«Heute fühle ich mich schwul» – Kritik an FIFA-Chef Infantino
Vor dem Turnier steigt die Nervosität
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat mit deutlicher Kritik auf Gianni Infantinos Pressekonferenz vor der Fussball-WM in Katar reagiert.
«Indem Gianni Infantino berechtigte Kritik an der Menschenrechtslage beiseite schiebt, weist er den enormen Preis zurück, den Arbeitsmigranten zahlen mussten, um sein Flaggschiff-Turnier zu ermöglichen – sowie die Verantwortung der FIFA dafür», sagte Steve Cockburn, Leiter der Abteilung für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bei Amnesty International am Samstag.
Infantino hatte zuvor in einem einstündigen Monolog die Kritik am WM-Gastgeber zu grossen Teilen zurückgewiesen und sich auf die Seite des Emirats gestellt. Er verwunderte mit mehreren Aussagen, unter anderem: «Heute fühle ich sehr starke Gefühle, heute fühle ich mich als Katarer, heute fühle ich mich als Araber, heute fühle ich mich afrikanisch. Heute fühle ich mich homosexuell. Heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant.»
«Forderungen nach Gleichheit, Würde und Entschädigung dürfen nicht als eine Art Kulturkampf behandelt werden – sie sind universelle Menschenrechte, zu deren Einhaltung sich die FIFA in ihren eigenen Statuten verpflichtet hat», sagte Cockburn. Als Hoffnungsschimmer bezeichnete er die Ankündigung von Infantino, den sogenannten Legacy Fund, in den WM-Einnahmen fliessen, globaler anzulegen.
«Wenn die FIFA etwas von diesem Turnier retten will, muss sie ankündigen, dass sie einen erheblichen Teil der sechs Milliarden US-Dollar investieren wird», sagte Cockburn. Es müsse sichergestellt werden, dass mit diesem Fonds Arbeiter und deren Familien direkt entschädigt würden.
Vor dem Turnier steigt offensichtlich die Anspannung rund um das Thema Menschenrechten. Wegen einer Frage zu seiner Rolle bei der umstrittenen Fussball-Weltmeisterschaft in Katar hat der Sänger einer WM-Hymne ein Interview im israelischen Fernsehen abgebrochen. «Du bist unhöflich», sagte Maluma zu dem Reporter des öffentlich-rechtlichen Senders Kan. Dieser hatte ihn gefragt, ob sein musikalischer Beitrag zur WM nicht die Situation im Land beschönige – während andere Stars aufgrund der problematischen Menschenrechtslage im Gastgeberland ihre Musik nicht für das Fussball-Event hergeben wollten.
Zusammen mit US-Rapperin Nicki Minaj sowie der libanesischen Sängerin Myriam Fares steuert der Kolumbianer Maluma den Song «Tukoh Taka» für die WM bei. Die Musiker sollten damit am Samstag auch live in Katar auftreten. «Ich bin nur hierhergekommen, um das Leben zu genießen, um Fußball und die Fußballparty zu geniessen», sagte Maluma in dem Interview am Freitag, das er anschließend sichtbar angefressen verliess. Das Interview sollte an diesem Samstag in voller Länge im israelischen Fernsehen ausgestrahlt werden.
Katar steht unter anderem wegen der schlechten Lebensbedingungen für ausländische Arbeiter sowie dem Umgang mit LGBTIQ in der Kritik (MANNSCHAFT berichtete). Die Regierung des Emirats weist die Vorwürfe zurück.
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