LGBTIQ unterwegs – So geht inklusives Reisen

Eine*r von zwei Queers erlebt im Urlaub Diskriminierung

Foto: Anderson W Rangel/Unsplash
Foto: Anderson W Rangel/Unsplash

Reisen – das steht meist für Abenteuer und Freude. Für LQBTIQ ist das hingegen nicht immer so einfach. Neue Forschungsergebnisse der digitalen Reiseplattform Booking.com belegen, dass 82 Prozent der queeren Community keine positiven oder sogar unangenehme Erfahrungen auf Reisen gemacht haben. Daran möchte der Anbieter etwas ändern.

Die bisher umfangreichste LGBTIQ-Reisestudie beleuchtet Sorgen und Reisepräferenzen sowie vergangene Aufenthaltserfahrungen, aktuelle Realitäten und Hoffnungen auf eine inklusivere Zukunft bezüglich 25 Ländern der Welt. Das Ergebnis: Negative Erfahrungen kommen am häufigsten in der Öffentlichkeit vor (31%), wobei Reisende aus Indien (100%), Dänemark (97%) und Mexiko (93%) dies am häufigsten erleben.

«Wir bei Booking.com glauben, dass alle die Welt erleben können sollten, wie sie sind, ohne Ausnahme», sagt Arjan Dijk, CMO und Senior Vice President bei Booking.com. «Von der Erholungsreise bis hin zum Kennenlernen verschiedener Kulturen wollen Reisende aus der LGBTIQ-Community letztendlich dasselbe wie alle anderen, wenn es ums Reisen geht. Die Branche muss positive Erfahrungen zur Norm für alle machen – egal, wen sie lieben, wie sie sich identifizieren oder woher sie kommen.»

Dijk sah sich selbst als schwuler Reisender mit Hindernissen und Diskriminierung konfrontiert, wie er betont, habe im Laufe der Jahre aber auch positive Veränderungen erlebt. «Indem wir Massnahmen zur Schaffung einer inklusiveren Branche ergreifen, hoffen wir, die Voraussetzungen für umfassendere Veränderungen zu schaffen, die die Reisequalität für alle erhöhen.»

Community entscheidet oft bei der Reiseplanung Die Studie zeigt die immer noch bestehenden Hindernisse für inklusive Reisen für LGBTIQ, hebt aber auch hervor, dass das Reisen vom Prinzip her und in der Praxis manchmal zwei verschiedene Dinge für die Community sind. Für die Hälfte (52%) bieten Reisen eine Zeit der geistigen und körperlichen Erholung. Tatsache sei aber ebenso, dass es eine Reihe zusätzlicher Überlegungen bezüglich aller Aspekte des Reisens gibt, an die Personen ausserhalb der Community weniger denken müssen.

Mehr als die Hälfte (55%) der LGBTIQ-Reisenden haben auf ihren Reisen Diskriminierung erfahren, sei es durch Stereotypisierung (28%) oder durch Anstarren, Auslachen oder verbalem Missbrauch von anderen Reisenden (18%) und/oder durch Einheimische (17%). Dementsprechend gestalte sich die Reiseplanung komplexer: 64 Prozent benannten Sicherheit und Wohlergehen als wichtige Faktoren, wobei dieser Aspekt besonders auf jene zutreffe, die sich als schwul, lesbisch (74%) oder queer (75%) identifizieren. Mehr als die Hälfte (51%) gab an, dass ihre Zugehörigkeit zur Community die Wahl ihrer Wunschreiseziele beeinflusst. Laut 58 Prozent der Befragten hat ihre Zugehörigkeit zur Community auch Einfluss darauf, mit wem sie reisen. 55 Prozent gaben an, dass sich dies auf die Aktivitäten auswirke, an denen sie auf ihrer Reise teilnehmen.

Ermutigende Anzeichen Trotz der vielen Herausforderungen gäbe es aber signifikante Bereiche, in denen Reisende positive Interaktionen und Erfahrungen haben. 85 Prozent der Reisenden teilte mit, dass sie sich bei den meisten ihrer bisherigen Reiseerfahrungen willkommen gefühlt haben. Dem stimmen schwule und lesbische Reisende am häufigsten zu (90%).

Mehr als sechs von 10 Reisenden (62%) berichten zudem, dass ihnen ihre Zugehörigkeit zur LGBTIQ-Community mehr Selbstbewusstsein auf Reisen gibt. Dabei sagten 84 Prozent, dass sie das Selbstvertrauen haben, ihre Wunschreiseziele zu besuchen. Schwule und lesbische Reisende sind hier am zuversichtlichsten (87%), gefolgt von bisexuellen Reisenden (86%).

