Coming-out – so geht das!
Schwule Promis berichten von ihren Erfahrungen
Seit mittlerweile 30 Jahren wird am 11. Oktober der Coming-out-Day begangen. Der Schritt nach außen, das Sich-Outen, sorgt für Sichtbarkeit und soll helfen, Homo-, Bi- und Transphobie in der Gesellschaft abzubauen.
Man kann es machen wie Lucas Fischer. Der ehemalige Kunststurner und Europameister am Barren 2008 nutzte seine Ansprache bei der Verleihung des «LGBT+ Award» in Bern vor zwei Wochen für sein Coming-out. «Nach langer Suche zu mir selbst, kann ich endlich sagen, dass ich auch zu dieser Community gehöre», sagte der ehemalige Kunssturner und Europameister am Barren 2008 vor dem versammelten Publikum im Kursaal in Bern. Nach der Diagnose Epilepse hatte sich Fischer aus dem Spitzensport zurückgezogen.
Der hessische Staatssekretär Kai Klose (Grüne), Bevollmächtigter der Landesregierung für Integration und Antidiskriminierung, erkärte zum Coming-Out-Day: „Das Coming-Out ist für viele Menschen ein prägender biografischer Schritt. In den vergangenen Jahren konnten wichtige Fortschritte erzielt werden, um gesellschaftliche Stigmatisierung und Ausgrenzung abzubauen und das Outing zu erleichtern. Ein Coming-Out konnte früher nicht selten den Verlust der Existenzgrundlage, z.B. des Arbeitsplatzes oder der Wohnung, oder den Bruch mit der Familie bedeuten.“
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Darum bestimmt jeder den richtigen Zeitpunkt selber, das kann der Coming-out-Day sein, muss es aber natürlich nicht. Und jeder macht unterschiedliche Erfahrungen beim Coming-out. So wie der Comiczeichner Ralf König, der uns diese Geschichte erzählte:
Die qualvollste Testosteronausschüttung meines Lebens!
„Mit etwa 12 in der Hauptschule war ich zum ersten mal im Leben schwer verknallt in einen etwa 2 Jahre älteren Mitschüler, genannt ‚Porky‘. Der sah sexy aus, verströmte Pheromone und war versaut drauf – und natürlich hetero. So stand ich also heimlich fiepend daneben, wenn er hinter der Turnhalle Mädchen ‚abknutschte‘, ob die wollten oder nicht. Eines Nachts lag ich neben ihm, es war sommerwarm, er schlief fest, sein Schlafsack war ganz auf und sein nackter Brustkorb schimmerte im Dunkeln – kurz: ich hatte stundenlang die qualvollste Testosteronausschüttung meines Lebens! Im Hormondelirium hab ich ihn schliesslich geweckt und ernsthaft angeboten, ihm einen zu blasen, für 5 Mark! (5 Mark für ihn, wohlgemerkt. Ich war 13 und noch doof, es hätten mindestens 10 Mark sein sollen!) Er lehnte jedenfalls knurrend ab und ich hatte prompt den Psycho-Absturz, denn das war ja wohl mein Outing. Er hielt auch leider nicht dicht und dann gab es in der Klasse Gerüchte. Aber irgendwie traute sich bis auf ein Mädchen niemand, mich darauf anzusprechen. Gemobbt wurde ich aber auch nicht.
Der Coole war eindeutig ich
Später in der Berufsschule war ich 19 und offen schwul, da kritzelte ein Idiot in der Bankreihe hinter mir die schlechte Kugelschreiberzeichnung eines Arschficks auf einen Zettel und erntete damit Gekicher. Nach der Stunde fand ich den Zettel zusammengeknüllt neben dem Papierkorb. Ich hab mir einen Pin-Anstecker daraus machen lassen und steckte mir den an die Jacke. Der Typ schlich dann ungläubig um mich rum und brauchte eine Weile, um zu kapieren, dass es seine Zeichnung war. Der Coole war eindeutig ich.“
Michael Roth, Staatsminister (SPD) im Auswärtigen Amt, outete sich erst nach der Schulzeit. Aufgezogen und gemobbt wurde er aber schon als Jugendlicher.
„Manchmal war es ganz furchtbar. Ich war an der Werratalschule in Heringen Schulsprecher. Es gab da einen Schüler, der brüllte immer über den Schulhof: „Da kommt der Schwule!“ Ich wusste damals noch gar nicht, dass ich schwul bin, das war noch weit vor meinem Coming-out“, erzählt Roth gegenüber Mannschaft. Später hatten wir unsere Lehrerinnen und Lehrer gebeten, für die Abi-Zeitung anonym zu jedem Abiturienten etwas zu kommentieren. Einer der Lehrer hat über mich geschrieben: ‚gefährlich gestörtes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht‘.“
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