«Gilded Age» bekommt 3. Staffel – aber was wird aus Oscar und John?
Die Serie von Julian Fellowes mit zentraler schwuler Lovestory wird fortgesetzt
Die HBO-Serie «The Gilded Age» des «Downton Abbey»-Erfinders Julian Fellowes bekommt eine weitere Staffel, nachdem diese Woche das Finale der zweiten Staffel ausgestrahlt worden war. Das meldet u.a. das Branchenportal Playbill.com.
Zur Erinnerung: Die Serie spielt in New York City in den 1880er Jahren, im sogenannten «goldenen Zeitalter» immenser wirtschaftlicher Veränderungen und unfassbaren Reichtums bei den oberen Zehntausend. Wegen des vielen «neuen» Geldes muss sich die Society an der Ostküste der USA neu sortieren, was von Fellowes als grosses Gesellschaftsspektakel inszeniert wird.
Im Zentrum steht dabei der Aufstieg der neureichen Bertha Russell (gespielt von Carrie Coon) und ihrer Familie, die sich mit der allmächtigen Mrs. Astor (Donna Murphy) arrangieren muss. Zu den alteingesessenen Familien gehört auch Agnes van Rhijn, die mit ihrer Schwester Ada und Nichte Marian (gespielt von Meryl Streeps Tochter Louisa Jacobson) schräg gegenüber von den Russells wohnt.
Agnes – verkörpert von Christine Baranski (bekannt aus den «Mamma Mia»-Filmen) – ist grob gesagt das Äquivalent von Maggie Smith als Dowager Countess of Grantham in «Downton Abbey». Kurz, die Verkörperung von Snobbismus und Standesdünkel. Sie will keinerlei Veränderungen am Status quo.
Schwule Beziehung mit dem Enkel des US-Präsidenten Agnes hat in dieser Geschichte einen Sohn namens Oscar, der von Staffel 1 an als schwul vorgestellt wird; er lebt in einer heimlichen Beziehung mit John Adams, dem Enkel von Präsident John Quincy Adams. Niemand darf von ihrer sexuellen Orientierung wissen, schon gar nicht Agnes.
Oscar und John sind mit Blake Ritson und Claybourne Elder spannend und hochindividuell besetzt, beide liegen auch schnell nackt im Bett. Aber: Wie so oft bei Fellowes werden LGBTIQ-Themen früh und prominent angeteasert, rutschen dann aber ebenso schnell in den Hintergrund.
Das heisst, in den bisherigen zwei Staffeln lief die Geschichte von Oscar und John immer nur nebenbei weiter und wurde nie voll ausgekostet. Das kann man sehr bedauerlich finden, weil gerade die Frage nach der sozialen Stellung von gleichgeschlechtlich begehrenden Männern im späten 19. Jahrhundert ausgesprochen interessant ist und zuletzt in Romanen wie «Das neue Leben» des jungen Cambridge-University-Historikers Tom Crewe brillant behandelt wurde (MANNSCHAFT berichtete).
Auch zu schwulem Leben speziell in New York gibt es schon lange Publikationen wie «Gay New York: Gender, Urban Culture, and the Making of the Gay Male Word 1890-1940» von George Chauncey.
Blumenbouquets und Festbankette Während Fellowes und seine Drehbuchautor*innen sich sehr freizügig bei bereits vorhandenem Material bedient haben, allen voran bei Edith Wharton, haben sie scheinbar bislang keinerlei Interesse für Chauncey gezeigt – oder wollen Zuschauer*innen «solche Geschichte» nicht im gleichen Umfang «zumuten» wie unendliche Einstellen und Blumenbouquets und Festbanketten.
Wie die Geschichte von Oscar van Rhijn und John Adama in Staffel 3 weitergehen wird, darf man gespannt abwarten.Auch darauf, ob man wie bei «Downton» auf eine fortgesetzte Kinofassung warten muss, bis es ein schwules Happy End gibt (MANNSCHAFT berichtete).
Als LGBTIQ-Zuschauer*in bietet die Serie von der Besetzung allerdings auch viele weitere Gründe, sie begeistert zu schauen, u.a. spielen Cynthia Nixon (aus «Sex and the City») sowie Nathan Lane («Jeffrey», «The Birdcage») mit, neben sehr vielen weiteren Ikonen aus dem LGBTQ-Universum.
Francesca Orsi, Chefin der Abteilung HBO Drama Series and Films, sagte diese Woche: «Wir sind so stolz auf das, was Julian Fellowes und die Familie von ‹The Gilded Age› erreicht haben. Von den Kostümen über das Produktionsdesign bis hin zu den Darbietungen hat die Serie Woche für Woche so viele Menschen in ihren Bann gezogen. Zusammen mit unseren Partnern bei Universal Television sind wir begeistert, diese grossartige Geschichte in einer dritten Staffel fortzusetzen.»
Erin Underhill, Präsidentin von Universal Television, ergänzte: „Es gibt noch viel mehr Geschichte zu erzählen mit ‹The Gilded Age›. Wir sind hocherfreut, dass HBO den Fans eine weitere Staffel von Julian Fellowes‘ unglaublicher Erzählkunst bietet. Die Darsteller und die Crew haben so viel Herzblut in die letzten beiden Staffeln gesteckt, und wir sind so stolz darauf, dass sich all diese harte Arbeit mit einer weiteren Staffel auszahlt… Sie werden nicht verpassen wollen, was als nächstes kommt!»
Man kann die Serie u.a. beim Sender Sky sehen oder bei Amazon Prime kaufen.
Filmkritiker Patrick Heidmann hat die Serien aufgelistet, die 2023 zu einem queeren Highlight machten (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Solothurner Filmtage
Schweizer Doku «Quir»: So geht schwule Liebe auf Sizilien
Der Schweizer Dokumentarfilm «Quir» über ein schwules Paar in Sizilien ist bei den Solothurner Filmtagen für den Prix du Public nominiert.
Von Greg Zwygart
Schweiz
Kultur
Film
Schwul
Buchtipp
Trans Personen erzählen: «Immer weitermachen. Egal was andere sagen»
Im Buch «Wir sind wir» erzählen 20 junge trans Personen von ihrem Lebensweg. Sie berichten von Schwierigkeiten, von Erfolgserlebnissen, erzählen von verzweifelten Situationen, und davon, wie sie sich letztendlich nicht haben entmutigen lassen.
Von Michael Freckmann
TIN
Geschlecht
Buch
Kultur
Award
Trophäen-«Buzz»: Wer mischt bei Globes und Oscars mit?
In Hollywood steigt das Preisfieber. Erst werden die Golden-Globe-, dann die Oscar-Kandidat*innen benannt. Wie steht es um die Filme mit queeren Themen?
Von Newsdesk/©DPA
Kultur
Film
Interview
Lara Hulo: «Bis 27 habe ich nur Männer gedatet»
Lara Hulo aus dem norddeutschen Schleswig singt in ihren gefühlvollen, sparsam instrumentierten und intensiven Liedern wie «Side B*tch» und «Für Änni» darüber, wie es ist, plötzlich in eine Frau verliebt zu sein.
Von Steffen Rüth
Kultur
Liebe
Bi
Musik