Queeros 2022: Queer Officers sorgen für mehr Diversität in Uniform

Der Verein gewann beim Voting für die Region Schweiz

(Symbolbild: Instagram/armee.ch)
(Symbolbild: Instagram/armee.ch)

Das Queeros-Voting 2022 haben in der Schweiz die Queer Officers für sich entschieden. Wir haben mit dem Präsidenten des Vereins für queere Armeeangehörige über den Wahlerfolg gesprochen.

Rund 1’000 MANNSCHAFT-Leser*innen haben im vergangenen Herbst die Queeros 2022 gekürt. Beim Online-Voting standen Vereine und Aktivist*innen aus allen Bereichen der LGBTIQ-Community zur Wahl. In der Schweiz haben die Queer Officers das Rennen gemacht (MANNSCHAFT berichtete). Der 2005 gegründete Verein für queere Angehörige der Armee unterstützt und fördert die allseitige Akzeptanz für mehr Vielfalt und einen respektvollen Umgang in der Schweizer Streitmacht.

MANNSCHAFT sprach mit Dominik Winter, dem Präsidenten der Queer Officers und Oberstleutnant im Generalstab der Schweizer Armee. Es geht um den Wahlerfolg bei den Queeros, um das Coming-out in der Kaserne und um die Forderung nach einem ganzheitlichen Diversity-Management.

Korpskommandant Thomas Süssli, Chef der Armee, und Oberstleutnant im Generalstab Dominik Winter enthüllen die Plakette zum «Baum der Vielfalt in der Schweizer Armee». (Foto: zVg)
Korpskommandant Thomas Süssli, Chef der Armee, und Oberstleutnant im Generalstab Dominik Winter enthüllen die Plakette zum «Baum der Vielfalt in der Schweizer Armee». (Foto: zVg)

MANNSCHAFT: Dominik, was bedeutet euch der Sieg im Voting zu den Queeros 2022? Dominik Winter: Wir sind freudig überrascht. Und auch etwas stolz. Soldaten sind sich gewohnt, Arbeit im Hintergrund zu verrichten. Eine Armee drängt sich nicht auf – sie ist da, wenn man sie braucht. So freut es uns umso mehr, dass unsere Arbeit im Hintergrund von einem breiten Publikum anerkannt wird. Merci dafür! Wir hätten den Sieg auch den anderen Nominierten sehr gegönnt. Gerade das TGNS und du-bist-du leisten seit Jahren herausragende Arbeit, von der auch wir und andere Menschen in der Armee profitieren.

Manche LGBTIQ-Menschen haben vermutlich eine etwas falsche Wahrnehmung von Armeeangehörigen – und umgekehrt. Kann man also sagen, dass die Queer Officers Vorurteile auf zwei Seiten abbauen? An der Zurich Pride laufen wir erkennbar – manchmal sogar mit einem Oldtimer-Militärfahrzeug – mitten in der Community mit. Gerade an solchen Anlässen hören wir von queeren Menschen oft, sie hätten «die Armee» hier nicht erwartet. Wir erklären auch gegenüber der Armee regelmässig, dass es wichtig ist, Vorurteile beidseitig abzubauen. Eine queere Person soll das Vertrauen erhalten, dass auch sie unbehelligt Militärdienst leisten kann. Insbesondere, wenn sie das will. Als Verein arbeiten wir genau auf dieser Schnittstelle zwischen Armee und Community und wirken, so gut wir können, in beide Richtungen.

Was würdest du schwulen Rekruten raten, die unsicher sind, ob sie sich im Militär wohlfühlen werden? Wir haben zum RS-Start auf Instagram ein Reel gepostet, in dem wir genau dieses Thema ansprechen. Das Zusammenleben auf so engem Raum ist herausfordernd für alle Rekruten. Die Armee weiss das auch. In der Regel schweisst diese Herausforderung zusammen. Auch sehr kritische Soldaten schwärmen oft von der Kameradschaft, die sie in der Armee erlebt haben. Nach unserer Erfahrung überwindet diese Kameradschaft auch Unterschiede im Geschlecht oder der sexuellen Orientierung. Es funktioniert nicht immer, aber meistens. Wir raten einem schwulen Rekruten, sich auf das Abenteuer einzulassen und sich nicht abschrecken zu lassen. Die Armee ist grundsätzlich offen und bereit für uns. Auch die anderen rücken mit Unsicherheiten ein.

 Das Outing in der Kaserne ist also grundsätzlich keine schlechte Idee? In der Regel findet man schnell heraus, wie die Stimmung in der Einheit ist. Eine gute Strategie kann sein, sich in der Gruppe nicht sofort als «der Schwule» zu positionieren. Wer im Team zunächst als Mensch, Rekrut, Kamerad, Fachperson, Fussballerin oder Zürcher wahrgenommen und eingestuft wird, hat es meist einfacher, ein Outing zum bereits bestehenden Gesamtbild hinzuzupacken.

Was sind aktuelle Ziele und Projekte, mit denen sich die Queer Officers auseinandersetzen? Wir treffen bald den Chef der Armee und werden mit ihm über unsere Sicht auf ein umfassendes Diversity-Management reden. Der Umgang mit Vielfalt soll nicht nur in der Milizarmee entwickelt werden. Auch die VBS-Angestellten sollten besser einbezogen werden, hier haben wir noch Aufholbedarf. Und wir wollen dieses Jahr weiter wachsen. Mit 132 Mitgliedern sind wir zwar beachtlich gross, viele queere Angehörige der Armee fehlen uns aber noch. Je breiter wir abgestützt sind, desto stärker können wir auftreten. Bei uns können unabhängig vom Grad alle mitmachen, wenn sie Angehörige der Armee sind und sich queer fühlen. Wer das eine oder andere nicht ist, darf als Sympathisant*in dabei sein.

MANNSCHAFT+ hatte 2021 mit Dominik Winter über Homophobie in der Schweizer Armee gesprochen – hier geht’s zum Beitrag.

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