Spielabbruch nach homophober Beleidigung – Tut sich was im Fussball?
Ein US-Zweitligist solidarisiert sich mit ihrem schwulen Mitspieler
In der zweithöchsten Fussball-Spielklasse der USA kommt es zu einem skandalösen Spielabbruch. Dabei setzt San Diego Loyal ein starkes Zeichen gegen Homophobie und solidarisiert sich mit ihrem schwulen Mittelfeldspieler.
In der zweithöchsten amerikanischen Fussball-Liga läuft das Spiel San Diego Loyal gegen Phoenix Rising, das Heimteam führt mit 3:1. Kurz vor der Halbzeitpause betitelt Pheonix-Stürmer Junior Flemmings seinen Gegenspieler Collin Martin als «Batty Boy». Die homophobe jamaikanische Beleidigung meldet der offen schwule Mittelfeldspieler von San Diego Loyal sofort dem Schiedsrichter. Daraufhin zeigt dieser Collin Martin die rote Karte, weil er denkt, dass er ihn homophob beleidigt. Damit ist das Chaos auf dem Feld perfekt.
«Keine andere Wahl» Als das Missverständnis geklärt war, forderte Landon Donovan, Trainer von San Diego Loyal und ehemaliger Leverkusen- und Bayern-Profi, dass Flemmings ausgewechselt werden soll. Der gegnerische Coach hatte für diese Forderung aber kein Gehör. So entschied sich das Heimteam – trotz klarer Führung zur Pause – das Feld beim Beginn der zweiten Halbzeit im Protest zu verlassen und so die Partie forfait zu verlieren. «Wir hatten keine andere Wahl. Ich bin unglaublich stolz auf diese Mannschaft und diesen Klub», sagte Trainer Donovan. Das Vereinslogo ist auf Twitter momentan in Regenbogenfarben zu sehen. Es war bereits die zweite Forfait-Niederlage innerhalb einer Woche für das Team: Zuvor verlor man freiwillig nach rassistischen Äusserungen gegen ihren Spieler Elijah Martin.
Am gestrigen Freitag veröffentlichte Collin Martin auf Instagram ein Statement zum Vorfall. Als er mit dem Schiedsrichter gesprochen habe, sei Flemmings zu ihnen gekommen. Er habe gesagt, dass er von seiner «Situation» wisse, bestritt aber, die Beleidigung «Batty Boy» gesagt zu haben.
Profikicker Collin Martin: «Es muss mehr schwule Fussballer geben»
Täter streitet alles ab Dass der jamaikanische Stürmer wusste, dass er schwul war, macht die Sache für Collin Martin nur noch schlimmer. «Weshalb benutzt er diese Beleidigung, wenn er wusste, dass ich schwul bin», fragt Martin in der Mitteilung auf Instagram.
«Es hat mich sehr berührt, wie meine Trainer, Teamkollegen und mein Verein reagiert haben», schreibt er weiter. Vor zwei Jahren hatte sich Collin Martin als erster US-Profi als schwul geoutet (MANNSCHAFT berichtete). Währenddessen wehrt sich Flemmings noch immer gegen die Vorwürfe: Er werde zu Unrecht in den sozialen Medien fertiggemacht. Er habe Collin Martin nicht beschimpft und solidarisiere sich mit der LGBTIQ-Bewegung.
Grosse Ehre für Hitzlsperger Ausgerechnet am Tag des Spielabbruchs in den USA wurde in Deutschland ein schwuler Ex-Nationalspieler mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Thomas Hitzlsperger, heute Vorstandschef des VfB Stuttgart, erhielt diese Ehrung aufgrund seiner Arbeit gegen Sexismus und Homophobie (MANNSCHAFT berichtete).
Hitzlsperger habe mit seinem Coming-out ein Tabu gebrochen und kämpfe seit vielen Jahren gegen Homophobie, Sexismus und Rassismus in den Stadien und Vereinen, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Verleihung am vergangenen Donnerstag in Berlin. Hitzlsperger sagte nach der Verleihung gemäss SWR.de, dass er die Auszeichnung als Bestätigung sehe für das, was er getan habe.
Schwuler Fussball-Profi berichtet von Angst vorm Coming-out
Bosz hofft auf Coming-out Hitzlspergers aufgestiegener VfB tritt am heutigen Samstag zuhause gegen Leverkusen an. Bayer-Trainer Peter Bosz wurde vor dem Duell an der gestrigen Pressekonferenz auch auf Hitzlspergers Ehrung angesprochen. «Wann ist der Fussball so weit, dass er mit dem Thema Homosexualität normal umgehen kann?»
«Das wird erst der Fall sein, wenn es Spieler gibt, die sich outen, wenn sie noch aktiv sind», antwortete Leverkusens Coach. Hitzlsperger hätte sein Coming-out erst nach seiner Karriere als Spieler – und gerade das ist für Bosz entscheidend. «Hitzlspergers Mut alleine wird nicht ausreichen, um Normalität bei diesem Thema einkehren zu lassen. Ich glaube, das muss ein aktiver Spieler sein.» Wann das endlich in der Bundesliga der Fall sein wird, wisse er nicht.
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