Glitzer, immerhin: Lord Of The Lost fahren zum ESC
Deutschland will mit «Blood & Glitter» punkten
Nach vielen enttäuschenden Plätzen mit geschmeidigen Popsongs setzt Deutschland beim Eurovision Song Contest 2023 auf Lautstärke: Die Rockband Lord Of The Lost singt von Blut und Glitzer – und will «noch mal einen drauflegen».
Von Jonas-Erik Schmidt, dpa
Diesmal wird es laut und ein bisschen düster: Deutschland schickt die Rockband Lord Of The Lost zum Eurovision Song Contest (ESC) 2023. Die Hamburger Gruppe, die mit blutroten Outfits, viel Schminke und noch mehr Dezibel auftrat, gewann in der Nacht zum Samstag den deutschen ESC-Vorentscheid in Köln. Sänger Chris Harms liess sich von Moderatorin Barbara Schöneberger erstmal kneifen, um den Triumph verarbeiten zu können. «Ich bin wirklich sprachlos», sagte der Musiker. «Ich bin sonst relativ eloquent.»
Die Band verdankte ihr Ticket zum ESC-Finale, das am 13. Mai in Grossbritannien ausgetragen wird (MANNSCHAFT berichtete), vor allem dem Publikum. Es katapultierte die Rocker am Ende der ARD-Show «Unser Lied für Liverpool» an allen anderen Bewerber*innen vorbei auf den ersten Platz. Nach dem zunächst eingeholten Jury-Votum, das Fachleute aus acht Ländern abgegeben hatten, hatte es ganz und gar nicht nach einem Sieg der Combo ausgesehen. Da waren Lord Of The Lost nur auf dem fünften Platz gelandet. Publikums- und Jurystimmen machten je 50 Prozent aus.
Der Sänger von Lord Of The Lost, Chris Harms, kündigte an, dass man bei der Bühnen-Show nun «natürlich noch mal einen drauflegen» werde. «Unsere Designerin ist gerade hochschwanger. Ich weiß nicht, ob sie es jetzt noch schafft, uns etwas zu nähen. Aber ich würde gerne das alles noch größer, noch glamouröser machen», sagte er. Dennoch: Es werde eine «Rock-Show» bleiben – ohne Tänzer oder aufwendige Choreo. Toll wäre aber zum Beispiel ein roter Pyro-Regen, meinte Harms.
«Jungs von St. Pauli» seien sie, sagte Harms in der Nacht zum Samstag, als plötzlich die Scheinwerfer auf seine Rock-Combo ausgerichtet waren. Einzig der Schlagzeuger Niklas Kahl, der sei aus dem Harz. Gegründet wurde die Rockband 2009. In interessierten Kreisen kennt man sie bereits, auch ihre Fan-Basis gilt als lebhaft. Im Mainstream hatten Lord Of The Lost schon Achtungserfolge. Anfang 2023 schoss das Album «Blood & Glitter» an die Spitze der deutschen Album-Charts. Genau wie diese Platte heisst nun auch der Titel, mit dem Lord Of The Lost am 13. Mai für Deutschland antreten werden: «Blood & Glitter».
Die Band fühlt sich bei Live-Auftritten wohl. Die «halbe Welt» habe man dabei mittlerweile bespielt, wie es Chris Harms nennt. Festivals gehören ebenfalls zu Programm. Und die Grossen des Fachs schätzen sie durchaus – Lord Of The Lost waren mit Iron Maiden auf Tour.
Ein guter Song ist ein guter Song! Ob du ihn jetzt mit einer Gitarre oder eine Tuba spielst, ist letztendlich egal.
Bekannt ist die Band zudem für ihre durchdacht geplanten Auftritte – Musik und Outfits bilden ein Gesamtkonzept. Die Kostüme sind mitunter aufwendig, die Schminke dick. So entstand auch die Performance beim ESC-Vorentscheid. «Einfach in Jeans und T-Shirt auf die Bühne zu gehen», das würde sich für Lord Of The Lost komisch anfühlen, sagte Harms.
Der Sänger ist allerdings auch in anderen Gefilden als dem harten Rock unterwegs – auch als Produzent. Unter anderem arbeitete Harms mit Schlagersänger Nino de Angelo («Jenseits von Eden») zusammen. «Ein guter Song ist ein guter Song! Ob du ihn jetzt mit einer Gitarre oder eine Tuba spielst, ist letztendlich egal», sagte Harms 2021 in einem Interview von rtl.de.
Das könnte dich auch interessieren
Österreich
Nach Eurogames: Wien fördert auch 2025 verstärkt LGBTIQ-Projekte
Die Eurogames in Wien hatten eine internationale Ausstrahlung. Vizebürgermeister Wiederkehr will auch deshalb künftig LGBTIQ-Projekte weiter fördern.
Von Newsdesk Staff
Kultur
Coming-out
«Schäme micht nicht»: Sänger Khalid outet sich
Der Grammy-Gewinner war zuvor von einem Kollegen als schwul beschimpft worden
Von Newsdesk Staff
Musik
News
Ausstellung
Retrospektive Nan Goldin: Eine Pionierin der queeren Fotografie
Nan Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. Eine Berliner Ausstellung widmet ihr eine Retrospektive – mit intimen Einblicken in das Leben der US-Fotografin.
Von Newsdesk/©DPA
Kultur
Kunst
Fotografie
Kommentar
ESC-Referendum: Es geht um Homo- und Transphobie, nicht um Kosten
Der Eurovision Song Contest kommt 2025 in die Schweiz – doch statt Vorfreude dominiert eine Diskussion über die Kosten. Am Sonntag kommt es in Basel zum Referendum. Ein Kommentar* von Mona Gamie.
Von Mona Gamie
Drag
Eurovision Song Contest
Kolumne