Dublin: Rugby-Spieler als «Schwu***el» attackiert
Die Welle der Gewalt gegen LGBTIQ in Irland ebbt nicht ab
In Dublin wurde ein schwuler Rugby-Spieler von den Emerald Warriors vor einem Supermarkt von einer «marodierende Bande» krankenhausreif geschlagen.
Der 23-jährige Evan Somers verliess am 10. April frühmorgens einen Supermarkt in der zentralgelegenen Dame Street (nahe dem LGBTIQ-Ausgehzentrum Temple Bar). Zuvor war er in verschiedenen Clubs unterwegs gewesen, u. a. in der legendären Schwulenbar George.
Nach Angaben der irischen Polizei, An Garda Síochána, soll Somers anfangs nur von einem einzelnen Mann ins Visier genommen worden sein, der ihn homophob beschimpfte, bevor er zuschlug. Danach sollen mehrere weitere Männer dazugekommen sein und ebenfalls auf Somers eingeschlagen haben. (MANNSCHAFT berichtete über einen neuen Spielfilm über offen schwule Rugby-Spieler.)
Somers sei nach Verlassen des George mit einer Gruppe Freunden unterwegs gewesen, erzählte er dem Radiosender Newstalk FM. «Ich war der offensichtliche Schwule in der Gruppe, in der bestmöglichen Weise. Das ist nichts, was ich zu verstecken versuche», so Somers.
Der erste Angreifer habe ihn «Schwuchtel» («faggot») genannt und ins Gesicht geschlagen. An die weiteren Einzelheiten könne sich Somers nicht erinnern, sagt er, weil er von dem Schlag bewusstlos geworden sei.
Somers postete später Fotos von sich im St.-James-Krankenhausbett und schrieb auf Twitter, er habe zwei gebrochene Augenhöhlen, Brüche am Fussgelenk und weitere kleinere Verletzungen. Dazu ergänzte Somers als Kommentar: «Wir sind weit gekommen, aber haben immer noch einen langen Weg vor uns in Bezug auf Gleichberechtigung.»
Wir sind weit gekommen, aber haben immer noch einen langen Weg vor uns in Bezug auf Gleichberechtigung
Nach einem Bericht des Sunday Independent sollen einige der Angreifer 40 Minuten zuvor einen anderen Mann attackiert haben. Dieses zweite Opfer um die 30 Jahre sei demnach gegen 3 Uhr morgens ebenfalls krankenhausreif geschlagen worden. Als die Bande vom ersten Tatort floh, lief ihnen Somers gegen 3.45 Uhr über den Weg. Sie sahen, wie dieser beschimpft wurde, und griffen in die Auseinandersetzung ein.
Bislang sei niemand verhaftet worden, heisst es, da die Polizei in beiden Fällen noch Material aus Überwachungskameras auswerte und nach Spuren suche.
Pendel der Akzeptanz schlägt zurück Überregionale Aufmerksamkeit erregte der Fall Somers, weil er Teil der derzeitigen Welle von Gewalt gegen LGBTIQ in Irland ist, die zum tragischen Tod von Aidan Moffit und Michael Snee in Sligo führte (MANNSCHAFT berichtete). Der 22-jährige Yousef P. ist wegen Mord an Moffit und Snee angeklagt.
In einem Interview hatte Graham Norton, der bekannte BBC-Präsentator aus Irland, darauf hingewiesen, dass er das Pendel der Akzeptanz für Homosexuelle in seinem Geburtsland wieder in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen sehe. Wodurch viele der Errungenschaften für LGBTIQ zuletzt wieder in Frage gestellt worden seien (MANNSCHAFT berichtete).
Norton sagte in einem Interview er habe über diese Pendelbewegungen mit RuPaul gesprochen. Dieser frage sich angesichts der aktuellen LGBTIQ-Nachrichten immer wieder: «Haben wir das nicht schon alles vor 20 Jahren erledigt?»
Viel Alkohol und Kokain im Spiel Laut Indepedent seien nach den vielen Lockdowns wieder viele Menschen in Dublin unterwegs, um zu feiern. «Leider ist dabei viel Alkohol und Kokain im Spiel», wird ein*e Polizeibeamt*in zitiert. «Und viele Leute sind unterwegs, die auf Schlägereien aus sind.»
«Das Zentrum von Dublin ist derzeit eine gefährliche Ecke», so der*die Beamt*in. «Wir brauchen mehr Polizeieinheiten. Es darf solche Fälle von Banden nicht geben, bei denen diese Art von Attacken straflos durchgehen.»
Vize-Premierminister Leo Varadkar reagierte als einer der Ersten auf den Vorfall und besprach mit Justizministerin Helen McEntee, dass man neben mehr Polizeipräsenz auf den Strassen von Dublin auch «neue Gesetze gegen Hassverbrechen» brauche. Er wünschte Somers schnelle und gute Besserung.
Wenn der Anblick der Fotos für jemanden unbequem sei, dann sei das genau die Wirkung, die sie haben sollten
Somers wiederum sagte, er habe die Bilder von sich im Krankenhaus nicht veröffentlicht, um Aufmerksamkeit auf sich selbst zu ziehen, sondern weil die Öffentlichkeit die Folgen solcher Angriffe sehen müsse. Das sei die «Realität» vieler LGBTIQ, die sie regelmässig erdulden müssten. Wenn der Anblick der Fotos für jemanden unbequem sei, dann sei das genau die Wirkung, die sie haben sollten.
Diese Woche haben verschiedene internationale LGBTIQ-Nachrichtenportale den Fall aufgegriffen und weiterverbreitet.
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