Kuba ist mehr als Oldtimer, Zigarren und Rum

Seit 2008 feiert Havanna jährlich Pride

Die Strassenschluchten Havannas strahlen mit ihren zerfallenden Bauten und bunten Oldtimern einen speziellen Charme aus. (Bild: zVg)
Die Strassenschluchten Havannas strahlen mit ihren zerfallenden Bauten und bunten Oldtimern einen speziellen Charme aus. (Bild: zVg)

Prächtige Kolonialstädte, traumhafte Strände, endlose Zuckerrohrplantagen und viel Revolutionsromantik: Kuba hat seit jeher Suchtpotenzial für abenteuerlustige Reisende. Wer der grössten Karibikinsel einen Besuch abstattet, kann sich auf eine leidenschaftliche Mischung aus beeindruckender Geschichte, atemberaubenden Landschaften, erfrischenden Cocktails und heisser Musik freuen.

Nachdem Christoph Kolumbus die Zuckerinsel Kuba 1492 für Europa «entdeckt» hatte, wurde die hier lebende indigene Bevölkerung schon bald durch eingeschleppte Krankheiten, Zwangsarbeit und Unterernährung ausgerottet. Für die Zuckerrohr- und Tabakplantagen der Spanier mussten deshalb ab 1526 hunderttausende Sklav*innen aus Afrika nach Kuba entführt werden, wodurch die Insel im 18. Jahrhundert zum grössten Zuckerproduzenten der Welt aufsteigen konnte. Deshalb schwammen die Plantagenbesitzer bald im Geld und konnten sich pompöse Paläste und einen extravaganten Lebensstil leisten.

Dies erklärt, wieso die Kolonialstädte auf Kuba prächtiger als irgendwo sonst in der Karibik sind. Ende des 18. Jahrhunderts besetzten die USA die Insel, bis 1902 die kubanische Republik ausgerufen wurde. Die Souveränität galt aber nur auf dem Papier, da die Amerikaner*innen weiterhin viele Sonderrechte behielten. Ein Überbleibsel davon ist bis heute der amerikanische Marinestützunkt von Guantánamo.

Während der Abhängigkeit von den USA wurden die Zuckerindustrie, die Eisenbahn und der Bergbau rasch von amerikanischen Firmen kontrolliert. Gleichzeitig nahm die Kluft zwischen Arm und Reich dramatisch zu. Deshalb war mit Ausnahme der reichen Kubaner*innen die gesamte Inselbevölkerung erleichtert, als 1959 die Revolution ausgerufen wurde. Fidel Castro und Ché Guevara begannen daraufhin unverzüglich mit dem Umbau der Gesellschaft. Kompromisslos wurden Firmen verstaatlicht, Agrarreformen eingeleitet und ein kostenloses Bildungs- und Gesundheitswesen errichtet.

Kuba aus schwuler Perspektive – Land im Umbruch

Die USA reagierten auf die Enteignungen jedoch mit einem harten Konfrontationskurs. Sie strichen zunächst die Zuckerimporte, bevor 1962 ein totales Wirtschaftsembargo verhängt wurde. Das isolierte Land fand schliesslich in der Sowjetunion einen Verbündeten. Mit der Rückendeckung dieser Grossmacht erlebte Kuba eine Zeit des Aufschwungs, die dem Land einen hohen Lebensstandard bescherte. Dies änderte sich mit dem Zerfall der UdSSR, doch fand das Land schliesslich im internationalen Tourismus ein neues Wirtschaftsstandbein. Heute verzeichnet Kuba jedes Jahr rund 5 Millionen ausländische Besucher*innen.

