«Homophobie ist kacke»: Hamburg Pride erlebt starken Zulauf
Auch in Mainz wurde CSD gefeiert
Um eine diverse Gesellschaft zu fordern und zu feiern, gehen in Hamburg Zehntausende durch die Stadt. In diesem Jahr will der Pride auf wieder wachsende Gewalt gegen die queere Community hinweisen.
Von Kilian Genius, dpa
Make-up, Shirts, Strümpfe in Regenbogenfarben: Überall in Hamburg spielte im Rahmen der Demo zum Christopher Street Day die farbenfrohe Flagge eine Rolle, die mit ihren sechs bunten Streifen als Symbol der queeren Community gilt. Nach zwei Jahren mit pandemiebedingten Einschränkungen sind am Samstag nach Angaben der Veranstalter rund 250 000 Menschen durch die Hansestadt gezogen. Von der Polizei gab es bis zum Abend noch keine Angaben zur Beteiligung.
«Wir sind super zufrieden und unbeschreiblich glücklich», sagte der Sprecher des veranstaltenden Vereins Hamburg Pride, Manuel Opitz.
Das Bedürfnis der Menschen, wieder auf die Strasse zu gehen und sich lautstark für Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz einzusetzen, sei riesengross gewesen. Sonne und 20 Grad sorgten für ausgelassene Stimmung. Viele der Teilnehmer trugen aufwendige Kostüme und schräge Perücken. Auf Protestschildern waren Sprüche wie «Gay okay» und «Homophobie ist kacke» zu lesen.
Es hätten sich so viele Gruppen angemeldet wie noch nie. Insgesamt 82 Gruppen, darunter auch Vereine wie der FC St. Pauli und politische Parteien, zogen auf einer rund vier Kilometer langen Strecke durch die Hamburger Innenstadt. Teil des Demozugs waren auch 30 Trucks, auf denen DJs auflegten, die mit ihrer Musik nicht nur die Feierwütigen auf den Wagen, sondern auch Passanten am Strassenrand zum Tanzen brachten.
Startpunkt war die Lange Reihe im Stadtteil St. Georg, Endpunkt der Jungfernstieg. Um sich solidarisch zu zeigen, hatten einige Geschäfte und Anwohner entlang der Route Regenbogenfahnen und bunte Ballons an Fenster und Balkone gehängt.
Eröffnet wurde die Demonstration unter anderem von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und dem Queer-Beauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), mit einem lauten Knall: Mit Konfettikanonen schossen sie bunte und glitzernde Papierschnipsel in die Luft. «Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität benachteiligt wird. Das gilt in Hamburg am Christopher Street Day und allen anderen 364 Tagen im Jahr», sagte Tschentscher.
«Beim Kampf um gleiche Rechte und Akzeptanz sind wir weit gekommen, aber noch längst nicht weit genug», sagte Lehmann. Deswegen sei auch das diesjährige Motto der CSD-Parade wichtig. Es lautete: «Auf die Strasse! Vielfalt statt Gewalt». «Jeden Tag gibt es mindestens drei Angriffe gegen queere Menschen, die Dunkelziffer ist deutlich höher. Das macht mich traurig und wütend», so der Queer-Beauftragte.
«Die queere Community kann sich auch in Hamburg auf offener Strasse längst nicht immer sicher fühlen und wir sind nicht bereit, diese Entwicklung hinzunehmen», sagten die Co-Vorsitzenden des Vereins Hamburg Pride, Nicole Schaening und Christoph Kahrmann. Deswegen fordere man von der Politik mehr Massnahmen, um die Community vor Hass und Gewalt zu schützen.
Neben namhaften Politikern waren auch Promis wie Erotikmodel Micaela Schäfer, Modeunternehmerin Claudia Obert und Schauspielerin Yvonne Woelke auf der Demo vertreten. «Ich war schon auf zig CSD-Demos, halte es aber immer noch für wichtig, hier dabei zu sein», sagte Schäfer. Sehr zur Freude von Katharina Fegebank, die unbedingt ein Foto mit den Reality-TV-Stars machen wollte.
Für das CSD-Finale sollte sich das Geschehen nach der Demonstration in den Stadtteil St. Pauli verlagern. Dort wartet mit dem Pink Pauli Festival die laut Veranstaltern grösste CSD-Abschlussparty, die es jemals in Hamburg gab. In insgesamt 15 Locations sollte auf der Reeperbahn bis tief in die Nacht gefeiert werden, etwa mit Dragqueen Olivia Jones.
Auch in Mainz ging die Community auf die Strasse. Nach Polizeiangaben waren es rund 2500 Menschen, die das Zentrum der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt CSD in die Farben der Regenbogenflagge hüllten. Auf einer Kundgebung kritisierte Philipp Gresch vom Vorstand des veranstaltenden Vereins Schwuguntia jüngste Äusserungen des Mainzer CDU-Vorsitzenden Thomas Gerster.
«Wir fordern Konsequenzen», sagte Gresch. «Wir lassen uns nicht mit Nazis vergleichen.» Nach dem CSD in Berlin hatte Gerster das Hissen der Regenbogenfahne am Bundestag kritisiert und in Anspielung auf die NS-Zeit auf Twitter geschrieben: «Man hat schon einmal schwarz-rot-gold durch andere Farben ersetzt.» Später entschuldigte er sich und löschte den Tweet (MANNSCHAFT berichtete).
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