Boxerin Imane Khelif: Sieg bei Olympia nach 46 Sekunden
Die Italienerin Angela Carini gab ihren Boxkampf gegen ihre algerische Kontrahentin kurz nach dem Start auf
Der Internationale Boxverband (IBA) hatte die mutmasslich intergeschlechtlichte Imane Khelif letztes Jahr von den WM ausgeschlossen, das IOK hingegen lässt die 25-Jährige kämpfen (MANNSCHAFT berichtete). Nun gab’s den ersten Sieg.
Der Fall der nordafrikanischen Boxerin Khelif ist komplizierter als der der südafrikanischen 800-Meter-Läuferin Caster Semenya, ebenfalls inter. Denn beim Boxen gibt es – anders als im Bereich Leichtathletik – keine festgelegte Testosteron-Obergrenze, um in einer Frauen-Kategorie teilzunehmen.
Khelifs Disqualifikation an den WM 2023 erfolgte durch den Internationalen Boxverband (IBA), welcher die Titelkämpfe organisiert hatte. In einer Mitteilung zu Khelifs Start an den Olympischen Spielen schrieb die IBA: «An den WM wurde die Boxerin keinem Testosteron-Test unterzogen, sondern einer anderen, anerkannten Prüfung. Deren Resultat bleibt vertraulich, ist aber eindeutig.» Im Klartext: Die IBA taxiert Khelif als intergeschlechtlich.
Kein Handschlag nach dem Duell Nun hat Khelif ihr Achtelfinale bei den Sommerspielen nach nur 46 Sekunden gewonnen. Ihre italienische Gegnerin Angela Carini klagte nach wenigen Schlägen über Schmerzen in der Nase und gab auf. Den im Boxen üblichen Handschlag gab es nach dem Duell nicht.
Carinis Trainer Emanuele Renzini sagte in einer ersten Reaktion: «Ich will nicht für das IOC urteilen und ich weiss, dass das Thema schwierig ist, aber dieser Kampf war unfair».
Das IOC rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass Khelif und eine weitere Sportlerin seit vielen Jahren an den Box-Wettkämpfen teilnehmen dürfen, darunter auch an den Sommerspielen in Tokio. Erst eine «willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemässes Verfahren» des Box-Verbandes IBA habe zu der aktuellen Aggression gegen die Sportlerin geführt, so das IOC in einer Mitteilung. Das Internationale Olympische Komitee verwies zudem darauf, dass die IBA suspendiert worden ist.
Nach der Bekanntgabe ihrer Niederlage sank die Italienerin im Ring weinend auf die Knie. Auch Minuten später wurde sie während zahlreicher Interviews immer wieder von ihren Emotionen überwältigt. «Ich bin in den Ring gestiegen, um alles zu geben. Die Person, die vor mir steht, interessiert mich in dem Moment nicht. Die Schmerzen an der Nase waren zu stark. Ich konnte nicht mehr atmen», berichtete Carini.
Die Schmerzen an der Nase waren zu stark. Ich konnte nicht mehr atmen
«Auf Augenhöhe» Auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte den Start von Khelif. «Man muss in der Lage sein, auf gleicher Augenhöhe zu kämpfen. Von meinem Standpunkt aus war es kein Wettbewerb unter Gleichen», sagte die bei einem Besuch im olympischen Dorf.
Die WM vor einem Jahr wurde vom Internationalen Box-Verband IBA organisiert, der vom IOC nicht mehr anerkannt ist. Auch die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting wurde nach dem Gewinn ihrer Bronzemedaille bei der WM nachträglich disqualifiziert, darf aber bei den Olympischen Spielen antreten. Sie boxt am Freitag im Federgewicht gegen die Usbekin Sitori Turdibekowa. Sowohl Yu-ting als auch Khelif waren schon bei den Sommerspielen 2021 in Tokio dabei.
Reaktionen aus Algerien IOC-Sprecher Mark Adams verteidigte die Zulassung der beiden Boxerinnen. «Es sind Menschen involviert, wir sprechen über das Leben von Menschen. Sie sind in Frauenwettbewerben angetreten, sie haben gegen Frauen gewonnen und sie haben gegen Frauen verloren über die Jahre», sagte Adams.
Das algerische Olympische Komitee verurteilte die Kritik vieler Boxfans, die vor allem in den sozialen Medien auf Khelif hereinprasselte. «Diese auf Lügen basierenden Diffamierungsversuche sind völlig unfair, insbesondere in einem entscheidenden Moment, in dem sie sich auf die Olympischen Spiele, den Höhepunkt ihrer Karriere, vorbereitet», hiess es in einer Stellungnahme. «Wir stehen alle hinter dir, Imane. Die ganze Nation steht hinter dir und ist stolz auf deine Leistungen.»
«Völlig überflüssig!» – Der Vatikan kritisiert die Olympia-Eröffnungsfeier. Russland spricht von einer «Gay-Pride-Parade» und meint es nicht als Kompliment (MANNSCHAFT berichtete).
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