Kanton Wallis will «Konversionstherapien» verbieten
Im Herbst soll die zweite und endgültige Lesung folgen
Eine grosse Mehrheit des Walliser Grossen Rats hat ein Verbot von sogenannten «Konversionstherapien» verabschiedet. Eine Bestätigung steht noch aus.
Der Walliser Grosse Rat hat im Rahmen der Teilrevision des Gesundheitsgesetzes das Verbot von Konversionsmassnahmen mit 91 zu 28 Stimmen bei 3 Enthaltungen verabschiedet und zurück an die Kommission überwiesen. Das Gesetz soll in einer zweiten Lesung im Herbst bestätigt werden.
In einer Medienmitteilung begrüssen die nationalen LGBTIQ-Dachverbände LOS, TGNS und Pink Cross sowie die Walliser Organisation QueerVS die Entscheidung. Die Organisationen wünschen eine rasche Umsetzung in Zusammenarbeit mit relevanten Organisationen und betonen die Notwendigkeit eines nationalen Verbots, damit LGBTIQ-Personen in der ganzen Schweiz geschützt seien.
«Konversionstherapien betreffen einen erheblichen Teil unserer Community. Die neuesten Zahlen des Schweizer LGBTIQ-Panels zeigen, dass 9,5% der Personen, die einer sexuellen Minderheit angehören, und 15,5% der Personen einer geschlechtlichen Minderheit davon betroffen sind», sagt Sandro Niederer, Geschäftsleitung von TGNS. «Die psychischen Folgen solcher Praktiken sind unbestritten – das Verbot ist ein positives Signal für alle LGBTIQ-Personen!»
Der Kanton Wallis wäre nach den Kantonen Neuenburg, Waadt und Bern der vierte, der ein solches Verbot von «Konversionstherapien» erlässt. Ähnliche Bestrebungen sind zurzeit in den Kantonen Genf und Zürich im Gange. «Es ist ein starkes Zeichen, dass das Wallis – ein als konservativ bekannter Kanton – diese Handlungen verbieten möchte. Die Botschaft ist klar: die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung sind integrale Bestandteile einer Person und sind keine Merkmale, die verändert oder umgewandelt werden können. Jeder Versuch in diese Richtung ist Gewalt und hinterlässt äusserst schwere Folgen», kommentierte Gaé Colussi von Pink Cross und QueerVS.
Dieses kantonale Verbot sei ein weiteres Signal für die Notwendigkeit einer nationalen Gesetzgebung, da die Anbieter solcher Dienstleistungen mobil seien, schrieben die Organisationen weiter. «Das Phänomen ist bekannt: Nach den Verboten in Deutschland und Frankreich haben sich mehrere auf Konversionstherapien spezialisierte Organisationen in der Schweiz niedergelassen», sagt Muriel Waeger, Co-Geschäftsleiterin der LOS. Bei einem Verbot im Kanton Wallis würden sich diese Organisationen auf andere Kantone konzentrieren. «Wir fordern die anderen Kantone und vor allem den Bund auf, hier zu handeln.»
Am 19. und 20. Juli findet im Wallis die Pride de Martigny statt (MANNSCHAFT berichtete).
In vielen Ländern ist man bereits weiter als in der Schweiz: Vollständig verboten sind «Konversionstherapien» in Europa bisher laut LGBTIQ-Organisation ILGA-Europe in Frankreich und Malta (MANNSCHAFT berichtete). In Deutschland, Griechenland sowie einigen spanischen Regionen dürfen diese Massnahmen nicht an Minderjährigen ausgeführt werden (MANNSCHAFT berichtete). Gemäss Yv Nay umfassen die Sanktionen Geldstrafen im Bereich von einigen Tausend bis mehreren 100‘000 Euro und Gefängnisstrafen zwischen einigen Monaten bis hin zu mehreren Jahrzehnten. In Belgien, Irland (MANNSCHAFT berichtete), den Niederlanden, Polen, Portugal und in Spanien sind nationale Gesetzesentwürfe diesbezüglich in Erarbeitung.
Mehr: Queer im Wallis – Im Paradies des Teufels: Aufwachsen in einer tief katholischen und stockkonservativen Gegend (MANNSCHAFT+)
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