Der höchste Reformierte sagt Ja zur Eheöffnung
Die Homosexualität gehöre zum Schöpfungswille Gottes, so Gottfried Locher
Gottfried Locher ist höchster Reformierter der Schweiz und befürwortet in einem Interview klar die Eheöffnung für Schwule und Lesben. Bei den reformierten Kantonalkirchen gibt es jedoch noch keine einheitliche Parole.
In einem Interview mit den Zeitungen der Tamedia spricht sich Gottfried Locher klar für eine Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare aus. «Auch Homosexualität entspricht Gottes Schöpfungswillen», sagt er. «Es gibt keinen Spielraum: Man kann nicht lavieren und sagen, das könne man verschieden sehen.» Es sei ein bewährtes System, dass der Staat die Ehe definiere und von den Reformierten dann den Segen Gottes erhalten würden.
Locher ist Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK und somit höchster Reformierter der Schweiz. Der SEK ist ein Zusammenschluss der reformierten Kantonalkirchen und der Evangelisch-methodistischen Kirchen. Locher hofft, an der Abgeordnetenversammlung vom 4. November eine einheitliche Parole der SEK verabschieden zu können. Bis jetzt zeigen sich die verschiedenen Kantonalkirchen gespalten.
Mit seiner Aussage wolle Locher jedoch nur für sich sprechen. Zudem distanziert sich der 52-Jährige vom Begriff «Ehe für alle». «Wir wollen ja keine Kinderehe, keine Zwangsehe oder Vielehe», sagt er gegenüber der Tamedia. «Lieber spreche ich mit dem Gesetzgeber von der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare.»
Schweizer Parlamentswahlen «sehr entscheidend» für LGBTIQ
Die Gegner der Eheöffnung seien nicht unbedingt die Kirchen der Westschweiz, so Locher. Es handle sich vielmehr um einen Stadt-Land-Graben. «Nehmen wir das Zürcher Oberland oder das Berner Oberland, da gibt es massiven Widerstand», sagt er. So gehöre beispielsweise die Pride klar ins urbane Umfeld. «Mir ist die demokratische Meinungsbildung in der Kirche wichtig, nur so lassen sich Ängste abbauen.»
In der Ehefrage sieht Locher das Potenzial zur Spaltung der Kirchen und nennt als Beispiele die Methodist*innen und Anglikaner*innen. «Es ist mein Anliegen, dass das innerhalb des Kirchenbunds nicht passiert.» Ein einheitliches Glaubensbekenntnis gehört zu den fundamentalen Grundwerten des SEK.
Auf politischer Ebene ging die Vernehmlassung zur Ehe für alle im Juni dieses Jahres zu Ende. Um eine entsprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten, hat der Nationalrat die Frist bis Sommer 2021 verlängert.
GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy reichte die parlamentarische Initiative «Ehe für alle» im Jahr 2013 ein. Im Februar 2019 schickte die Rechtskommission des Nationalrats eine Kernvorlage in die Vernehmlassung, dazu auch eine weitere Variante, die lesbischen Paaren den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin gewähren will.
Frist für Ehe für alle in der Schweiz verlängert
In der Vernehmlassung melden sich nebst politischen Parteien und betroffenen Interessensverbänden auch Kantonsregierungen zu Wort. So befürworteten etwa St. Gallen oder Zug zwar die Eheöffnung, nicht aber die zweite Variante mit der Regelung der Fortpflanzungsmedizin. Die Anliegen seien getrennt voneinander zu behandeln, so die Begründung.
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