Polen kann «nicht das ganze EU-Geld einstecken, aber Werte ablehnen!»
Der belgische Botschafter wurde einbestellt
Das polnische Aussenministerium hat gegen Kritik des belgischen Premierministers Alexander De Croo protestiert und den Botschafter des Landes einbestellt.
Belgiens Premierminister Alexander De Croo ist ein Freund klarer Worte. Letztes Jahr forderte er Massnahmen gegen die staatlich provozierten und gewalttätigen Angriffe in Polen gegen LGBTIQ. «Jeder Europäer muss in der Lage sein, er selbst zu sein. Dies sind Grundrechte, bei denen wir keine Kompromisse eingehen», so der Politiker (MANNSCHAFT berichtete).
Jetzt hat er die polnische Regierung direkt angegriffen. Dem belgischen Diplomaten sei das Entsetzen Warschaus über De Croos Kommentar zu einem Interview des polnischen Regierungschefs Mateusz Morawiecki übermittelt worden, teilte das Aussenministerium am Freitag in Warschau mit. Morawiecki hatte beklagt, dass die EU-Kommission «mit einer Pistole an unserem Kopf» Forderungen stelle und durch die Zurückhaltung von Geldern einen «dritten Weltkrieg» starten könne.
Unsere Union ist eine Union der Werte, kein Bankautomat.
Dazu sagte De Croo am vergangenen Mittwoch: «Denen, die aufrührerische Interviews geben und denken, es sei notwendig, einen neuen Weltkrieg in der Financial Times zu starten, möchte ich sagen: Ihr spielt ein gefährliches Spiel, ihr spielt mit dem Feuer, wenn ihr gegen unsere europäischen Kollegen aus innenpolitischen Gründen Krieg anzettelt.» Zudem meinte er: «Unsere Union ist eine Union der Werte, kein Bankautomat. Man kann nicht das ganze Geld einstecken, aber die Werte ablehnen.»
Solche Äusserungen seien «nicht hilfreich» bei der Schaffung guter polnisch-belgischer Beziehungen, kritisierte das Ministerium in Warschau. Morawiecki hatte in dem Interview auch die EU aufgefordert, die Androhung von Sanktionen zurückzunehmen. Er drohte zudem mit einer harten Antwort, sollte die EU Polen die in der Corona-Pandemie vorgesehenen Wiederaufbauhilfen vorenthalten. «Wenn sie den Dritten Weltkrieg beginnen, werden wir unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen», hatte Morawiecki der britischen Zeitung Financial Times (Montag) gesagt.
Hintergrund des aktuellen Streits ist ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem wesentliche Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission und etlichen anderen Staaten als höchst problematisch angesehen, weil sie der nationalkonservativen PiS-Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu ignorieren. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte angekündigt, milliardenschwere EU-Corona-Hilfen für Polen solange zu blockieren, bis das Land bestimmte Justizreformen zurückgenommen hat.
Im September gab die Europäische Kommission bekannt, dass sie Mittel für fünf polnische Provinzen zurückstellt, die sich zu «LGBT-freie Zonen» erklärt hatten (MANNSCHAFT berichtete).
Aktuell debattiert Polens Parlament über ein Verbot von Pride Demos. Es dürfte dann u.a. kein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare mehr gefordert werden (MANNSCHAFT berichtete).
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