Kritik an London Pride: Kommerz, Bürokratie und Pinkwashing

«Randgruppen müssen vom Strassenrand aus zuschauen, weil sie sich keinen Platz im Umzug leisten können.»

Wer nicht an der London Pride mitmarschieren darf, muss vom Strassenrand aus zusehen. (Bild: James Gourley/London Pride)
Wer nicht an der London Pride mitmarschieren darf, muss vom Strassenrand aus zusehen. (Bild: James Gourley/London Pride)

Den Veranstalter*innen zufolge sei die Pride in London so vielfältig und nachhaltig wie noch nie. Trotzdem wird Kritik laut, der Umzug sei kommerziell, bürokratisch und ausgrenzend.

Heute Samstag geht in der britischen Hauptstadt die 47. Pride in London  über die Bühne. Rund 30’000 Personen laufen am Umzug mit, der durch das West End bis an den Trafalgar Square führt. Die Organisator*innen jubilieren: Der Event sei noch nie so vielfältig und nachhaltig gewesen.

Nicht alle teilen diese Meinung, darunter auch der LGBTIQ-Aktivist Peter Tatchell, der 1972 der erste Demonstrationsumzug durch London mitorganisiert hatte. «In den Neunzigern sind über 100’000 Personen am Umzug mitmarschiert. Die Zahlen würden heute ähnlich aussehen, wäre die Teilnahme am Umzug nicht begrenzt.», sagte er gegenüber dem Guardian. Die Pride sei bürokratisch und reglementiert geworden. «Organisationen können sich für den Umzug anmelden, LGBTIQ-Personen nicht.»

Tatchell kritisierte auch die hohen Infrastrukturkosten, die von der Stadt auf die Prideorganisation abgewälzt werden. Das führe dazu, dass die Pride auf ein Sponsoring durch Konzerne angewiesen sei. Damit steige auch die Gefahr des sogenannten Pinkwashings. «Einige Konzerne sehen die Pride als Gelegenheit, um LGBTIQ-Konsument*innen zu erreichen», sagte er.

LGBTIQ-Aktivist erster Stunde: Peter Tatchell. (Bild: Wikimedia Commons)
LGBTIQ-Aktivist erster Stunde: Peter Tatchell. (Bild: Wikimedia Commons)

Die Veranstalter*innen wehrten sich gegen die Vorwürfe des Pinkwashings. Direktes Marketing sei am Umzug nicht erlaubt. Zudem prüfe man jeden teilnahmenden Konzern auf seine Unternehmensrichtlinien betreffend LGBTIQ. Des Weiteren habe man den Firmen weniger Armbänder ausgehändigt, damit mehr Personen bei den LGBTIQ-Organisationen mitmarschieren können. Mit biologisch abbaubarem Glitzer, Wasserauffüllstationen und einer Bühne speziell für Minderheiten und People of Colour sei die Pride so grün und inklusiv wie noch nie.

Braucht es Kommerz an den Prides?

Tatchell ist nicht der einzige, der die diesjährige Durchführung der Pride in London kritisiert. Die Organistion «Lesbians and Gays Support the Migrants» startete eine Guerillaaktion und überklebte die Werbetafeln in den berühmten Doppeldeckerbusse der Stadt mit Slogans – als «Protest gegen die Kommerzialisierung» der Pride in London. Darauf hinterfragen sie die Teilnahme des Home Office – das britische Innenministerium – an der Pride, während «Randgruppen vom Strassenrand aus zuschauen, weil sie sich keinen Platz im Umzug leisten können.»

«Man fragt sich, weshalb wir überhaupt Pride in London zelebrieren», sagte Sam Bjorn, Vertreter der Organisation. «Während wir das Home Office feiern, müssen LGBTIQ-Geflüchtete, die entmenschlicht und festgehalten wurden und in ständiger Angst vor einer Abschiebung leben, aus dem Abseits zuschauen.»

Letztes Jahr hatte die LGBTIQ-Stiftung Stonewall die Pride in London aufgrund «fehlender Vielfalt» boykottiert. Dieses Jahr ist sie wieder mit dabei.

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