt Waganow einen Anruf der Bezirksbehörde. Man wolle mit ihm und dem Kind sprechen. «Er schickte uns zu einer gerichtsmedizinischen Untersuchung. Für ein Kind ist das sehr unangenehm und schockierend. Er wurde auf Sexualstraftaten untersucht.»
Wie Russland ein trans Mädchen aus einem Buch tilgte
Kaum waren Waganow und sein Sohn zuhause, berichteten Medien bereits über ein schwules Paar, das «ein Kind vergewaltigt» habe. Es folgte ein Anruf der staatlichen Adoptionsstelle, die beide Kinder an Waganow vermittelt hatte. Der Vertreter bat die Eltern, die beiden Kinder freiwillig in ein Rehabilitationszentrum zu stecken, bis dass die Untersuchungsergebnisse da seien. Daraufhin riet der Anwalt der Familie zur Flucht.
«Innerhalb von weniger als zwei Stunden haben Jurij und ich die Sachen gepackt und Russland verlassen», erinnert sich Waganow gegenüber DW.com. «Kurz darauf haben wir auch Denis ausser Landes gebracht. Zu diesem Zeitpunkt liefen auch schon die strafrechtlichen Ermittlungen. Mir wurde mit einem Verfahren wegen Mordes gedroht.»
Eine Woche später klopfte es laut an der Wohnungstür in Moskau. Waganows Ehemann Jerofejew, der noch eine Weile in Russland blieb, antwortete aber nicht. «Nach einer halben Stunde hat das heftige Klopfen aufgehört», sagt er im Interview mit DW.com. Es folgte eine Hausdurchsuchung bei seinen Eltern. «Sie haben nach den Kindern und nach unserer dänischen Heiratsurkunde gesucht. Danach haben mich meine Freunde ausser Landes gebracht.»
Russland: Aufklärung der Schwulenverfolgung in Tschetschenien «unnötig»
Die Situation für Schwule, Lesben und Bisexuelle in Russland ist seit der Einführung des Gesetzes über homosexuelle Propaganda in 2013 prekär. Dieses verbietet es Personen, gegenüber Minderjährigen positiv über LGBTIQ-Themen zu sprechen. Einfache Handlungen wie das Schwenken einer Regenbogenfahne oder die Bezeichnung homosexueller Partnerschaften als natürlich werden somit zum Strafdelikt.
Im Juli dieses Jahres eröffneten die Behörden eine Untersuchung gegen die staatliche Adoptionsstelle, die die beiden Kinder vermittelte. Die Regenbogenfamilie schliesst eine Rückkehr nach Russland vorerst aus. «Ich habe aus zwei Gründen das Land verlassen», sagte Waganow gemäss DW.com. «Erstens wegen der Vorstellung, meine Kinder könnten in ein Heim kommen. Zweitens wurde mir direkt gesagt, man werde mich sonst wegen Verführung Minderjähriger festnehmen.»
Auf Anraten ihrer Anwälte halten Waganow und Jerofejew ihren derzeitigen Aufenthaltsort geheim.
Das könnte dich auch interessieren
Schwul
USA: Make-up-Artist wegen Tattoos in Mega-Gefängnis abgeschoben
Andry Hernández flüchtete aus Venezuela in die USA und beantragte Asyl. Die US-Einwanderungsbehörde stufte ihn als Gangmitglied ein und schob ihn nach El Salvador ab, vermutlich aufgrund seiner Tattoos. Nun regt sich internationaler Widerstand.
Von Newsdesk Staff
International
Deutschland
Anschlagsdrohung gegen CSD im Harz: Polizei findet Munition
Am Pfingstwochenende fanden wieder zahlreiche CSD-Events statt, etwa in Wernigerode. Dort war ein Anschlag geplant, wie nun bekannt wird.
Von Newsdesk/©DPA
Pride
Queerfeindlichkeit
News
Österreich
Nach Amoklauf in Graz: Vienna Pride ändert ihr Programm
Aus Respekt und in Gedenken an die Opfer in Graz verzichtet die Vienna Pride zum Auftakt auf das Musikprogramm, das Pride Village soll zu einem stillen, würdevollen Ort werden.
Von Newsdesk Staff
News
Pride
Deutschland
Solidarität mit Maja T. – Hungerstreik in mehreren Städten geplant
Maja T. aus der linken Szene steht seit Monaten in Budapest vor Gericht. Aus Protest will die Person in den Hungerstreik treten. Unterstützer*innen in Hamburg, Ulm, Leipzig, Frankfurt und Berlin wollen es ihr aus Solidarität gleichtun.
Von Newsdesk/©DPA
News
TIN
Justiz