Endlich wieder Eurovision Song Contest – als Netflix-Film

US-Komiker Will Ferrell spielt in « Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» einen isländischen Teilnehmer

Eurovision Song Contest (Foto: Netflix)
Eurovision Song Contest (Foto: Netflix)

Über einen Monat ist es nun her, dass eigentlich der Eurovision Song Contest hätte stattfinden sollen (MANNSCHAFT berichtete), und mindestens die Hardcore-Fans des ESC – von denen es bekanntlich etliche gibt – spüren den Schmerz der Corona-bedingten Absage noch immer. Nun kommt immerhin ein kleiner Trost, in Gestalt des Films «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» (jetzt auf Netflix!).

Dahinter steckt ausgerechnet ein Amerikaner! Will Ferrell, der hier als Hauptdarsteller, Produzent und Ko-Autor verantwortlich zeichnet, hatte in seinen Filmen immer schon etwas übrig für eher bizarre Milieus. In der Vergangenheit widmete er sich der Welt der Nachrichtensprecher («Anchorman»), Eiskunstläufer («Die Eisprinzen») oder Rennfahrer («Ricky Bobby – König der Rennfahrer»). Wer’s ganz besonders schräg mag, sollte auf Amazon Prime mal in «Die Rose Parade 2018 präsentiert von Cord & Tish» reingucken. Doch welchen Bezug bitte hat der Mann zum Eurovision Song Contest, der in den USA eigentlich bestenfalls ein Kultding unter Schwulen ist?

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Die Erklärung ist recht einfach: Ferrells Ehefrau ist Schwedin – und dort sah er 1999 live vor dem Fernseher, wie die Schwedin Charlotte Nilsson den Sieg nach Hause holte. Seither, so gab er kürzlich zu Protokoll, habe er einen Film über diese aussergewöhnliche Musik-Veranstaltung drehen wollen.In „Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» spielt er nun den liebenswerten Isländer Lars Erickssong, der von einer Teilnahme am ESC träumt, seit ABBA 1974 mit «Waterloo» auf dem ersten Platz landeten.

In seinem Heimatstädtchen Húsavík, wo übrigens jahrelang das grösste Phallusmuseum der Welt zu finden war (was der Film erstaunlicherweise nicht für naheliegende Gags nutzt), findet er dabei wenig Unterstützung, am wenigsten bei seinem grummeligen Vater (Pierce Brosnan). Nur seine Jugendfreundin und heimliche grosse Liebe Sigrit (Rachel McAdams) glaubt an Lars’ Traum und sein musikalisches Talent (und ausserdem an Elfen): unter dem Bandnamen Fire Saga reichen sie gemeinsam einen Song ein.

Einige Zu- und Unfälle später vertritt Fire Saga tatsächlich Island beim Eurovision Song Contest in Edinburgh. Nicht einmal das eigene Team glaubt allerdings daran, dass das Duo im Halbfinale eine Chance hat. Sigrit und vor allem Lars können ihr Glück trotzdem kaum fassen.

Bald geht allerdings schief, was nur schief gehen kann, wobei eine tragendeRolle dem gut geföhnten russischen Top-Favoriten Alexander Lemtov (herrlich komisch: Dan Stevens) zukommt. Der hat nicht nur etwas übrig für knackige Tänzer in engen Goldhosen und Statuen mit grossen Schwänzen, sondern offensichtlich auch für Sigrit, was damit zusammenhängen könnte, dass er festen Überzeugung ist, queere Menschen gäbe es in Russland selbstverständlich nicht.Wer nun erwartet, «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» würde zu einer fiesen Satire, die dieses ja durchaus in mancher Hinsicht absurde Event durch den Kakao zieht, liegt falsch. Damit wäre der Film zwar womöglich an manchen Stellen noch ein bisschen lustiger geworden, als er jetzt ist.

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Doch Ferrell geht es vielmehr um eine warmherzig-liebevolle Hommage, deren Humor eher albern als abgründig ist. Kein Wunder, dass die Sache auch von oberster Stelle abgesegnet ist: ESC-Boss Jon Ola Sand gibt sich im Film sogar selbst die Ehre, genauso übrigens wie einige der beliebtesten Eurovision-Künstler*innen der letzten Jahre (ausgerechnet zu einem Abba-Madonna- Cher-Medley!).

Auch in Sachen Kostümen und Bühnenshows ist in jedem Moment zu sehen, dass hier Leute am Werk waren, die bestens mit der Show vertraut sind.Keine Frage: mitunter ist diese Komödie fast ein bisschen zu zahm. Wenn es eine Veranstaltung gibt, die es gut verträgt, wenn man auch mal etwas zu dick aufträgt, dann schliesslich der Eurovision Song Contest. Ein bisschen mehr von allem hätte also nicht geschadet, gerade übrigens auch in Sachen Queerness (wovon der Film z.B. gar nicht erzählt, ist die ESC-Anhängerschaft).

Viel Spass macht «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» trotzdem, auch dank prominenten Nebendarsteller*innen wie Demi Lovato als Islands ursprünglich vorgesehener Kandidatin, Männer-Model Jon Kortajarena (bekannt aus «A Single Man» und als Ex von Luke Evans) sowie Graham Norton als er selbst, sprich: ESC-Kommentator. Ach, und ganz zu schweigen von den Songs, die durch die Bank so viel Hitpotential haben, dass sie das echte Eurovision-Niveau eigentlich weit hinter sich lassen.

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