Zwischen Aufbruch und Abbruch Die Zwei-Millionen-Stadt Havanna strahlt mit ihren einst glanzvollen Kolonialbauten und Prachtstrassen einen morbiden Charme aus. Habana Vieja, das historische Zentrum der 1519 gegründeten Metropole, ist ein Sinnbild für das Spiel zwischen Aufbruch und Nostalgie: An der einen Ecke begegnet man verfallenen Häusern, an der anderen prunkvollen Palästen und Kirchen. Bei einem Gang durch die verwinkelten Gassen beeindrucken vor allem die lebendige Plaza Vieja und die prächtige Catedral de la Habana. Nicht weit entfernt erreicht man das Capitolio Nacional, das mit seiner mächtigen Kuppel die Skyline der Stadt überragt. Es wurde 1929 fertig gestellt und diente bis zur Revolution als Regierungssitz. Heute beherbergt das prachtvolle Gebäude verschiedene Ministerien und die Nationalbibliothek.

Schwule und Lesben wurden nach dem Sieg der Revolution 1959 über viele Jahre vom Staat verfolgt und eingesperrt. Seit der Legalisierung von homosexuellen Handlungen im Jahr 1979 hat sich die gesellschaftliche Akzeptanz schrittweise verbessert.

2008 erzielte Mariela Castro, die damalige Leiterin des Nationalen Zentrums für Sexualkunde, gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium eine Gesetzesänderung, die kostenlose Geschlechtsanpassungen ermöglicht. Im September 2010 übernahm Fidel Castro persönlich die Verantwortung für Schwulenverfolgung, die auf Kuba stattgefunden hatte. Vor zwei Jahren verabschiedete das Parlament eine umfangreiche Verfassungsreform, die auch ein Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Orientierung umfasst. Ein erster Entwurf definierte die Ehe als Bund zwischen zwei Personen statt zwischen Mann und Frau. Der Absatz hätte die Ehe für alle geöffnet, wurde jedoch aus der Schlussfassung gestrichen. Stattdessen sollen in absehbarer Zukunft eine Volksbefragung und ein Referendum zum Familiengesetz klären, ob die kubanische Bevölkerung bereit für die Eheöffnung ist. In Havanna findet sich eine kleine, wachsende LGBTIQ-­Szene. Zudem werden seit 2008 regelmässig Prideveranstaltungen durchgeführt.

Auf dem breiten Boulevard vor dem Kapitol lassen sich besonders viele farbige Oldtimer aus den 40er- und 50er-Jahren beobachten. Kaum zu glauben, dass all diese legendären US-Strassenkreuzer vor der Machtübername durch Castro auf die Insel importiert wurden.

Eine Stadtrundfahrt mit einem dieser alten Vehikel gehört quasi zum touristischen Pflichtprogramm. Die Tour führt vorbei an maroden neobarocken Wohnhäusern und Art-déco-­Theatern zur Plaza de la Revolución, dem mit 72’000 m² grössten Platz Kubas. Anschliessend geht es weiter durch den mondänen Stadtteil Vadado bis zum Malecón, der legendären Uferpromenade Havannas. Für die Bewohner der Stadt ist der Malecón Treffpunkt, Bühne und Wohnzimmer zugleich.

Wunderschöne Sandstrände und ein einzigartiges Korallenriff machen Cayo Coco zum perfekten Ferienparadies. (Bild: zvg)
Wunderschöne Sandstrände und ein einzigartiges Korallenriff machen Cayo Coco zum perfekten Ferienparadies. (Bild: zvg)

Durch die Strassen der Hauptstadt zieht seit 2008 jährlich ein offiziell bewilligter Prideumzug. Im letzten Jahr wurde die Manifestation jedoch kurzfristig vom Gesundheitsministerium verboten. Man befürchte, dass gewisse Gruppen den Event für Regierungskritik «missbrauchen» wollten, so die offizielle Begründung. Rund 100 Aktivist*innen demonstrierten daraufhin mit einem Protestmarsch gegen diesen Entscheid, wobei es zu Festnahmen kam. Geführt wird das Gesundheitsministerium von Mariela Castro, der Tochter von Parteichef Raúl Castro, die eigentlich als LGBTIQ-Verbündete gilt.

