«Doppelter Skandal»: Serien noch zu oft von Männern entwickelt
Drehbuchautorinnen Annette Hess («Ku'damm 56») und Kristin Derfler üben scharfe Kritik
Angesichts des Serienbooms fordern die Drehbuchautorinnen Annette Hess und Kristin Derfler, mehr Projekte in die Hände von Frauen zu geben. Sie kritisieren, vor allem prägende Autorenpositionen gingen noch zu oft an Männer.
«Was Frauen in Deutschland oft schreiben dürfen: lustige, kleine Webserien oder Nischenformate», sagte Hess («Weissensee», «Ku’damm 56»). «Die männlichen Kollegen bekommen die grossen Millionenbudgets.» So bleibe das gesellschaftliche Narrativ männlich geprägt. (MANNSCHAFT berichtete über die Bühnenversion von «Ku’damm 56».)
Die Autorinnen haben untersuchen lassen, wer Serien in Deutschland schreibt. Methodisch ist das herausfordernd. Bei einem Kino- oder Fernsehfilm sei es noch relativ einfach, die Autorennamen zu recherchieren, heisst es in der Untersuchung von Belinde Ruth Stieve. Bei Serien falle dies schwerer, etwa weil es mehrere Folgen und eine grössere Zahl von Autoren gebe, die oft nicht vollständig veröffentlicht würden.
Schliesslich wurden in einem ersten Schritt 202 Staffeln von 146 Serien betrachtet, die erstmals zwischen 2017 und 2021 liefen. Von allen Schreibern sei etwa ein Drittel weiblich gewesen. Bei Positionen mit grösserem Einfluss habe der Anteil niedriger gelegen.
«Pussiwrita»-Initiative «Es gibt zwar fast 34 Prozent Autorinnen gesamt. Entscheidend aber sind die Positionen», sagte Derfler («Two Sides of the Abyss», «Brüder»). Im Staffwriting finde man noch ein Drittel Frauen vor, doch je mehr es um visionäre, prägende Autorenpositionen gehe, umso weniger Frauen gebe es.
Nur 13 Prozent der sogenannten Creators seien weiblich. «Da muss man sich schon fragen: Woran liegt das? Denn an den Schulen werden mehr Autorinnen ausgebildet. Es liegt also nicht daran, dass wir nicht genügend Erzählerinnen haben.»
Die Autorinnen werben für eine Quote. «Die Forderung ist klar: Wir wollen eine Quote von 50 Prozent weibliche Creators», sagte Derfler. Das sollte ihrer Meinung nach Pflicht sein für Serien, die für öffentlich-rechtliche Programme entstehen oder die öffentliche Fördergelder bekommen.(MANNSCHAFT berichtete über Forderungen nach einer Frauenquote.)
«Und die Privaten kann man moralisch unter Druck setzen: Ist das noch zeitgemäss?» Geplant sei auch ein Institut ihrer «Pussiwrita»-Initiative, um Autorinnen zu unterstützen.
«Männer bekonmmen ein Drittel mehr Honorar» Hess forderte zudem, Gehaltsunterschiede zu bekämpfen. «Honorare unterliegen der Geheimhaltung, aber ich habe männliche Kollegen unter der Hand befragt», sagte Hess der Deutschen Presse-Agentur. Es sei dasselbe wie im Schauspiel, wo es ja inzwischen durch prominente Hollywoodschauspielerinnen bekannt gemacht worden sei.
«Bei gleicher Expertise, bei gleichem Bekanntheitsgrad: Die Männer bekommen ein Drittel mehr Honorar. Frauen werden nicht nur weniger beschäftigt, sondern auch schlechter bezahlt. Ein doppelter Skandal.» (MANNSCHAFT berichtete über die neue Ausstellung zum Thema Frauen – und ihre Benachteiligung – im Bode-Museum.)
Das könnte dich auch interessieren
Film
«Norwegian Dream» im Fernsehen: Schwule Liebe am Fjord
«Norwegian Dream» ist das Spielfilmdebüt von Leiv Igor Devold, der in Warschau geboren wurde und in Oslo aufwuchs. Er entfaltet die schwule Liebesgeschichte der beiden jungen Männer, die mit Homophobie konfrontiert sind. Die herbstlich-kühle Kulisse unterstreicht die nicht weniger kühle Atmosphäre in der Fischfabrik.
Von Patrick Heidmann
Kultur
Schwul
Gesundheit
Schwuler Sex unter Drogen: «Ich war körperlich völlig am Ende»
Der schwule Wiener Dorian erzählt in einer ORF-Sendung, wie die Drogensucht seine Karriere zerstört hat.
Von Christian Höller
Österreich
Lust
TV
People
Jay Khan erlebte nach Dschungelcamp jahrelang «Hölle auf Erden»
Ex-Boyband-Mitglied Jay Khan hat eine viel beachtete Autobiografie geschrieben. Darin rechnet er zum Teil auch mit dem Showbusiness ab.
Von Newsdesk/©DPA
Buch
TV
Musik
Serie
Trailer für «Stranger Things»-Finale da – Fans müssen noch durchhalten
Fans des Netflix-Hits «Stranger Things» mussten sich lange gedulden. Die letzten Folgen der spannenden Mystery-Serie kommen ab November – ein düsterer Trailer stimmt nun darauf ein.
Von Newsdesk/©DPA
Coming-out
Unterhaltung
News