«Enorme Unsicherheit» nach Brandanschlag auf queere Bar
Es entstand nicht nur hoher Sachschaden
Am frühen Sonntagmorgen bricht in einer Bar in Rostock ein Feuer aus. Bereits im September kam es zu einem Brandanschlag auf das in der queeren Szene beliebte Lokal. Politiker*innen melden sich zu Wort.
Auf eine bei Queers beliebte Bar in Rostock ist womöglich ein Brandanschlag verübt worden. In der Bar B Sieben ist am frühen Sonntagmorgen ein Feuer ausgebrochen, wie eine Sprecherin der Polizei der Deutschen Presse-Agentur sagte. Verletzt worden sei niemand. Der Sachschaden werde auf 100'000 Euro geschätzt.
Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) hat nach dem mutmasslichen Anschlag vor einem Stimmungswechsel und zunehmenden Anfeindungen gegen queer lebende Menschen gewarnt. Wenn ein Treffpunkt wie die B Sieben schon zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit Ziel eines Brandanschlages werde, dann sorge das für enorme Unsicherheit und für Ängste nicht nur in der queeren Community, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
«Diese Brandanschläge sind auch ein wenig der Gipfel in einer Reihe von sich fortsetzenden Diskriminierungen.» Man merke einen Stimmungswechsel und auch zunehmende Anfeindungen. «Wir hören aus der queeren Community, dass ihnen zunehmend wieder Intoleranz und Diskriminierung im öffentlichen Raum entgegenschlägt, sei es nun im Nahverkehr oder beim Einkaufen», sagte Kröger, die aus Solidarität auf dem Rathaus die Regenbogenfahne hissen liess.
«In solchen Zeiten werden queere Communitys auch benutzt, um Gemüter aufzuheizen und Debatten zuzuspitzen.»
Kröger bedauerte im politischen Diskurs eine stärker werdende Tendenz zu Polarisierung und Radikalisierung. Eine andere Meinung werde oft nicht mehr zugelassen. In solchen Zeiten würden queere Communitys auch benutzt, um Gemüter aufzuheizen und Debatten zuzuspitzen, betonte die Politikerin. «Uns würde es schon guttun, wenn wir wieder zurückfinden zu einer vernünftigen Debattenkultur, die auch einsieht, dass meistens nicht immer nur einer recht hat, sondern die Wahrheit oft in der Mitte liegt.»
Im Internet wurde ein Spendenaufruf für die Bar gestartet. «Wir müssen unsere Türen vorübergehend schliessen, da das B Sieben schwer durch einen Brandanschlag beschädigt wurde», heisst es auf der Internetseite der Bar. «Wir sind dankbar für die Unterstützung, die uns schon erreicht hat. Dennoch stehen wir vor grossen Herausforderungen, um die nötigen Reparaturen durchzuführen, neues Mobiliar anzuschaffen und auch unsere Mitarbeitenden finanziell zu unterstützen.» Bis zum Nachmittag waren schon über 20'000 Euro auf dem Konto eingegangen.
Die queeren Vereine Rat+tat und CSD Rostock zeigten sich alarmiert. «Unsere Community erlebt seit Jahren, dass die Beleidigungen und Übergriffe zunehmen. Dieser Anschlag ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Täter inzwischen auch den Tod von Menschen in Kauf nehmen oder sogar bewusst anstreben», warnte Tom Lüth, Vorstandsmitglied von Rat+tat.
Der FDP-Landtagsfraktion MV, René Domke, mahnte, Mecklenburg-Vorpommern müsse ein sicherer Ort für alle Bürgerinnen und Bürger sein – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung. «Toleranz darf niemals als Einladung zu Intoleranz verstanden werden», so Domke.
An diesem Montag nun soll es eine Demo vor dem Regenbogenhaus geben. Die Bar werde einige Zeit brauchen, bis sie wieder öffnen kann, heisst es auf Instagram. «Wir sind zutiefst erschüttert und wütend. Zugleich lassen wir uns aber nicht unterkriegen und sagen: B Sieben bleibt!»
Ein Zeuge hatte laut Polizei beobachtet, wie ein schwarz gekleideter Mann einen Gegenstand in das Gebäude warf. Laut einer Polizeisprecherin soll es sich dabei um einen Molotow-Cocktail oder einen ähnlichen Gegenstand gehandelt haben. Daraufhin sei in der Bar ein Feuer ausgebrochen, das kurz nach 6.00 Uhr gelöscht war. Bereits im September war die Bar der Sprecherin zufolge Ziel eines Anschlags, der jedoch scheiterte.
Aus der Politik kamen Bekundungen der Betroffenheit. Der Rostocker CDU-Landtagsabgeordnete Daniel Peters erklärte: «Ich bin sehr erleichtert, dass bei dem Feuer niemandem etwas passiert ist.» Das Haus mitten in der Innenstadt von Rostock sei wiederholt Zielscheibe eines Brandanschlages geworden. «Ich hoffe, dass die Täter schnell ermittelt und hart bestraft werden.»
Die queere Bundesarbeitsgemeinschaft der Partei Die Linke meinte: «Die zunehmenden Angriffe auf queere Menschen und ihre Treffpunkte sind Folge von Hatz und Hetze, wie sie von AfD, CDU/CSU und BSW gegen die reale Vielfalt unserer Gesellschaft betrieben wird.» Anschläge wie auf die Bar B Sieben seien möglich, weil die Täter glaubten, für ihre Taten gesellschaftlichen Rückhalt zu haben.
Durch Beschlüsse wie dem des Verbots der Regenbohnenfahne in Neubrandenburg (MANNSCHAFT berichtete) durch eine Stadtratsmehrheit «aus Faschisten und dem BSW» fühlen sie sich ermuntert, so Luca Renner und Frank Laubenburg, Bundessprecher*innen von Die Linke queer.
Neue «Wiener Erklärung» wendet sich gegen geschlechtliche Vielfalt. Der SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Lindner spricht von einer «Schande!» (MANNSCHAFT berichtete).
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