«Haare sind Haare und Mensch ist Mensch!»
Frisurentrends vom gender-neutralen Hairsalon in Zürich
Vor zwei Jahren eröffnete Simone Rigliaco in Zürich den wohl ersten Hairsalon in der Schweiz mit genderneutraler Preisliste. Mit grossem Erfolg. Welche Frisuren empfiehlt der Haarkünstler für 2023?
Mit Haaren zu arbeiten sei schon immer seine Leidenschaft gewesen, obwohl ihm das in der Familie niemand vorgelebt habe. Simone Rigliaco hätte damit eine internationale Karriere hinlegen können und hat sich doch dafür entschieden, in die Heimat zurückzukehren, um ein paar Jahre später das Liquid zu gründen. Schon mit 15 gewann er Hairstyling-Wettbewerbe, die ihn nach Stockholm, Toronto und führten.
In der englischen Hauptstadt arbeitete er eine Weile lang und wurde doch nie richtig heimisch. Eines Tages entdeckte er in London einen Salon mit Unisex-Preisliste. «Da wusste ich: Sowas will ich nach Zürich bringen», so der 27-Jährige strahlend.
Geschlechtsspezische Preise hatten ihn nämlich schon immer gestört. Schliesslich könne jede*r kurz oder lang, naturfarben oder gefärbt tragen. Simone sieht nicht ein, weshalb er von Frauen oder FLINTA-Personen (= Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen, Anm. d. Red.) mehr Geld verlangen soll, obwohl sie den selben Haarschnitt wünschen wie männliche Kunden. «Haare sind Haare, Mensch ist Mensch», meint Simone etwas genervt.
Viele würden argumentieren, dass Frauenhaare schliesslich nicht nur geschnitten, sondern auch geföhnt und gestylt werden wollen — dabei stimme das überhaupt nicht. Mit dieser Meinung ist er nicht alleine: Der Verband Österreichischer Friseur*innen liess verlauten, dass genderneutrale Preise angestrebt werden sollen. Nicht so das Schweizer Pendant: Für sie seien die verschiedenen Preise gerechtfertigt, u.a. da die Forschung an «Frauenprodukten» teuer sei. «Mir ist egal, was die meinen», sagt Simone.
Doch nur seinen Service zu einheitlichen Preisen anzubieten, wäre dem Liquid-Gründer und seiner guten Freundin Lissa Hauri, die von Anfang an dabei war, zu wenig gewesen. Stattdessen wollten sie auch einen Safe Space schaffen, in dem queere Menschen ohne Angst vor Verurteilung sie selbst sein können. Das kam auch gut an: Simone und Lissa konnten sich vor Anfragen kaum retten, ihr Team ist mittlerweile von zwei auf elf Leute angewachsen.
Der nächste logische Schritt war also, ein weiteres, grösseres Geschäft gleich um die Ecke zu eröffnen. Lissa führt mittlerweile die erste Filiale alleine, Simone hat sich am neuen Ort ein Büro eingerichtet, das zugleich auch Showroom ist für seine Perücken. Dies ist nämlich seine zweite Leidenschaft neben dem Haareschneiden, Perücken aus Echthaar von Grund auf zu kreieren.
«Zwischen zwei Jobs war ich auf der Suche nach Beschäftigung und begann, dies für mich und als Hobby zu machen. Es dauerte nicht lange, und die ersten Freund*innen klopften an, weil sie auch eine ähnliche Perücke wollten», erzählt er. Irgendwann habe es sich langsam gelohnt, Kapital daraus zu schlagen und eine eigene Linie zu gründen: Moneri Hair — auch das, ohne die Community zu vergessen. Zu seiner Kund*innenschaft gehören auch trans Personen und Dragqueens, die eine vorurteilslose Beratung schätzen.
Was wir 2023 tragen
#Vokuhila Nach den Trends für dieses Jahr gefragt, ist Simone voll in seinem Element. Als erstes verkündet er: «Der Mullet — auf Deutsch: Vokuhila — ist zurück, allerdings etwas moderner und stylischer als in den 80ern.“ Des weiteren sei die Nachfrage für den sogenannten Wolf Cut sehr gross, einer Art Vokuhila mit welligen Stufen und daher mehr Volumen; Miley Cyrus und Billie Eilish machen’s vor. Auch die Balayage-Technik, bei dem helle Spitzen mit dunklem Haaransatz kombiniert werde, feiere im Moment ein ziemliches Revival: «Das Tolle daran ist, dass es praktisch mit jeder Farbe funktioniert.»
#Curtain Bangs Wer gerne Pony trägt, sollte sich Curtain Bangs machen lassen — eine Art in der Mitte geteilten Pony, der dem Namen nach wohl am ehesten an Vorhänge erinnert. Auch die Dauerwelle soll anscheinend wieder vermehrt gefragt sein. «Dies stellt uns Fachleute vor Herausforderungen», erklärt Simone.
Denn: «Die erforderlichen Produkte sind veraltet und schädlich fürs Haar, wobei mittlerweile neue in Entwicklung sind. Doch junge Stylist*innen müssten erstmal darin geschult werden, da der letzte Dauerwellen-Trend 20 Jahre alt ist.»
#Copper Hair Soviel zu Stil und Technik, doch wie sieht es mit den Farben aus? Simone empfiehlt: «Warme Töne. Also alles, was Richtung Rot oder Kupfer geht.» Im Moment laufe gerade die Saison der aschigen Farben aus, denn seit Kendall Jenner Copper Hair trägt, häuften sich die Nachahmer*innen.
Das mit der Queerness meinen die Liquid-Macher*innen ernst: Nicht nur unter den Kund*innen, sondern auch im Team trifft man bunte Menschen an, die unkonventionelle Schnitte und gender-non-konforme Outfits tragen. Im Schaufenster klebt ein Regebogensticker, über die Lautsprecher läuft eine queere Playlist, von Simone kuratiert.
Statement und Selbstidentifikation – Mehr als nur Haare! Warum es auch eine wichtige Rolle spielt, was wir auf dem Kopf tragen (MANNSCHAFT+)
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