Lizzo und «Euphoria»-Star Zendaya mit Emmy Awards geehrt
Eine Gala mit wenig Überraschungen
Im Jahr zwei nach der Pandemie kehren die Emmys zur Normalität zurück: bemühter Glamour bei der Preisverleihung und viele Sieger, die man schon aus früheren Jahren kennt. Die Awards 2022 haben den Wunsch nach Vielfalt nur sehr vereinzelt erfüllt.
Von Christian Fahrenbach, dpa
Seit Monaten brodelt in der US-Entertainment-Industrie eine Diskussion: Wer soll das eigentlich alles schauen? Viele glauben, dass die Zuschauer*innen längst den Überblick verloren haben, bei Hunderten Sendern über Antenne und Kabel und einem halben Dutzend Streaming-Anbietern von Netflix, Hulu und HBO bis hin zu Disney, Apple und Amazon.
Die 74. Emmy Awards am Montagabend in Los Angeles haben der Branche die Chance gegeben, den inneren Kompass neu auszurichten. Doch am Ende der gut dreistündigen Verleihung steht fest: Einen klaren Fixpunkt haben die knapp 20 000 Abstimmenden der Television Academy derzeit nicht – und Neues zu würdigen fällt ihnen schwer. Stattdessen sind die Preisträger breit gestreut und häufig altbekannt.
Zendaya gewann zum zweiten Mal den Emmy als herausragende Hauptdarstellerin in einer Drama-Serie – für ihre Rolle als Star in der queeren Zeitgeist-Serie «Euphoria». Diese Auszeichnung macht die 26-Jährige offiziell zur jüngsten zweifachen Emmy-Gewinnerin der Geschichte. Sie ist auch die erste schwarze Frau, die zweimal den Emmy als Hauptdarstellerin in einer Dramaserie gewonnen hat.
In einer bewegenden Dankesrede dankte Zendaya der Besetzung und dem Team von «Euphoria» dafür, dass sie einen «sicheren Raum» geschaffen hätten, um das zu machen, was sie als «sehr schwierige Show» bezeichnete. «Mein grösster Wunsch für ,Euphoria‘ war, dass es helfen könnte, Menschen zu heilen, und ich möchte mich bei allen bedanken, die ihre Geschichte mit mir geteilt haben.»
Sängerin und Moderatorin Lizzo gewann den Preis für das beste Competition-Program und setzte sich gegen den Favoriten «Ru Paul’s Drag Race» durch. Die Show hatte die Trophäe viermal am Stück gewonnen. In ihrer Sendung «Lizzo’s Watch out for the Big Grrrls» geht es um 13 übergewichtige Frauen, die darum kämpfen, professionelle Tänzerinnen zu werden.
Alles, was ich als kleines Mädchen wollte, war in den Medien ein Mädchen wie mich zu sehen. Dick wie ich. Schwarz wie ich. Schön wie ich.
«Die Geschichten, die sie mit uns teilen, sind nicht so besonders, sie kriegen nur keine Plattform», sagte Lizzo beim Entgegennehmen ihres Emmys und ergänzte: «Alles, was ich als kleines Mädchen wollte, war in den Medien ein Mädchen wie mich zu sehen. Dick wie ich. Schwarz wie ich. Schön wie ich.»
Ansonsten siegten in den wichtigsten Kategorien des Abends Serien, die schon einmal gewonnen haben: Die schwarzhumorige Medien- und Familiensatire «Succession» gewann wie schon 2020 als bestes Drama, die warmherzige Fussballserie «Ted Lasso» bekam wie 2021 den Emmy als beste Comedy. Sie setzten sich gegen neuere und oft mutigere Stoffe durch – beispielsweise hätte mit der düsteren südkoreanischen Gesellschaftskritik «Squid Game» erstmals ein nicht-englischsprachiges Drama gewinnen können. Auch für den Comedy-Quotenhit «Abbott Elementary» über das Leben an einer unterfinanzierten Schule gab es letztlich eher Trostpreise in Drehbuch- und Nebendarsteller-Kategorien.
Auch drei der vier Hauptdarstellerpreise gingen an Stars, die diese Auszeichnungen für ihre Rollen schon einmal ins Regal stellen durften: Jason Sudeikis in der «Ted Lasso»-Titelrolle als US-Footballtrainer, der ein britisches Team übernimmt, und Jean Smart als alternde Comedienne in «Hacks» hatten auch schon 2021 gewonnen. Einzig der Südkoreaner Lee Jung-jae in «Squid Game» als bester Drama-Darsteller war eine Überraschung – unmöglich zu erfahren, ob sich die gleichzeitig nominierten «Succession»-Darsteller Brian Cox und Jeremy Strong gegenseitig Stimmen geklaut haben.
In der zuletzt immer wichtigeren Sparte mit Auszeichnungen für Miniserien und Fernsehfilme war «The White Lotus» der grosse Abräumer und holte zehn Auszeichnungen – mehr als jedes andere Format in diesem Jahr. Die Urlaubssatire über einen Mord und viele Sonderwünsche von Superreichen in einem Luxusressort auf Hawaii ging unter anderem mit Preisen für die beste Miniserie, die beste Regie und das beste Drehbuch einer Miniserie nach Hause, genauso wie für die besten Nebendarsteller Murray Bartlett – der nach «Looking» nun mit «The White Lotus» viele neue Fans gewonnen hat – und Jennifer Coolidge.
In vielen weiteren Nebenkategorien gab es die bekannten Sieger: John Oliver siegte zum siebten Mal in Folge für seine Sketch-Nachrichtensendung «Last Week Tonight» als beste Unterhaltungs-Talkshow. Und gegen Dauersieger «Saturday Night Live» konnte die «Black Lady Sketch Show» nichts ausrichten: «SNL» gewann zum sechsten Mal in Folge die erst 2015 eingeführte Kategorie für die beste Unterhaltungs-Sketch-Serie. Insgesamt kommt die seit 1975 laufende Live-Comedy nun laut der Datenbank IMDB auf 87 Emmys bei mehr als 300 Nominierungen.
Ausgebremst wurde die dreistündige Verleihung aber auch durch längliche Eigenwerbung für Produktionen des ausstrahlenden US-Senders NBC, übermässig viel vorgeschriebenes Geplauder der Laudatoren und eine als Sketch-Einspieler angekündigte Autowerbung. Mehr als einmal führte zudem die Entscheidung, die Stars um runde Tische statt in Reihen sitzen zu lassen, dazu, dass es keine Kameraaufnahmen der unmittelbaren Reaktionen bei Sieg oder Niederlage der Nominierten gab.
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