Kuba sagt Eheöffnung per Verfassung ab

Savoir-vivre auf kubanisch Über die praktisch verkehrsfreie Autopista Nacional erreicht man in rund vier Stunden die Stadt Cienfuegos. Diese wurde 1819 von französischen Siedler*innen gegründet, was erklärt, wieso hier unzählige Gebäude im klassizistischen Stil Frankreichs errichtet wurden. Cienfuegos verfügt über einen sehenswerten Stadtkern, der seit 2005 zum Weltkulturerbe gehört. Rund um den zentralen Hauptplatz, den Parque José Martí, findet man zahlreiche Restaurants, Bars und historische Bauten. Auf dem Platz gibt es zudem den einzigen französischen Triumphbogen Kubas zu bewundern.[/vc_column_text][vc_separator color=“custom“ border_width=“5″ accent_color=“#2c8c88″][vc_cta h2=“Auf einen Blick“]Anreise Air Canada fliegt ab der Schweiz und ab Deutschland via Kanada fünf Destinationen in Kuba an.  (ab CHF 620.–/EUR 610.–).  – aircanada.com

Beste Reisezeit Ideal sind die angenehmen Wintermonate von November bis März. Im Sommer ist es heiss und feucht. Zudem können von Juli bis Oktober tropische Wirbelstürme auftreten. 

Sprache Die offizielle Landessprache ist Spanisch. In Hotels und touristischen Hotspots kann man sich oft auf Englisch verständigen.   

Einreise zur Einreise nach Kuba benötigen Schweizer und EU-Bürger einen Reisepass und eine Touristenkarte. 

Sicherheit Kuba gilt generell als sicheres Reiseziel. In den grösseren Städten und an den Stränden sollte man seine Wertsachen dennoch stets im Auge behalten.   

Weitere Informationen

Das nächste Highlight, die schmucke Kleinstadt Trinidad, ist nur rund eine Stunde von Cienfuegos entfernt. Hier versprühen idyllische Gässchen mit Kopfsteinpflaster, bunte Häuser mit hohen Holztüren und Ziegeldächern, barocke Kirchen und gemütliche Plätze ein einzigartiges Flair. Das vor rund 500 Jahren gegründete Trinidad wurde im 19. Jahrhundert zu einer bedeutenden Metropole, was dem Zucker- und Tabakanbau, aber auch dem Sklavenhandel zu verdanken war.

Trinidad liegt beschaulich zwischen smaragdgrünen Hügeln und den traumhaften Stränden der nahen Karibik. (Bild: zVg)
Trinidad liegt beschaulich zwischen smaragdgrünen Hügeln und den traumhaften Stränden der nahen Karibik. (Bild: zVg)

Heute zählt die Stadt zum kulturellen Erbe der Menschheit. Der zentrale Hauptplatz, die Plaza Mayor, wartet mit einem kleinen Park auf, der von eindrücklichen Kolonialbauten umgeben ist. Abends treffen sich Einheimische und Tourist*innen auf den Stufen der Spanischen Treppe, wo man den Sonnenuntergang bei kubanischer Livemusik und mit leckeren Drinks geniessen kann.

Nördlich der Stadt erstreckt sich der Nationalpark El Cubano, der für seine zahlreiche Wasserfälle bekannt ist. Eine besonders schöne Wanderstrecke führt in rund einer Stunde zum idyllischen Wasserfall Salto de Javira, in dem man sich ein erfrischendes Bad gönnen kann. Unterwegs kommt man an einer der grössten Wespenkolonien der Welt vorbei. Die Insekten haben hier hunderte von Nestern an einer senkrechten Felswand errichtet. Sofern man sich an den Warnhinweis hält und keine lauten Geräusche von sich gibt, muss man sich vor keinen Stichen fürchten.

Nach dem abenteuerlichen Ausflug in den tropischen Dschungel lohnt es sich, einen Abstecher zur nahen Playa Ancon zu machen. An diesem weissen Sandstrand mit einigen einfachen Strandbars kann man sich gut und gerne ein paar Stunden in der karibischen Sonne erholen.

Der ausführliche Reisebericht ist im Mai-Heft der MANNSCHAFT erschienen. Hier geht es zum Abo-Shop 

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