Behörden in China zwingen Shanghai Pride in die Knie
Die Organisator*innen können die Kulturveranstaltung bis auf weiteres nicht mehr durchführen
Seit 2009 gehört die Shanghai Pride zu den grössten LGBTIQ-Veranstaltungen Chinas. Ab sofort sollen jedoch keine Veranstaltungen mehr stattfinden – angeblich auf Druck der örtlichen Behörden.
Demonstrationsumzüge oder farbige Paraden gab es an der Shanghai Pride nie. Für die chinesische Regierung waren Pride-Aktivitäten wie man sie aus dem Westen kennt zu politisch. Stattdessen setzten die Veranstalter*innen auf Kunst und Kultur: Es gab Ausstellungen, Filmabende, Konferenzen und Tanzabende sowie eine Fahrradtour, die Bike Pride. Dabei radelten sechs Teams durch die Stadt – alle trugen T-Shirts in einer anderen Farbe des Regenbogens.
Damit soll jetzt Schluss sein. In einem offenen Brief mit dem Titel «Der Ende des Regenbogens» gaben die Veranstalter*innen «mit Bedauern» bekannt, dass es in der nahen Zukunft weder eine Shanghai Pride noch andere Events geben werde. Man wolle sich eine Pause gönnen. Eine andere Begründung nannten sie nicht.
Die CNN vermutet, dass die örtlichen Behörden hinter dem Aus steckt. Das Nachrichtenportal beruft sich auf eine Person, die «über die Situation Bescheid weiss», jedoch kein Teil der Shanghai Pride sei. Angeblich übten die Behörden einen derart grossen Druck auf die ehrenamtlichen Organisator*innen aus, dass diese ihrem Alltag und ihren beruflichen Tätigkeiten nicht mehr nachgehen konnten. Dies deutete das Organisationskomitee in einem separaten Schreiben an Partner und Sponsoren an.
«Es war eine schwere Entscheidung, doch wir müssen die Sicherheit aller involvierten Personen gewährleisten», schrieben sie. «Es waren tolle zwölf Jahre und wir fühlen uns geehrt uns sind stolz, diesen Weg gegangen zu sein, um die Sichtbarkeit und Vielfalt der LGBTIQ-Community zu fördern.»
Gegenüber CNN wollten weder die Veranstalter*innen der Shanghai Pride noch chinesische Aktivist*innen Stellung nehmen. Auch eine Sprecherin der Behörden in Shanghai wollte sich nicht weiter äussern und verwies auf die Organisator*innen.
Homosexuelle Handlungen sind in China legal, jedoch gesellschaftlich stark tabuisiert. Die Regierung bezeichnet Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten, die von der Norm abweichen, als «abnormal» ein. Im März 2016 mussten chinesische Streamingdienste auf Anweisungen der Zensur die erfolgreiche Webserie «Addicted» über zwei schwule Schüler entfernen, noch bevor die letzten drei Episoden ausgestrahlt werden konnten (MANNSCHAFT berichtete). Ein allgemeines Verbot von LGBTIQ-Inhalten im chinesischen Fernsehen war die Folge, im Jahr darauf wurde die Zensur auf das Internet ausgedehnt (MANNSCHAFT berichtete).
Obwohl Homosexualität seit 2001 offiziell nicht mehr als Krankheit gilt, wird sie von Teilen der Bevölkerung als mentale Störung und somit als therapierbar angesehen. Vor allem junge LGBTIQ-Menschen müssen brutale Konversionstherapien über sich ergehen lassen, die unter anderem aus Akupunktur, Hypnose, fragwürdigen Medikamenten oder gar aus Elektroschocks bestehen (MANNSCHAFT berichtete). Meist werden sie von ihrer eigenen Familie dazu gedrängt.
«Solange die queere Community keine Probleme macht, lässt man uns in Ruhe»
Im November 2022 sollen in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong die Gay Games über die Bühne gehen. In einer Medienmitteilung im November 2019 hielten die Organisator*innen an einer Durchführung fest. Wie die Regierung in Peking zum grossen LGBTIQ-Sportanlass steht, wird sich in nächster Zukunft zeigen.
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