Autorin und «Ikone der Schwulenbewegung»: Peggy Parnass verstorben
Peggy Parnass galt als streitbare Publizistin. Ihre Gerichtsreportagen wurden zu Abbildern der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Jetzt ist die NS-Zeitzeugin mit 97 Jahren in Hamburg gestorben.
Die Autorin, Kolumnistin, Schauspielerin und NS-Zeitzeugin Peggy Parnass ist tot. Sie sei am Morgen im Alter von 97 Jahren im Kreise von Freund*innen und Familie in ihrer Wahlheimat Hamburg gestorben, teilte ein Sprecher der Familie der Deutschen Presse-Agentur mit.
Mit Peggy Parnass ist eine grosse Feministin und Humanistin gestorben. Über einhundert ihrer Angehörigen wurden von den Nazis ermordet – sie überlebte im Rahmen eines Kindertransports nach Stockholm.
Die Linke.queer würdigte Peggy Parnass als «Ikone der Schwulenbewegung» – angesichts ihres Einsatzes in den Zeiten der Kriminalisierung und Verfolgung. Und weiter: «Ihre Auseinandersetzung mit dem Faschismus, ihre empathischen Gerichtsreportagen, ihr lebenslanger Einsatz für Minderheiten und für Emanzipation sind bewundernswert.» Sie habe mit ihrer Arbeit Massstäbe gesetzt, «an denen wir uns orientieren und die uns Vorbild sind».
Parnass hatte sich vor allem mit ihren Gerichtsreportagen einen Namen gemacht, die zwischen 1970 und 1978 in der Zeitschrift Konkret erschienen und für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Ausserdem galt sie als Kämpferin gegen Ungerechtigkeit, Intoleranz und das Vergessen, die sich bis zuletzt politisch engagierte, weil «es der Selbstrespekt verlangt, den Versuch zu machen, etwas zu bewegen.»
Ihr Vater, ein Jude polnischer Herkunft und ihre Mutter, eine Halbportugiesin, wurden von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Treblinka ermordet. 1939 wurde Parnass als Kind mit ihrem vierjährigen Bruder mit einem Kindertransport nach Stockholm gebracht, wo sie in verschiedenen Pflegefamilien lebte. Nach einem Studium in Stockholm, London und Paris kehrte sie in ihre Geburtsstadt zurück, wo sie als Sprachlehrerin, Filmkritikerin, Autorin und Schauspielerin arbeitete.
Ihr Buch «Prozesse 1970-1978», eine Sammlung ihrer Gerichtsreportagen, fand große Beachtung, ebenso ihr Buch «Unter die Haut» (1983) und ihre autobiografisch durchsetzte Anthologie «Süchtig nach Leben» (1990). Daneben engagierte sie sich politisch gegen staatliche Willkür oder Heuchelei jeder Art und für die Schwachen in der Gesellschaft. «Die Welt war für mich in Ordnung, wenn viele Menschen für die gleiche Sache auf die Strasse gegangen sind oder ich die Zustimmung eines vollen Theatersaals bei meinen Lesungen hatte», sagte sie einmal.
Als Publizistin und engagierte Bürgerrechtlerin erhielt Peggy Parnass zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Joseph-Drexel-Preis für hervorragende Leistungen im Journalismus, die Biermann-Ratjen-Medaille der Stadt Hamburg und das Bundesverdienstkreuz. Nach einem Sturz im Herbst 2019 lebte sie in einem Seniorenstift im Hamburger Stadtteil St. Georg.
«Eine Frau, die sich zeitlebens mutig und unbeirrt für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt und gegen jede Form von Faschismus und Unterdrückung gekämpft hat, trotz jahrzehntelanger Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen.»
2021 wurde Parnass vom deutschen PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied ernannt. «Der PEN ehrt damit eine Frau, die sich zeitlebens mutig und unbeirrt für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt und gegen jede Form von Faschismus und Unterdrückung gekämpft hat, trotz nunmehr jahrzehntelanger, oft offen antisemitischer Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen», hiess es.
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