Ein Viertel gab an, vor der Ankunft eine freundliche und informative Kommunikation mit der Unterkunft gehabt zu haben. Etwas mehr (26%) haben während ihres Aufenthalts Ratschläge sowie Informationen zur Umgebung erhalten. Fast ein Drittel (31%) habe bei der Ankunft einen sehr guten ersten Eindruck erlebt, durch Begrüssungsgetränke, freundliches Personal oder ähnliches erlebt.

Community am Zielort Die Studie zeigt weiter, dass die LGBTIQ-Gemeinschaft am Zielort massgeblich ist. 60 Prozent reisen eher zu einem Ziel, an dem die Community und deren Geschichte Zustimmung erfährt. Mehr als die Hälfte (56%) wählen häufiger Reisen aus, die es ihnen ermöglichen, etwas über die historischen LGBTIQ-Aspekte an ihrem Reiseziel zu erfahren.

Weiter wird oft der Anschluss an die Community vor Ort gesucht, um die eigene Reiseerfahrungen zu bereichern, wobei allerdings ebenso auf Marken geachtet wird, die die Community unterstützen und anerkennen. Mehr als die Hälfte (55%) wählt eher Attraktionen oder Aktivitäten, die auf LGBTIQ zugeschnitten sind. Genauso viele informieren sich vor der Buchung gezielt über Unterkünfte, Marken und Erfahrungen. Dies führe dazu, dass die Mehrheit (64%) eher bei Marken bucht, die sich um die Community bemühen.

Travel Proud Booking.com hält derweil fest, dass obwohl sich Positivität und Fortschritt im Bereich LGBTIQ-Reisen insgesamt weiter entwickeln, für die Branche nach wie vor ein Bedürfnis bestehe, das Reiseerlebnis für alle positiver, inklusiver und ganzheitlicher zu gestalten.

Mehr als ein Drittel der Befragten (37%) wünschen sich massgeschneiderte Empfehlungen für ihre Präferenzen und Interessen. 31 Prozent wünschen sich zusätzliche Informationen über die LGBTIQ-Situation vor Ort, einschliesslich örtlicher Gesetze, religiöser Gepflogenheiten, Kleidungsvorschriften und Statistiken über Hasskriminalität. Drei von 10 wünschen sich Filter, um nach Unterkünften zu suchen, die ein positives Erlebnis für LGBTIQ-Reisende bieten. Dies wurde besonders von Reisenden aus Brasilien (40%), Neuseeland, USA und Vietnam (alle 39%) angesprochen.

Deshalb hat der Anbieter Travel Proud eingerichtet. Im August 2021 wurde das Programm Proud Hospitality Training eingeführt, das weltweit auf Englisch und Französisch für Unterkunftspartner verfügbar ist und bald auf Deutsch und Spanisch zugänglich sein soll. Angeboten wird eine 75-minütige Proud Hospitality Online-Training-Session, deren Ziel es ist, Fachleute im Gastgewerbe mit den Herausforderungen und Hindernisse der LGBTQ+ Community beim Reisen vertraut zu machen und ihnen praktische Fertigkeiten und Techniken zur Verfügung zu stellen.

Nach Abschluss des Online-Kurses – und der Verpflichtung, eine inklusivere Reiseerfahrung zu bieten – erhalten Proud Certified-Partnerunterkünfte eine Travel Proud-Kennzeichnung auf ihrer Unterkunftsseite, um potenziellen Gästen zu zeigen, dass sich die Unterkünfte verpflichtet haben, eine inklusivere Gastfreundschaft zu ihrem Standard zu machen. Eine Auswahl an Städten (MANNSCHAFT über die LGBTIQ-freundlichsten Städten Europas) mit vielen Proud-Certified-Unterkünften wird auf einer eigens erstellten Travel Proud-Seite vorgestellt, auf der Reisende mehr über die Initiative erfahren und passende Unterkünfte finden und buchen können. Aktuell sind auf der Plattform mehr als 10 000 Unterkünfte in 95 Ländern und Gebieten, darunter über 700 Unterkünfte in Deutschland, vertreten.

An der von Booking.com beauftragten Umfrage nahmen 5.514 LGBTIQ-Reisende aus Argentinien (100), Australien (300), Belgien (100), Brasilien (250), Kanada (402), Kolumbien (150), Kroatien (101), Dänemark (100), Frankreich (500), Deutschland (502), Hongkong (100), Indien (201), Israel (101), Italien (300), Japan (200), Mexiko (151), Niederlande (250), Neuseeland (100), Spanien (200), Schweden (102), Taiwan (100), Thailand (100), Vereinigtes Königreich (502), USA (502) und Vietnam (100) teil. Die Studie fand im April und Mai 2022 online statt.

Das könnte dich auch interessieren